Jeder zweite Fahrradunfall mit einem Lastwagen passiert, nachdem ein LKW rechts abgebogen ist. Das zeigt eine Studie der Unfallforschung der Versicherer UdV. Der tote Winkel kann oft zur Falle werden. Mehr als 3.000 Radler haben sich im Jahr 2016 bei Zusammenstößen mit einem Lastwagen verletzt - 77 von ihnen haben einen solchen Unfall nicht überlebt. In Köln war Anfang der Woche ein siebenjähriger Schüler ums Leben gekommen, als er auf seinem Fahrrad von einem abbiegenden Müllwagen erfasst wurde.
Der Vorsitzende des Verkehrsausschusses im Bundestag, Grünen-Politiker Cem Özdemir, sagte der "Passauer Neuen Presse", die Bundesregierung müsse alles tun, um das Leben der Radfahrer besser zu schützen. Oliver Krischer, stellvertretender Vorsitzender der Grünen-Bundestagsfraktion machte im ARD/ZDF-Morgenmagazin einen konkreten Vorschlag: "Der Unfall wäre, so wie ich das verfolgt habe, vermeidbar gewesen, wenn der LKW einen Abbiegeassistenten gehabt hätte und das ist eigentlich ein Argument, dass man das endlich einführt."
Erst Alarmsignal, dann Notbremsung
Die automatische Abbiege-Assistenztechnik: das sind Sensoren, die die Umgebung des Fahrzeugs erfassen. Übersieht der Lasterfahrer einen Radfahrer, warnt ihn das Computersystem mit einem Alarmsignal oder leitet eine Notbremsung ein.
Der Allgemeine Deutsche Fahrradclub ADFC hält die Technik für vielversprechend. Kritiker sagen, die Computersysteme seien noch nicht ausgereift. Und es wurden noch andere Bedenken formuliert, wie Oliver Krischer von den Grünen erläuterte: "Ja, die Ausrede ist ein Verweis auf Europa. Der ehemalige Verkehrsminister Dobrindt hat immer auf die Europäische Union verwiesen. Das muss europarechtlich geregelt werden. Wir können das nicht alleine machen. Ich finde das langsam als Begründung nicht mehr tragfähig. Wir diskutieren das seit Jahren, auf europäischer Ebene kommt es nicht zu einer Lösung."
Arbeiten an der europäischen Lösung
Das sieht Kirsten Lühmann, verkehrspolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion nicht so. Sie erklärte gegenüber dem Deutschlandfunk-Hauptstadtstudio, dass an einer europäischen Lösung gerade gearbeitet werde: "Ab einem gewissen Übergangszeitraum, ab 2022/2025, dass alle neuzugelassenen LKW ab 7,5 Tonnen einen Abbiegeassistenten drin haben müssen. Es ist noch nicht geklärt, ob LKW zwischen 3,5 bis 7,5 Tonnen mit drin sind und es wird keine Nachrüstpflicht vorgesehen, weil es eben noch keine Technik gibt, dass jeder LKW einen entsprechenden Assistenten einbauen könnte."
Union und SPD haben sich auch in ihrem Koalitionsvertrag für verpflichtende Assistenztechnik ausgesprochen: In einem Beschluss der Verkehrsministerkonferenz auf Initiative von Sachsen-Anhalt ist die Bundesregierung ebenso aufgefordert worden, den Einbau solcher Systeme für neu zugelassene Lastwagen verbindlich festzuschreiben.
Finanzielle Förderung der Regierung
Grünen-Verkehrsexperte Oliver Krischer regte im ARDZDF-Morgenmagazin an, dass Städte wie etwa Köln - als Reaktion auf den Unfall in dieser Woche - ihre eigenen Lastwagen- und Busflotten mit der Abbiege-Assistenztechnik ausstatten. Kirsten Lühmann, SPD, verwies auf mögliche Hilfen: "Wir haben eine Förderung mit dem sogenannten De-minimis-Programm, das heißt, wer das heute machen will, seinen Lkw nachrüsten, der kriegt auch von der Regierung finanzielle Förderung."