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Verkehr vermeiden für bessere Luft

An stark befahrenen Straßen würden die Grenzwerte für Stickstoffdioxid immer noch häufig überschreiten, sagt Marion Wichmann-Fiebig, Abteilungsleiterin für Luftqualität beim Umweltbundesamt. Um die Feinstaubbelastung zu senken, müssten die Umweltzonen ausgeweitet und strenger gehandhabt werden.

Marion Wichmann-Fiebig im Gespräch mit Georg Ehring | 03.02.2011
    Georg Ehring: Die Luft ist sauberer als früher, aber noch lange nicht rein. Noch immer belasten menschengemachte Schadstoffe unsere Atemluft, und die Folgen sind gewaltig. Feinstaub und andere Stoffe sorgen nach Angaben von Experten für Tausende von Todesfällen jährlich. Das Umweltbundesamt überwacht die Luftqualität im Land und es hat jetzt Zahlen hierzu veröffentlicht. Marion Wichmann-Fiebig kümmert sich beim Umweltbundesamt um das Thema und sie begrüße ich jetzt am Telefon. Guten Tag, Frau Wichmann-Fiebig.

    Marion Wichmann-Fiebig: Schönen guten Tag, Herr Ehring.

    Ehring: Frau Wichmann-Fiebig, seit Anfang des Jahres gibt es strengere Grenzwerte für Stickstoffdioxid. Werden die denn eingehalten?

    Wichmann-Fiebig: Leider nicht. Wir haben an den Messstationen in Deutschland an circa 50 Prozent der Stationen Überschreitungen dieses Grenzwertes. Übrigens das sind Stationen der Bundesländer, das möchte ich hier noch anmelden. Bei uns im Bundesumweltamt laufen die Informationen lediglich zusammen und wir werten sie aus.

    Ehring: Welche Gefahren gehen denn von diesem Stoff aus?

    Wichmann-Fiebig: Stickstoffdioxid ist gefährlich für den Atemtrakt. Er kann zu Atembeschwerden führen, besonders eben auch bei Asthmatikern, belastet aber auch das Herzkreislaufsystem, also in erster Linie wie gesagt für besonders gefährdete Bevölkerungsgruppen im Hinblick auf Atemwegserkrankungen belastend.

    Ehring: Wie kann man den Eintrag reduzieren und gibt es da schon Erfolge?

    Wichmann-Fiebig: Der Hauptverursacher gerade beim Stickstoffdioxid ist der Straßenverkehr. Wir haben vor allen Dingen an stark befahrenen Straßen diese hohen Konzentrationen, die den Grenzwert überschreiten. Das heißt, wir müssen an diesen Verursacher auch heran. Es gibt grundsätzlich zwei Möglichkeiten: entweder wir reduzieren das Verkehrsaufkommen, wir reduzieren die Anzahl der Fahrzeuge, die durch unsere Städte fahren, oder wir finden technische Lösungen, die Emissionen des einzelnen Fahrzeugs zu vermindern. Diese technischen Lösungen sind auf dem Weg, sie werden in den nächsten Jahren für alle Neuwagen verpflichtend eingeführt. Aber solange diese Fahrzeuge, die den Euro-VI-Standard erfüllen, noch nicht auf dem Markt sind und noch nicht weit verbreitet sind, gibt es eigentlich nur den anderen Weg, nämlich Verkehr vermeiden.

    Ehring: Bleiben wir noch mal bei den technischen Lösungen. Was muss man sich darunter vorstellen, noch ein weiterer Katalysator?

    Wichmann-Fiebig: Ja. Die Chemiefabrik unterm Auto, die wird noch ein bisschen verstärkt und führt eben dann dazu, dass die Stickoxide zurückgehalten werden.

    Ehring: Ein weiteres Thema für Sie ist ja immer der Feinstaub, der mit Umweltzonen bekämpft wird. Wie haben die sich denn bewährt?

    Wichmann-Fiebig: Das ist ein bisschen schwer zu sagen, wie die sich bewährt haben. Wir sehen zwar in Städten, die von Anfang an strikt Umweltzonen eingeführt haben – nehmen wir mal Berlin -, Erfolge. Wir sehen, dass insbesondere Fahrzeuge, die eine hohe Feinstaubemission haben, deutlich weniger die Innenstädte befahren, also die Flottenerneuerung hat dort stattgefunden, und damit haben wir eine Feinstaubreduzierung in der Größenordnung von fünf bis zehn Prozent. Das ist nun wieder schwer zu sagen, denn das hängt eben auch davon ab, wie die Witterungsverhältnisse sind und wie sich andere Quellen auswirken. Aber wie gesagt, dort sehen wir schon in Städten, die ein bisschen zögerlich das ganze angegangen sind, die zunächst mal nur Fahrzeugen mit einer roten Plakette die Einfahrt verwehrt haben, entsprechend geringere Effekte, und entscheidend ist auch die Größe der Umweltzone. Wenn ich da nur drei Straßen in der Innenstadt nehme, wirkt sich das naturgemäß weniger aus als in Berlin, wo das circa 20 Kilometer Durchmesser sind.

    Ehring: Was ist dann die Lösung, Umweltzonen ausweiten und strenger machen?

    Wichmann-Fiebig: Das wäre dringend erforderlich, aber dann auch schnell, denn durch die Flottenerneuerung, durch die neuen Fahrzeuge, die auf den Markt kommen, werden wir dort eine wesentliche Verbesserung auch spüren. Nur Sie sagten es: Die menschliche Gesundheit ist gefährdet. Nach unserer Ansicht muss schnell etwas getan werden und nicht auf diese Flottenumstellung gewartet werden, und da kann man wirklich nur sagen, die Altfahrzeuge, die noch keine grüne Plakette haben, die gehören raus.

    Ausnahmeregelungen sollten sich sehr stark in Grenzen halten und dann werden wir auch sehen, dass dies wirkt. Man muss allerdings sagen, beim Feinstaub ist es nicht nur der Verkehr. Das unterscheidet sich ein bisschen vom NO2. Es gibt auch die sogenannte Feinstaubhintergrundbelastung, daran hat die Landwirtschaft einen durchaus erkläglichen Anteil, und auch die Holzverbrennung in Einzelöfen, die ja jetzt eigentlich wieder an Bedeutung gewinnt und ja auch vor dem Hintergrund des Klimaschutzes gefördert wird und befördert wird, die trägt auf der anderen Seite zur Feinstaubbelastung bei, wenn es sich dort nicht um eine moderne Anlage mit einer entsprechenden Abgasfilterung handelt.

    Ehring: Herzlichen Dank! – Das war Marion Wichmann-Fiebig, Abteilungsleiterin für Luftqualität beim Umweltbundesamt. Wir sprachen darüber, wie sauber unsere Atemluft ist.