In dem Gespräch mit dem US-Botschafter in der Ukraine, Geoffrey Pyatt, gab sich Nuland genervt über den schleppenden Fortschritt bei der Suche nach einem Kompromiss für den Konflikt in der Ukraine - dabei sind die Worte "fuck the EU" in dem Gesprächsmitschnitt zu hören, der auf dem Internetportal YouTube hochgeladen worden war. Die Amerikaner bestritten die Echtheit des Mitschnitts nicht, viel mehr habe Nuland bereits Kontakt zu ihren EU-Kollegen aufgenommen und sich "natürlich entschuldigt", wie Außenamtssprecherin Jen Psaki mitteilte. Das Verhältnis zwischen den USA und Europa sind wegen des Abhörskandals ohnehin angespannt. Jay Carney, Sprecher von US-Präsident Barack Obama, nannte die Beziehungen zu Europa eiligst "stärker denn je".
Über die ironische Note, dass eine amerikanische Diplomatin mitten in der Diskussion um die Auspähungen durch die NSA durch ein abgehörtes Telefonat bloßgestellt wird, können die amerikanischen Behörden wohl kaum lachen - und suchen nach dem Verantwortlichen, den sie auf russischer Seite vermuten.
"Neuer Tiefstand der russischen Spionagetaktik"
Washington beschuldigte Russland offen, hinter der Veröffentlichung zu stehen. "Dies ist ein neuer Tiefstand der russischen Spionagetaktik", sagte Außenamtssprecherin Psaki. Nicht nur die russische Untertitelung des Gesprächsmitschnitts spricht aus Sicht des Weißen Hauses für eine russische Quelle. "Der Mitschnitt wurde zuerst von der russischen Regierung verbreitet - und zwar über Twitter", so Obamas Sprecher Carney. Und das, so Carney, sage etwas über Russlands Rolle bei dieser Veröffentlichung aus. Ukrainische Oppositionelle vermuten, dass Russland mit der Veröffentlichung einen Keil zwischen EU und USA treiben will.
Es bleibt allerdings vorerst spekulativ, wer den Gesprächsmitschnitt ins Netz gestellt haben könnte. Der Nutzername auf YouTube bedeutet soviel wie "Maidan Puppen" oder "Marionetten" (des Westens), wie sie die Demonstranten in russischen Medien häufig verspottet worden waren. Moskau hat durch seine geopolitischen Wünsche in der Ukraine und dem vorerst gescheiterten Assoziierungsabkommen zwischen dem Land und der EU ein Interesse daran, dass die Vermittlungspläne in der Ukraine nicht vorankommen.
Nuland kritisiert Klitschko
In dem Telefonat zwischen Nuland und dem US-Botschafter ging es um Lösungsansätze zur Beilegung der Krise in der Ukraine. Nuland begrüßte es, dass sich auch die Vereinten Nationen in den innerukrainischen Konflikt einschalten. "Das wäre großartig." Die UNO "könnte helfen, diese Sache zu Ende zu bringen". Zugleich kritisierte Nuland die Rolle des ukrainischen Oppositionspolitikers Vitali Klitschko. "Ich glaube nicht, das Klitschko in die Regierung soll. Ich glaube, das ist nicht notwendig. Ich glaube nicht, dass das eine gute Idee ist." Der ukrainische Oppositionsführer Vitali Klitschko hat die Veröffentlichung der Telefongesprächen der US-Diplomatin als Provokation bezeichnet. Zugleich sprach er in der "Bild"-Zeitung von einer Falle: "Es ist für mich klar ersichtlich, dass die USA und die EU mit der Veröffentlichung provoziert werden sollen. Alle Seiten müssen jetzt besonnen reagieren und sollten nicht in diese Falle tappen", mahnte Klintschko.
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat die undiplomatische Äußerung der US-Europabeauftragten Victoria Nuland scharf kritisiert. Die Kanzlerin halte die Äußerung für "absolut unakzeptabel", sagte Vize-Regierungssprecherin Christiane Wirtz. Es liege Merkel daran, nochmals hervorzuheben, dass die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton einen "hervorragenden Job" mache. Die Europäische Union werde sich "weiter mit großer Intensität bemühen, die Lage in der Ukraine zu beruhigen".
Nuland hielt sich am Donnerstag in Kiew auf, wo sie mit dem ukrainischen Präsidenten Viktor Janukowitsch sprach. Dieser deutete neue Zugeständnisse in Richtung Opposition an. Der Staatschef sei ein "Anhänger" einer baldigen Verfassungsänderung, betonte die Präsidialkanzlei nach dem Treffen Janukowitschs mit Nuland.