Wie lange seid ihr hier und seit wann?
"Sie kommen hier morgens hin und gehen abends, und das seit 2010, sie kommen aus Bulawayo in Zimbabwe."
Am Rande einer vierspurigen Straße irgendwo vor den Toren Sowetos, südwestlich von Johannesburg. In der gleißenden Sonne dieses Frühsommertages Mitte November trifft Godfrey Makumeni auf zwei Männer, die an einem Rinnsal abseits der Straße stehen. Godfrey ist Aktivist in Soweto und arbeitet für die Federation for Sustainable Environment, eine Nichtregierungsorganisation in Johannesburg, die sich um die zahllosen verlassenen Goldminen und die damit verbundenen Probleme kümmert.
"Er sagt, seine Familie ist in Simbabwe. Er muss also Geld verdienen dafür, dass er hier wohnt, und dann Geld versenden nach Hause, um die Familie zu ernähren und die Kinder. Sie wollen Essen, Kleider, all das."
Gold mit hochgiftigem Quecksilber versetzt
Auf dem lehmigen Boden liegt Müll. Die einzige Einkommensquelle der beiden Männer ist dieses ärmliche Rinnsal, das von irgendwo jenseits der Straße aus einer alten Abraumhalde dringt. Sie sind hierher gekommen, weil es geregnet hat und sie wissen, dass das Wasser jetzt goldhaltigen Schlamm mit sich führen könnte. Immer wieder gießen die beiden Simbabwer einen großen Eimer Wasser auf Handtücher, die auf einem primitiven Gestell liegen. So lässt sich mühsam Goldschlamm aussieben, der dreckig braun und keinesfalls golden aussieht. Sie werden ihn später an Hehler verkaufen, die ihn mit hochgiftigem Quecksilber versetzen, erhitzen und schließlich ein mageres Resultat erzielen: Im Schnitt 1,3 Gramm Gold in einer Tonne Abraumsand. Dafür müssen die beiden Simbabwer vorher viel Wasser auf ihre Matten schöpfen. Trotzdem lohnt es sich für sie, denn das Geld ist in ihrer Heimat viel wert:
"Ja, 70 Rand am Tag für jemanden, der etwa in den aufgelassenen Minen gräbt und schürft. 1.000 Rand nimmt sich der Boss, der die Gruppe kontrolliert."
Sagt Angela Kariuki. Sie ist wissenschaftliche Mitarbeiterin der South African Human Rights Commission SAHRC und arbeitet im Stadtzentrum von Johannesburg in einem schmucklosen Büro mit rauschender Klimaanlage. 70 Rand am Tag, umgerechnet 5 Euro - das liegt weit unter dem offiziellen Preis für ein Gramm Gold, der derzeit bei rund 31 Euro angesetzt wird. Doch dieser Marktpreis ist für die Illegalen, die sogenannten Zama Zamas, schlichtweg utopisch - ihr Gold gilt als gestohlen, denn sie haben keine offiziellen Schürfrechte.
Angela Kariuki:
"Wenn wir bei den Behörden, den Minenbetreibern oder bei der Kammer nachfragen, gibt es immer Probleme mit der Zusammenarbeit zwischen ihr und den Bergarbeitern. Ich denke, man ist bei den Behörden mit diesen Dingen überfordert, weil man es gerade einmal schafft, die großen Konzerne zu beaufsichtigen. Handwerklicher Bergbau wird abgelehnt, denn laut Definition handelt es sich ja um Kriminelle."
Kampf um Gold wird immer brutaler
Unfähigkeit, Überforderung, Missmanagement und natürlich Korruption verhindern eine Lösung. So wird der Kampf um das illegale Gold besonders unter Tage immer brutaler - dort nämlich ist drei- bis viermal so viel Gold zu holen wie im Schlamm der Abraumhalden. Banden haben sich gebildet, die das lohnende Geschäft für sich reklamieren. Darauf wurde die internationale Öffentlichkeit zum ersten Mal aufmerksam, als im Februar 2014 in der Gemeinde Benoni im Osten Johannesburgs eine Gruppe von Zama Zama in einer Grube eingeschlossen wurde: eine rivalisierende Gang hatte den Ausstieg aus dem Schacht blockiert.
Ein knappes Jahr später gehen die Rettungssanitäter Jacobus du Plooy und Glen Orrit noch einmal zu jener Grube, die für die Zama Zamas fast zum Grab geworden wäre. Seinerzeit war hier zufällig eine Polizeistreife unterwegs, erinnert sich Jacobus du Plooy:
"Die Polizisten trafen auf einige Leute, die am Luftschacht standen - es seien viele da unten, sagten sie. Sie waren woanders in die Grube eingestiegen und dann war der Stollen eingebrochen und sie suchten nach einem Ausweg. Aber der war ihnen versperrt worden. Am ersten Tag haben wir 45 von ihnen rausgeholt. Die Meisten kamen freiwillig, andere mussten erst überzeugt werden."
Gruben werden zum Grab
Aus Angst vor ein paar Stunden Arrest im Polizeigewahrsam. Hilfe ist deshalb oft gar nicht erwünscht - stattdessen schützen sich die Goldsucher durch bewaffnete Posten am Einstieg zu den Gruben. Sie haben den Auftrag, sofort zu schießen, wenn sich jemand nähert: Auch unter Tage sei mittlerweile eine beispiellose Brutalisierung zu beobachten, schildert der Sanitäter Glen Orritt:
"Ich war zweimal an solchen Orten im Berg, wo Goldsucher brutal ermordet worden waren. Man hatte ihnen die Hände auf dem Rücken zusammengebunden. Sie wurden erschossen und dann an einem Ort abgelegt, wo sie gefunden werden konnten. Also ganz gezielt, von Leuten, die sie kannten. Denn sie hatten eine Nachricht am Körper: Der hier aus Simbabwe, der aus Südafrika, der aus Mosambik, mit einer Telefonnummer, einem Kontakt, wer als Angehöriger anzurufen ist."
Will heißen: Die Killer kannten ihre Opfer und damit auch deren Freunde und Angehörige. Die Leichen werden oft gezielt an Punkten abgelegt, wo Rettungskräfte sie erreichen können, denn natürlich hätten auch die Mörder kein Interesse daran, dass da unten alles voller verwesender Leichen liege, so die beiden Sanitäter. Gelegentlich werden auch Schwerverletzte geborgen, so wie dieser Mann, der überlebt hat:
"Unten in der Mine wurde achtmal auf mich geschossen, eine Kugel kam hier heraus, eine andere traf hier mein Bein, sie steckt noch drin, man kann sie nicht herausholen. Es sind böse Menschen, ich weiß nicht, was ich sagen soll...sehr gefährlich."