Dass die Erde zu einem großen Teil aus Wasser besteht, das lässt sich schon aus dem Weltraum beobachten. Doch der blaue Planet verfügt noch über wesentlich mehr Wasservorkommen als die, die man sieht, sagt der Geochemiker David Hilton von der University of California in San Diego.
"Wir haben einerseits den felsigen Gesteinsteil des Erdmantels. Und andererseits gibt es die Erdkruste, die Oberfläche. Hier ändert sich die Zusammensetzung des Wassers ständig, weil Wasserstoff aus den Ozeanen in die Atmosphäre entweicht. Das Wasser im Erdinneren jedoch bleibt von diesen Veränderungen unberührt."
Das Wasser im Erdinneren besteht zu einem geringen Prozentsatz aus Deuterium. Dieses Isotop verfügt zusätzlich zu einem Wasserstoffatom H noch über ein Neutron. Es wird daher auch als schwerer Wasserstoff bezeichnet. Auf ihn stießen die Forscher in Proben des Minerals Ringwoodit.
"Wir kommen an Proben aus den tieferen Erdschichten durch Vulkanausbrüche. An Hot Spots wie Island oder Hawaii werden solche Mineralien aus dem Erdmantel nach oben geschleudert. Eine Probe aus dem unteren Erdmantel, die bis dahin völlig isoliert war, gibt uns Anhaltspunkte zum ursprünglichen Verhältnis von schwerem und leichtem Wasserstoff."
Während sich dieses Verhältnis auf der Erdoberfläche, in den Ozeanen, im Laufe der Jahrmilliarden verändert hat, ist die Zusammensetzung des Wassers im Erdmantel unverändert geblieben, bestätigt die Planetologin Lydia Hallis von der Schule für Geographische und Erdwissenschaften der Universität von Glasgow.
"Diese Proben verfügen über einen hohen Nickel-Anteil. Das legt nahe, dass sie aus dem unteren Erdmantel kommen, an der Grenzschicht zum Erdkern. Im Kern gibt es nämlich eine ganze Menge Nickel. Ihre Zusammensetzung hat sich somit seit vier-ein-halb Milliarden Jahren nicht verändert."
Der Anteil an Deuterium im Erdmantel ist heute immer noch so hoch ist wie zu Zeiten der Entstehung der Erde, als auch das erste Wasser auf den Planeten kam. Aber:
"Es gibt nur sehr wenig schweren Wasserstoff im Erdmantel. Kometen bestehen jedoch etwa zur Hälfte daraus. Es ist daher unmöglich, dass sie das Wasser auf die Erde gebracht haben. Ihr Verhältnis von leichtem zu schwerem Wasserstoff stimmt nicht mit dem im Erdmantel überein."
"Was wir in den Proben des unteren Erdmantels gemessen haben, ähnelt eher dem frühen Wasserstoff des Sonnensystems. Die Sonne und die Planeten haben sich aus einer Gas- und Staubwolke gebildet. In ihr gab es auch Sauerstoff und Wasserstoff. Die H2O-Moleküle haben sich auf Staubkörnern angelagert, die immer weiter angewachsen sind, bis zu Asteroidengröße und schließlich bis hin zur Größe der gesamten Erde."
Lydia Hallis hat die vulkanischen Proben aus dem Erdmantel mit dem Wassergehalt von Asteroiden verglichen – und hochgerechnet. Ihr Ergebnis: Im frühen Sonnensystem gab es mehr als genug Wasser, um die Ozeane der Erde zu bilden, nämlich bis zu dreimal so viel.
"Das Wasser auf der Erdoberfläche und das Wasser im Erdmantel haben beide denselben Ursprung. Es entstammt der Gaswolke, aus dem die Erde entstanden ist. Über geologische Zeitabschnitte hat sich das Verhältnis von schwerem und leichtem Wasserstoff auf der Oberfläche immer mehr verschoben. Gegenüber solchen Veränderungen waren die Wasserreservoirs im Erdmantel immun. Sie repräsentieren die ursprüngliche Wasserstoffzusammensetzung des Wassers auf der Erde."
Somit konnten die Wissenschaftler gleich drei Dinge zeigen: Die Zusammensetzung des Wassers in den Ozeanen verändert sich, das Wasser im Erdmantel gibt Anhaltspunkte über die Zusammensetzung des ersten Wassers im Sonnensystem, und es bedurfte keiner Kometeneinschläge, um die Erde mit Wasser zu versorgen.