Auch in der Vergangenheit habe es solche Phänomene gegeben, aber diese Konzentration an Vorfällen sei schon bemerkenswert. Man könne dies zum einen mit zunehmender Verrohung der Gesellschaft erklären. Andrerseits erlebten die Zuschauer die Fußballspiele immer virtueller: "Weit weg von der Lebensrealität, wird uns das Spiel über Medien und soziale Netzwerke vermittelt und transportiert. Da sinkt natürlich auch die Hemmschwelle, zu solchen Beleidigungen zu greifen", erklärt Harald Lange im Deutschlandfunk. Der Zuschauer habe nicht mehr den Menschen vor Augen, sondern mehr und mehr ein Kunstprodukt.
Gerade bei den Nationalmannschaften habe eine Professionalisierung stattgefunden: "Die werden dann zusammengesetzt und professionell betreut, auch die Medienarbeit beispielsweise des DFB ist da sehr professionell", sagt Lange. Es werde unpersönlicher und nur noch die Informationen, die der PR dienten, würden öffentlich. Dies stütze das Bild einer virtuellen Mannschaft.
Ilkay Gündogan und Mesut Özil hätten gerade - nachdem sie sich zusammen mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan fotografieren ließen - die Wut der deutschen Fans zu spüren bekommen. "Es gibt innerhalb der Fankultur Gruppen oder einzelne Fans, die so etwas auch suchen: Reibungspunkte, die letztendlich gar nichts mehr mit dem Spiel zu tun haben, aber die dazu geeignet sind, dass man hier und da mal Frust ablassen kann" erklärt Fanforscher Harald Lange. Aktuell exponierte Spieler seien oft Ziel solcher Attacken.
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