Demnach muss der Bund den einst als Betreibern beauftragten Unternehmen 243 Millionen Euro zahlen. Wissing sprach von einer "bitteren Summe" und betonte, die Maut sei ein "schwerer Fehler" der früheren Großen Koalition gewesen. Die einst von der CSU vorangetriebene Autobahngebühr sollte 2016 eingeführt werden. Der Europäische Gerichtshof kippte das Vorhaben, weil nicht-deutsche Fahrzeughalter benachteiligt würden. Scheuer geriet in die Kritik, weil er die Verträge mit den Betreibern vor dem EuGH-Urteil unterschrieben hatte.
Können (Ex-)Minister haftbar gemacht werden?
Bereits 2010 fragte die Grünen-Abgeordnete Bärbel Höhn schriftlich den Bundestag: Können Mitglieder der Bundesregierung auf Schadenersatz in Regress genommen werden? Höhn bezog ihre Anfrage konkret auf den Abschluss öffentlich-rechtlicher Verträge im Namen der Bundesrepublik und mögliche Grenzen einer Vertretungsvollmacht. Die Antwort damals lautete: "Das Bundesministergesetz enthält keine haftungsrechtliche Regelungen für Mitglieder der Bundesregierung."
Das Bürgerliche Gesetzbuch legt in Paragraf 839 zwar fest, dass ein Beamter, der mit Vorsatz oder zumindest fahrlässig seine Amtspflicht gegenüber Dritten verletzt, ihnen den entstehenden Schaden ersetzen muss. Dieser Paragraf muss nach Angaben der Wissenschaftlichen Dienste des Bundestags aber im Zusammenhang mit Grundgesetz-Artikel 34 gesehen werden. Demnach geht die Haftung auf den Staat über. Der hat dann die Möglichkeit, in Fällen von Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit Regress bei seinem Beamten zu nehmen.
Diese Möglichkeit des Staats bedürfe jedoch eines entsprechenden Gesetzes oder einer vertraglichen Grundlage, schrieb der Wissenschaftliche Dienst. Das Bundesministergesetz sehe eine solche Rückgriffsmöglichkeit nicht vor. Für die strafrechtliche Verantwortung von Amtsträgern würden dagegen andere Regeln gelten - doch dabei gehe es um Delikte wie Bestechlichkeit oder Nötigung.
Wie sieht Scheuer selbst seine Verantwortung?
Die CSU-Spitze hat sich bisher trotz Anfragen nicht zu dem finanziellen Schaden für die Steuerzahler geäußert. Scheuer selbst sagte am Freitag den Zeitungen der Mediengruppe Bayern: "Ich kann den Unmut gut verstehen. Die Kritik nehme ich mir sehr zu Herzen." Über das gescheiterte Projekt ärgere er sich wohl selbst am allermeisten. Scheuer betonte aber auch, dass die Pkw-Maut "weder ein alleiniges CSU- noch ein Scheuer-Projekt" gewesen sei. "Bundesregierung, Bundestag, Bundesrat und Bundespräsidenten haben die Gesetze vor meiner Zeit als Bundesminister verabschiedet." Seine Pflicht sei es gewesen, das Gesetz umzusetzen.
(Die juristische Bewertung wurde unter Verwendung von Material der Nachrichtenagentur DPA erstellt.)
Diese Nachricht wurde am 07.07.2023 im Programm Deutschlandfunk gesendet.