Vorsichtig klopft Daniel Garcia Nägel in einen Holzrahmen. Holz sei in Kuba Mangelware, so wie alles andere, schimpft der Handwerker. Die derzeitige Krise sei aber keine neue Spezialperiode wie in den 1990er Jahren, nachdem die Unterstützung aus dem Ostblock weggefallen war, sondern nur eine weitere Etappe.
US-Touristen bleiben fern
Seit Kuba die Devisen ausgehen, kann der selbstständige Tischler in Havanna das Material für seine Kleinmöbel nur noch über Umwege beschaffen. Als der US-Präsident noch Barack Obama hieß, seien Werkzeuge und Holz aus den USA in die staatlichen Läden geliefert worden. Seit Donald Trump sei das wieder vorbei. Ebenso blieben die konsumfreudigen US-Touristen fern:
"An meinem Haus kamen Touristen vorbei und kauften bei mir ein. Jetzt kommt keiner mehr und die Kubaner können sich meine Produkte nicht mehr leisten, weil auch sie vom Tourismus leben. Für mich ist das hart. Ich muss meine Familie ernähren. Meine Kinder sind in der Uni, in der es keine Gratis-Mahlzeiten mehr gibt, also zahle ich für alles. Mein Material muss ich kaufen, der Preis dafür hat sich verdreifacht. Ich muss ein kubanischer Superman sein, um das alles zu schaffen, tagtäglich."
Benzinknappheit wegen US-Sanktionen
Für Privatleute wie Garcia sind Holz und Nägel nur auf dem Schwarzmarkt erhältlich. Im September war Benzin extrem knapp - ein Ergebnis der neuen US-Sanktionen gegen Venezuela, das wegen seiner eigenen Krise dem verbündeten Kuba schon seit Jahren immer weniger Öl liefert. US-Präsident Trump hat auch die Sanktionen gegen Kuba verschärft, was vor allem die wichtige Devisenquelle Tourismus trifft. Beides zusammengenommen würgt die Wirtschaft ab. Nach offiziellen kubanischen Angaben wächst diese nur noch um 0,5 Prozent. Der Ökonom Omar Everleny aus Havanna bezweifelt selbst das:
"Unsere Wirtschaft ist schon immer gering gewachsen. Die Benzinknappheit im September hat das Land praktisch stillgelegt und ich habe den Eindruck, dass es null Wachstum geben wird. Aber unsere Wirtschaft muss wachsen, damit es mehr Waren und Dienstleistungen gibt und Inflation vermieden wird. Leider sehe ich nicht, wie wir das kurzfristig erreichen können. Die Optionen lagen immer auf der Hand, wurden allerdings nicht umgesetzt: Kuba muss exportieren, hat aber keine konkurrenzfähigen Produkte. Dafür braucht das Land Investitionen. Der Staat investiert zu wenig. Vielleicht schaffen wir sogar die 0,5 Prozent, aber von realem Wachstum kann man nicht sprechen."
Öffnung des privaten Sektors dauert zu lange
Im kubanischen Sozialismus dauere die Öffnung des privaten Sektors zu lange, beklagt der Ökonom. Immer noch fehlten Großmärkte für Selbstständige, die auf eigene Rechnung arbeiten. Für ihre Restaurants und Cafeterias kaufen sie in den Läden der Normal-Verbraucher.
Die langen Schlangen vor den Tankstellen sind erst einmal wieder verschwunden, weil neue Öl-Lieferungen eingetroffen sind. Jetzt gibt es Energiesparprogramme, und es gelingt, die Auswirkungen des Treibstoffmangels für die Bevölkerung gering zu halten. Stromabschaltungen in Haushalten, wie in der Spezialperiode der 1990er-Jahre gab es noch keine.