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Verschleppte Aufklärung

Anfang April hatte der Deutsche Skiverband mitgeteilt, dass die von ihm beauftragte Kommission zur Untersuchung der Doping-Vorwürfe aus DDR-Zeiten gegen die beiden Biathlon-Trainer Frank Ullrich und Wilfried Bock ihre Tätigkeit aufgenommen hat. Nun sind noch zwei neue Mitglieder hinzugekommen.

Von Thomas Purschke | 10.05.2009
    Erst auf eine Presseanfrage hin hat der Deutsche Skiverband (DSV) jetzt mitgeteilt. dass eine Anhörung von Biathlon-Trainer Frank Ullrich vor der Kommission bereits stattgefunden hat. Am 25. Mai soll dann Jens Steinigen gehört werden, der frühere DDR-Biathlet und Zeitzeuge für damalige Dopingpraktiken.

    Steinigen, der die in der DDR für Biathlon verantwortlichen Trainer Kurt Hinze, Wilfried Bock und Frank Ullrich schon 1991 schwer belastete, weil sie ihn gegen seinen Willen zur Doping-Einnahme bringen wollten,
    wurde damals von Hinze verklagt, der aber den Prozess vor dem Landgericht Mainz verlor und von seinem Amt zurücktreten musste.

    Weitere Kronzeugen für staatliches Zwangsdoping im DDR-Biathlon wie der Staffel-Weltmeister von 1987, Jürgen Wirth, haben bisher keine Einladung der Untersuchungs-Kommission erhalten. Wirth hatte in der ARD-Sportschau im März des Jahres über seinen einstigen Trainer wörtlich gesagt: "Ullrich hat uns angewiesen, dieses Mittel Oral-Turinabol einzunehmen, damit wir schneller wieder regenerieren. Die Trainer Bock und Ullrich haben die Einnahme auch kontrolliert, damit jeder wirklich diese Tablette einnimmt."

    Ullrich, Stabsfeldwebel der Bundeswehr-Sportfördergruppe Oberhof und seit 1998 Bundestrainer der Biathlon-Männer, hatte diese Vorwürfe zurückgewiesen und gedroht, juristische Schritte gegen Wirth einzuleiten. Das ist aber, wie nicht anders zu erwarten, nicht geschehen.

    Auch die beiden DDR-Biathleten und einstigen Mannschaftskameraden von Ullrich, Andreas Heß und Jürgen Grundler vom ASK Oberhof, haben bislang vom DSV keine Einladung zur Anhörung erhalten. Die beiden staatlich anerkannten DDR-Dopingopfer hatten gegenüber der ARD erklärt, dass Ullrich bei einer polizeilichen Vernehmung 1994 die Unwahrheit gesagt habe mit seiner Behauptung, "Tabletten, blau, gelb oder rosafarbene habe ich nicht auf den Trainingslagern bekommen". Eine Lüge, die die beiden schwer Doping-Geschädigten als pure Verhöhnung empfinden mussten.

    Wie der Deutschlandfunk erfuhr, wird die DSV-Untersuchungskommission durch Josef Fendt, Präsident des Rennrodel-Weltverbandes aus Berchtesgaden, sowie durch den Mannschaftsarzt des VfB Stuttgart, Heiko Striegel, komplettiert. Striegel ist auch promovierter Jurist und Mitglied der Arbeitsgruppe Recht der Nationalen Anti Doping Agentur Deutschland. Dies bedeutet aber, dass die Mehrheit der Kommission ehrenamtliche oder hauptamtliche Funktionen im Ski-Verband begleitet. Nämlich der Vorsitzende DSV-Jurist Franz Steinle, DSV-Marketingchef Stefan Krauß sowie Gerhard Dambeck. Von Unabhängigkeit also keine Spur.

    Des Weiteren sind die Kommissionsmitglieder bisher durch Fachkompetenz in Sachen Aufarbeitung des DDR-Sports nicht aufgefallen. Auch wurde vom DSV die Frage nicht beantwortet, warum man das Problem nicht der eigens für solche Fälle installierten Anti-Doping-Kommission des Deutschen Olympischen Sportbundes unter Vorsitz des früheren Bundesverfassungsrichters Steiner anvertraut. Der Ski-Verband möchte offenkundig wie immer bisher, wenn es um Doping- oder Stasi-Anschuldigungen gegenüber DSV-Leuten ging, Herr des Verfahrens bleiben.

    Bereits 1991 hatte sich die damalige Richthofen-Kommission mit den Dopingpraktiken im DDR-Biathlon befasst. Dem Deutschen Skiverband war damals die Doping-Verstrickung der Ex-DDR-Trainer Kurt Hinze, Wilfried Bock und Frank Ullrich schriftlich gegeben wurden.