Archiv

Versandhandel
Post und Amazon betreten neue Pfade

Tausende Post-Angestellte streiken derzeit. Der Konzern geht deshalb ungewöhnliche Wege: Mitarbeiter von Großkunden helfen vorübergehend beim Sortieren der Post. Der Versandriese Amazon sucht in den USA aus Kostengründen Alternativen zum klassischen Paketdienst. Privatpersonen sollen auf ihrem Arbeitsweg nebenbei Pakete ausliefern.

    Päckchen und Pakete werden in der Halle der neuen Zustellbasis des Postzustellers Deutsche Post DHL in Norderstedt sortiert.
    Etwa 20.000 Postangestellte streiken laut Verdi. Amazon ist davon aber nicht so stark betroffen. (picture alliance / dpa / Bodo Marks)
    Seit eineinhalb Wochen streiken Tausende Post-Angestellte, seit heute sind auch Paket-Verteilzentren betroffen. Eine Sprecherin der Deutschen Post sagte der Agentur AFP, ein Dutzend namhafter Unternehmen habe eigene Angestellte entsandt. Diese Mitarbeiter von Versandhäusern und Versicherungen helfen den Angaben zufolge in den nächstgelegenen Sortierzentren aus, damit ihre Sendungen nicht liegen bleiben. Allerdings kümmerten sie sich dort nicht speziell um die Briefe und Pakete des eigenen Unternehmens, sondern sortierten auch fremde Sendungen. "Das ist eine großartige Geste und zeigt die Verbundenheit und Solidarität unserer Kunden", zitierte die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" aus einer E-Mail des Post-Betriebschefs für Briefe und Pakete, Uwe Brinks.
    Gewerkschaftsvertreter kritisieren das Vorgehen und warnen vor einer Verletzung des Postgeheimnisses. "Die Sicherheit und Vertraulichkeit des Postbetriebes ist in keiner Weise mehr gewährleistet", sagte der Chef der Kommunikationsgewerkschaft DPV, Volker Geyer, der FAZ. Das Brief- und Postgeheimnis sei dadurch in Gefahr. Geyer empört sich zudem: "Dem Arbeitgeber ist offensichtlich jedes Mittel recht, einen legitimen Streik zu unterlaufen."
    Nach Angaben der Gewerkschaft Verdi beteiligen sich inzwischen bundesweit mehr als 20.000 Mitarbeiter an der Arbeitsniederlegung. Mit dem Streik will Verdi erreichen, dass alle Paketzusteller wieder nach dem Haustarif bezahlen werden. Die Post hat 49 regionale Gesellschaften gegründet, in denen weniger gezahlt wird. Ein Ende des Arbeitskampfes ist nicht abzusehen, laut Gewerkschaft herrscht "totale Funkstille" zwischen beiden Seiten.
    Amazon will Kunden als Boten
    Laut dem FAZ-Bericht ist der Versandriese Amazon vom Streik kaum betroffen. Er genieße als größter Postkunde eine Vorzugsbehandlung. In den USA geht der Konzern derweil einen ganz neuen Weg und will weg vom reinen Versand durch Logistikunternehmen. Das Online-Versandhaus will stattdessen Privatpersonen als Paketboten einspannen, wie das "Wall Street Journal" berichtet.
    Amazon arbeite derzeit an einer App, mit der solche Lieferungen koordiniert werden könnten. Ziel sei es, bei einem Teil der Zusendungen auf kommerzielle Paketdienste zu verzichten. Wann das Projekt mit dem internen Namen "On My Way" starten soll, ist noch nicht bekannt. Der neue Versandweg hat offenbar finanzielle Grüne: Die Lieferkosten bei Amazon sind im vergangenen Jahr um fast ein Drittel gestiegen - und damit stärker als der Umsatz.
    (hba/bor)