Kurz vor Ablauf des vergangenen Jahres hatte die Deutsche Post AG eine handfeste Überraschung parat. Eigentlich wollte das Bonner Unternehmen das Porto für die Auslieferung einer Tageszeitung 2019 um 2,8 Prozent erhöhen, ganz unabhängig davon, wie viel die Zeitung wiegt.
Dann aber kam es ganz anders. Es gab keinen moderaten Preisanstieg. Stattdessen wurde über Nacht das Vergütungsmodell geändert. Die Folge: Für Zeitungen mit einem geringen Gewicht steigen die Kosten mit einem Mal überproportional, erklärt Jürgen Baldewein, Geschäftsführer für Logistik bei der "Süddeutschen Zeitung".
"Die Einführung des Sockelbetrages bis 100 Gramm trifft vor allen Dingen Verlage mit leichten Titeln. Und dort sind dann die Steigerungen teilweise bis zu 40 Prozent. Und erst dann schmilzt diese Erhöhung ab. Aber selbst im Bereich zwischen 100 und 200 Gramm liegt man immer noch bei einer Erhöhung von zehn bis 15 Prozent. Und das hat uns tatsächlich überrascht."
Kritik an Deutscher Post
Ebenso überrascht hat die Verlage aber auch das Vorgehen der Deutschen Post. Seit Jahren ist es Usus, dass Verleger und Post an einem Tisch anstehende Preiserhöhungen aushandeln, bei denen es dann auch bleibt. Ihr Umschwenken begründet die Post mit einer verschärften Kostensituation.
Christian Eggert, Leiter Verlagswirtschaft beim Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger, BDZV, zeigt sich dennoch verärgert, "weil wir in den Gesprächen der letzten Jahre insbesondere auf solche Entwicklungen immer besonders geachtet haben, dass alle Verlage gleichmäßig von der Preisentwicklung der Post betroffen sind, um Härten einfach zu vermeiden. Und was uns enttäuscht, ist, dass wir diesmal die Gelegenheit nicht hatten, diese Bedenken anzuführen und insofern Einfluss auf die Preisentwicklung zu nehmen."
Post-Zustellung nur als Ausnahme
Gerade mal fünf Prozent der Zeitungsexemplare kommen mit der Post. Denn grundsätzlich bemüht sich jedes Zeitungshaus, seine Produkte über die eigenen Zustellorganisationen zum Leser zu bringen. Allein deshalb, weil die Zeitung bis früh um sechs beim Kunden sein soll, die Post aber oft erst mittags oder nachmittags ihre Sendungen zustellt.
"Die Zustellung über die Deutsche Post wird genutzt in Regionen, wo man keine eigene Zustellung hat. Oder aber von Verlagen, die zum Beispiel eine relativ kleine Auflage haben, nur einen Druckstandort, aber das ganze Bundesgebiet erreichen müssen. Für die ist es wirtschaftlich nicht zumutbar, die Zustellung über die Regionalverlage zu organisieren, weil sie ja ihre Zeitungen zu diesen Regionalverlagen auf eigene Kosten auch erst mal hinfahren müssten. Insofern ist die Post für die der bessere Anbieter", sagt Christian Eggert.
Steigende Vertriebskosten
Hört man sich in der Branche um, wird immer wieder wird beteuert, die Bedrohung durch die aktuelle Portoerhöhung sei gar nicht so groß. Lediglich die "Junge Welt" hat öffentlich Alarm geschlagen und Mehrkosten in Höhe von 90.000 Euro pro Jahr beklagt. Bei den betroffenen Regionalblättern, wie etwa der "Nordsee-Zeitung", hält man sich dagegen lieber bedeckt. Interviews sind nicht zu bekommen.
Dabei sind Portoerhöhungen durch die Post nur ein Punkt in den stetig steigenden Vertriebskosten. Seit 2015 etwa sind die Verlage verpflichtet, schrittweise für ihre Zusteller den Mindestlohn einzuführen. Um 300 Millionen Euro im Jahr habe sich der Vertrieb seitdem verteuert, sagt Jürgen Baldewein von der Süddeutschen Zeitung.
Ein Grund dafür sei, "dass wir unser Vergütungsmodell auf Stückbasis komplett umstellen mussten auf eine Stundenvergütung. Das hat zur Folge gehabt, dass wir diese gesamten Abrechnungsmodalitäten verändern mussten und hat einen enormen Verwaltungsaufwand bei uns Verlagen hervorgerufen."
Zeitungszusteller als Paketboten
Strategien, den Zeitungsvertrieb rentabler zu machen, gibt es schon seit Jahren. Längst lassen viele Verlage ihre Zusteller auch Briefe, Prospekte und Anzeigenblätter mit austragen. Mit der Umstellung auf rein digitale Ausgaben dürfte sich die Krise allerdings weiter verschärfen. Zumindest, solange es Zeitungsleser gibt, die ein Papierexemplar auf dem Frühstückstisch haben wollen.
"Selbst dann, wenn sagen wir mal auf einem Zustellweg von anderthalb Kilometern die Hälfte der Abonennten entfällt, weil sie sich ihre Zeitung elektronisch zustellen lassen, müsste der Zusteller ja trotzdem denselben Weg gehen, um die verbleibenden Exemplare zuzustellen. Dadurch würde keine Kostenersparnis entstehen. Denn der größte Teil der Zustellkosten, fast 80 Prozent, sind Wegekosten", meint Christian Eggert vom Zeitungsverlegerverband BDZV.
In diesem Jahr wollen die Verleger die Deutsche Post an den Verhandlungstisch zurückholen, damit Portoerhöhungen künftig wieder moderater ausfallen als zuletzt. Aber auch von der Politik fordern die Verleger mehr Unterstützung. Etwa, indem sie bei den Sozialabgaben für ihre Zeitungszusteller entlastet werden.