Buchhändler waren seit dem Mittelalter meist auch Verleger. Der Tübinger Cotta-Verlag brachte viele Schriften der dortigen Universität aber auch des Stuttgarter Hofes heraus. Ob Autoren ein Honorar bekamen, oder ob die Bücher als Nachdrucke - heute würde man Raubdruck sagen – irgendwo anders nachgedruckt wurden, war ungewiss. Es gab kaum feste Regeln. Unter diesen Voraussetzungen war es nicht einfach den kleinen Verlag zu übernehmen. Der Direktor des Gutenberg Institutes für Buchwissenschaft in Mainz, Prof. Stephan Füssel:
"Johann Friedrich Cotta war im Unterschied zu seinen drei Vorgängern ein Seiteneinsteiger. Er war zunächst nicht vorgesehen für den Verlag und er hat eine Ausbildung als Jurist und Mathematiker. Und er ist mit einer klaren Analyse in dieses Programm hinein gegangen. Er hat 1787, als er 15.000 Gulden bezahlen musste für den Handel seines Vaters, überlegt wo kann ich mir Informationen, wo kann ich mir Ideen holen."
Und die fand der Tübinger Jungunternehmer bei den Buchhändlern des führenden Buchmesseplatzes Leipzig:
"Das Zentrum des Buchhandels im 18. Jahrhundert war Leipzig. Und die Leipziger Buchhändler hatten eine ganze Reihe von wichtigen Themen vorgegeben: Das Erste war gegen den Nachdruck vorzugehen, also eine Struktur zu schaffen, dass der Buchhandel tatsächlich von den Früchten seiner Arbeit selbst leben konnte."
In Württemberg ermunterte sogar die Regierung die Verleger zum Raubdrucken, während man in Norddeutschland bereits dagegen war.
"Das Zweite mit Autoren in ein anderes Verhältnis zu kommen, Schriftsteller ernst zu nehmen und ihnen auch ein vernünftiges Honorar auszuzahlen. Das Dritte war eine Struktur, eine Handelsstruktur zu schaffen, die Gelder vermeiden konnte, die durch Transportwege und anderes geschehen sind."
Die fast 1800 Länder im Reich mit ihren Grenzen verlangsamten nicht nur die Transporte, sondern verlangten auch Zölle, sodass der "Schwäbische Courier", in Hamburg nicht mehr sechs, sondern über 13 Gulden kostete. Wechselkurs-Schwankungen brachten Autoren und Verleger um einen Teil ihrer Einnahmen. Obendrein war in den deutschen Kleinstaaten die Zensur mal mehr, mal weniger streng. Um so erstaunlicher ist, dass Cotta als Verleger so erfolgreich war. Aber er tat noch viel mehr, skizziert Dr. Helmuth Mojem, Leiter des Cotta-Archivs im Deutschen Literaturarchiv in Marbach:
"Daneben, neben dieser verlegerischen Tätigkeit, hat er sich auf allen möglichen anderen Feldern bewährt, als Politiker, als Technikpionier: Er hat verschiedene Unternehmungen in diesem Bereich angestoßen und selbst geleitet. Unter anderem ist er maßgebend für die Einführung der Dampfschifffahrt auf dem Bodensee und auf dem Oberrhein; er hat mehrere Landgüter besessen, die er nach damals sehr modernen Gesichtspunkten bewirtschaftet hat; er hatte ein Hotel in Baden-Baden. Also ein Unternehmer, der auf vielen Feldern geackert hat. Wenn es wahr ist, was berichtet wird, ist er jeden Morgen um 4 Uhr aufgestanden und und hat unmittelbar mit der Arbeit begonnen bis abends um 9 Uhr. Und diese Lebensleistung lässt sich vermutlich auch nur so erklären."
Ein 15-Stundentag, der ihn jedoch nicht hinderte, freundlich und verbindlich zu agieren:
"Es wird oft an ihm gerühmt seine Liebenswürdigkeit, sein vermittelnder Charme, mit dem er seine Ziele vielleicht sogar noch besser erreicht hat, als durch rücksichtsloses Durchsetzungsvermögen, das ihm sicherlich auch eigen war."
Johann Friedrich Cotta arbeitete, im Gegensatz zu anderen süddeutschen Verlegern, mit den Leipzigern zusammen, verfolgte ähnliche Ziele, verstand aber auch den Umbruch im Buchhandel zu nutzen. Er verwendete neueste Technik, wie Dampfmaschine, Lithografie und Schnellpresse und zog mit dem Verlag nach Stuttgart. Auch erkannte er, was die Aufklärung - das große Thema der Zeit - für die Verlage bedeutete. Stephan Füssel:
"Dass jetzt nicht mehr lateinische Unterrichtstexte, sondern deutschsprachige Texte, dass die Lesefähigkeit zugenommen hat, dass man auf diese Art und Weise auch ein Zielpublikum, nämlich zum Beispiel das der Frauen oder der Studenten völlig neu in ein Verlagsprogramm aufnehmen kann. Er hatte zum Beispiel als Erster eine Frauenzimmerzeitschrift aufgenommen; er hat Übersetzungen aus dem Englischen, Französischen, Italienischen anstellen lassen und hat die in Deutschland zum ersten Mal verbreitet und ist damit als ein Verlag für Erzählungen aufgetreten. Und - man könnte es modern sagen – er hat ein Sachbuchprogramm entwickelt: Er hat also genauso Ratgeber zum Beispiel zur Pferdezucht aufgenommen, wie zur Schachliteratur, oder wie man ein Hotel baut."
Dass er die Autoren gut behandelte, kann man heute noch im Cotta-Archiv nachlesen:
"Wenn wir gerade das Cotta-Archiv, so wie es hier liegt, mit den 150.000 Briefen ansehen, dann spiegeln sich in diesen Korrespondenzen eben der Umgang mit den Autoren, die Wertschätzung der Autoren, die Finanzierung der Autoren, dass er Autoren beteiligt zum Beispiel an den Entscheidungen, in welcher Typografie etwas gesetzt wird, mit welchem hohem Maß an sehr guter Abbildungsqualität, als Kupferstich oder dann eben auch als Lithografie, die er als erster Verleger tatsächlich erkannt und umgesetzt hat, ob es sich um Landkartendruck handelt oder Illustrationen in wissenschaftlichen Werken."
So gewann er viele führende Autoren: Schiller, Goethe, Herder, Fichte, Hölderlin, Kleist, Jean Paul, Hegel, Schelling und Alexander von Humboldt. Seine politischen Aktivitäten, etwa im Landtag und beim Wiener Kongress, dienten jedoch in erster Linie nicht dem Verlag, berichtet Dr. Bernhard Fischer, Direktor des Goethe- und Schillerarchivs in Weimar und früherer Leiter des Cotta-Archives in Marbach:
"Das, was ihn wirklich an der Politik sehr interessierte, das war natürlich das Schicksal seines Landes und das bedeutet im Wesentlichen eine Modernisierung der Administration, also der Verwaltung, aber vor allen Dingen ein neues staatsrechtliches Verhältnis, nicht mehr dieser alte altrechtliche Staat mit Ständen und einem Ausschusswesen, mit Nepotismus und allem Drum und Dran, sondern ein moderner Verfassungsstaat mit dem König an der Spitze, also sprich eine konstitutionelle Monarchie mit einem Zweikammer-Parlament."
Von den rund 40 Zeitungen und Zeitschriften sind besonders die "Allgemeine Zeitung" und "Das Morgenblatt für die gebildeten Stände" bekannt.
"Ja, die Zeitungen, die waren die großen Foren, in denen diese Fragen besprochen wurden, das Pro und das Kontra natürlich ganz sachlich. Aber die ganzen positiven Entwicklungen wurden da natürlich dokumentiert und in ihren fruchtbaren Folgen dargestellt. Das war klar, das ist seine Pressemacht, seine Presse eben als Forum zu benutzen und als Organ, als Sprachrohr, um bestimmte Ideen in die Öffentlichkeit zu bringen und in der Öffentlichkeit durchzusetzen und damit möglichst auch die Politiker, die Regierung zu beeindrucken, zu beeinflussen und zu einem solchen Handeln zu bringen."
"Johann Friedrich Cotta war im Unterschied zu seinen drei Vorgängern ein Seiteneinsteiger. Er war zunächst nicht vorgesehen für den Verlag und er hat eine Ausbildung als Jurist und Mathematiker. Und er ist mit einer klaren Analyse in dieses Programm hinein gegangen. Er hat 1787, als er 15.000 Gulden bezahlen musste für den Handel seines Vaters, überlegt wo kann ich mir Informationen, wo kann ich mir Ideen holen."
Und die fand der Tübinger Jungunternehmer bei den Buchhändlern des führenden Buchmesseplatzes Leipzig:
"Das Zentrum des Buchhandels im 18. Jahrhundert war Leipzig. Und die Leipziger Buchhändler hatten eine ganze Reihe von wichtigen Themen vorgegeben: Das Erste war gegen den Nachdruck vorzugehen, also eine Struktur zu schaffen, dass der Buchhandel tatsächlich von den Früchten seiner Arbeit selbst leben konnte."
In Württemberg ermunterte sogar die Regierung die Verleger zum Raubdrucken, während man in Norddeutschland bereits dagegen war.
"Das Zweite mit Autoren in ein anderes Verhältnis zu kommen, Schriftsteller ernst zu nehmen und ihnen auch ein vernünftiges Honorar auszuzahlen. Das Dritte war eine Struktur, eine Handelsstruktur zu schaffen, die Gelder vermeiden konnte, die durch Transportwege und anderes geschehen sind."
Die fast 1800 Länder im Reich mit ihren Grenzen verlangsamten nicht nur die Transporte, sondern verlangten auch Zölle, sodass der "Schwäbische Courier", in Hamburg nicht mehr sechs, sondern über 13 Gulden kostete. Wechselkurs-Schwankungen brachten Autoren und Verleger um einen Teil ihrer Einnahmen. Obendrein war in den deutschen Kleinstaaten die Zensur mal mehr, mal weniger streng. Um so erstaunlicher ist, dass Cotta als Verleger so erfolgreich war. Aber er tat noch viel mehr, skizziert Dr. Helmuth Mojem, Leiter des Cotta-Archivs im Deutschen Literaturarchiv in Marbach:
"Daneben, neben dieser verlegerischen Tätigkeit, hat er sich auf allen möglichen anderen Feldern bewährt, als Politiker, als Technikpionier: Er hat verschiedene Unternehmungen in diesem Bereich angestoßen und selbst geleitet. Unter anderem ist er maßgebend für die Einführung der Dampfschifffahrt auf dem Bodensee und auf dem Oberrhein; er hat mehrere Landgüter besessen, die er nach damals sehr modernen Gesichtspunkten bewirtschaftet hat; er hatte ein Hotel in Baden-Baden. Also ein Unternehmer, der auf vielen Feldern geackert hat. Wenn es wahr ist, was berichtet wird, ist er jeden Morgen um 4 Uhr aufgestanden und und hat unmittelbar mit der Arbeit begonnen bis abends um 9 Uhr. Und diese Lebensleistung lässt sich vermutlich auch nur so erklären."
Ein 15-Stundentag, der ihn jedoch nicht hinderte, freundlich und verbindlich zu agieren:
"Es wird oft an ihm gerühmt seine Liebenswürdigkeit, sein vermittelnder Charme, mit dem er seine Ziele vielleicht sogar noch besser erreicht hat, als durch rücksichtsloses Durchsetzungsvermögen, das ihm sicherlich auch eigen war."
Johann Friedrich Cotta arbeitete, im Gegensatz zu anderen süddeutschen Verlegern, mit den Leipzigern zusammen, verfolgte ähnliche Ziele, verstand aber auch den Umbruch im Buchhandel zu nutzen. Er verwendete neueste Technik, wie Dampfmaschine, Lithografie und Schnellpresse und zog mit dem Verlag nach Stuttgart. Auch erkannte er, was die Aufklärung - das große Thema der Zeit - für die Verlage bedeutete. Stephan Füssel:
"Dass jetzt nicht mehr lateinische Unterrichtstexte, sondern deutschsprachige Texte, dass die Lesefähigkeit zugenommen hat, dass man auf diese Art und Weise auch ein Zielpublikum, nämlich zum Beispiel das der Frauen oder der Studenten völlig neu in ein Verlagsprogramm aufnehmen kann. Er hatte zum Beispiel als Erster eine Frauenzimmerzeitschrift aufgenommen; er hat Übersetzungen aus dem Englischen, Französischen, Italienischen anstellen lassen und hat die in Deutschland zum ersten Mal verbreitet und ist damit als ein Verlag für Erzählungen aufgetreten. Und - man könnte es modern sagen – er hat ein Sachbuchprogramm entwickelt: Er hat also genauso Ratgeber zum Beispiel zur Pferdezucht aufgenommen, wie zur Schachliteratur, oder wie man ein Hotel baut."
Dass er die Autoren gut behandelte, kann man heute noch im Cotta-Archiv nachlesen:
"Wenn wir gerade das Cotta-Archiv, so wie es hier liegt, mit den 150.000 Briefen ansehen, dann spiegeln sich in diesen Korrespondenzen eben der Umgang mit den Autoren, die Wertschätzung der Autoren, die Finanzierung der Autoren, dass er Autoren beteiligt zum Beispiel an den Entscheidungen, in welcher Typografie etwas gesetzt wird, mit welchem hohem Maß an sehr guter Abbildungsqualität, als Kupferstich oder dann eben auch als Lithografie, die er als erster Verleger tatsächlich erkannt und umgesetzt hat, ob es sich um Landkartendruck handelt oder Illustrationen in wissenschaftlichen Werken."
So gewann er viele führende Autoren: Schiller, Goethe, Herder, Fichte, Hölderlin, Kleist, Jean Paul, Hegel, Schelling und Alexander von Humboldt. Seine politischen Aktivitäten, etwa im Landtag und beim Wiener Kongress, dienten jedoch in erster Linie nicht dem Verlag, berichtet Dr. Bernhard Fischer, Direktor des Goethe- und Schillerarchivs in Weimar und früherer Leiter des Cotta-Archives in Marbach:
"Das, was ihn wirklich an der Politik sehr interessierte, das war natürlich das Schicksal seines Landes und das bedeutet im Wesentlichen eine Modernisierung der Administration, also der Verwaltung, aber vor allen Dingen ein neues staatsrechtliches Verhältnis, nicht mehr dieser alte altrechtliche Staat mit Ständen und einem Ausschusswesen, mit Nepotismus und allem Drum und Dran, sondern ein moderner Verfassungsstaat mit dem König an der Spitze, also sprich eine konstitutionelle Monarchie mit einem Zweikammer-Parlament."
Von den rund 40 Zeitungen und Zeitschriften sind besonders die "Allgemeine Zeitung" und "Das Morgenblatt für die gebildeten Stände" bekannt.
"Ja, die Zeitungen, die waren die großen Foren, in denen diese Fragen besprochen wurden, das Pro und das Kontra natürlich ganz sachlich. Aber die ganzen positiven Entwicklungen wurden da natürlich dokumentiert und in ihren fruchtbaren Folgen dargestellt. Das war klar, das ist seine Pressemacht, seine Presse eben als Forum zu benutzen und als Organ, als Sprachrohr, um bestimmte Ideen in die Öffentlichkeit zu bringen und in der Öffentlichkeit durchzusetzen und damit möglichst auch die Politiker, die Regierung zu beeindrucken, zu beeinflussen und zu einem solchen Handeln zu bringen."