"Ich hab mich jetzt eingeloggt und das sieht man dann gleich am Anfang, dass die dann sagen, okay hier kannst du diese Malaysia Airlines MH 370 suchen. Und dann zeigen sie dir kurz, was die verschiedenen Tags sind, die du ansetzen kannst auf deinen Search und dann bekommt man eine Karte zugewiesen - also man sieht ein Satellitenbild, irgendwo, man sieht leider nicht genau wo. Und dann ist es einfach eine Fleißarbeit, wo ich durchgehe und mir tausende Bilder anschauen und wenn halt Wolken kommen, klick ich weiter und hoffe das die Wolkenfelder irgendwann aufhören."
Sabine Kraushaar ist eine von über sieben Millionen Freiwilligen weltweit, die bei einer der größten Crowdsourcing-Aktionen der Geschichte mitmachen. Digital Globe rief zwei Tage nach dem Verschwinden der malaysischen Passagiermaschine alle Web-Nutzer auf, sich an der Suche zu beteiligen. Das amerikanische Unternehmen besitzt hochauflösende Satelliten und verkauft die Bilder in der Regel an Regierungsstellen und Unternehmen wie Google. Auf der Crowdsourcing-Plattform "Tomnod" stellt Digital Globe Satellitenaufnahmen für all diejenigen zur Verfügung, die sich vom heimischen Rechner aus an der Suche nach dem verschollenen Flugzeug beteiligen wollen.
"Also man sieht immer so 500 Meter mal 200 Meter ungefähr. Im Moment ein Bild vom 26. März, eine Aufnahme am frühen Morgen um 2:53 Uhr. Also es ist noch relativ dunkel und man erkennt so einzelne Schaumkronen auf dem Ozean."
Große Datenmenge ist ein Problem
Anfangs umfasste das Suchgebiet Landflächen und den gesamten Indischen Ozean. Tomnod liefert Satellitenaufnahmen mit einer Auflösung von 50 Zentimetern pro Pixel. Das ist so, als würde man auf Knien mit einer Lupe über einen schier endlosen Rasen rutschen um einen Käfer zu finden. Die gigantische Datenmenge ist ein in mehrfacher Hinsicht großes Problem, erklärt der Informatikprofessor Martin Middendorf von der Universität Leipzig.
"Das heißt, man hat hier sehr viele Satellitenbilder. Das kann ein Einzelner gar nicht durchgucken und das kann man auch mit automatischen Verfahren bisher nicht. Man weiß nicht, wie die Wrackteile genau aussehen, sodass etwa schwer zu definieren ist, wonach man genau sucht. Und das ist eigentlich immer eine ideale Aufgabe wo man Menschen, die mit ihrem Wissen sehr schnell erfassen können, könnte das was Interessantes sein oder nicht, einsetzen kann."
Ein Riesenproblem in kleinere beherrschbare Teilprobleme zerlegen, das machen Computer schon lange viel besser als Menschen. "Teilen und beherrschen" ist eines der wichtigsten Prinzipien für effiziente Algorithmen, nach dem auch die Satellitenaufnahmen zerlegt und auf der Crowdsourcing-Plattform an die Nutzer verteilt werden, die dann im Klein-Klein nach Ölspuren, Wrackteilen, oder Rettungsbooten Ausschau halten.
"Es gibt eigentlich ein Problem beim Crowdsourcing: Der Einzelne könnte Fehler machen. Bewusst oder unbewusst hoffentlich in dem Fall. Ich muss also sicherstellen, dass solche Fehler nicht passieren, das heißt, man braucht eine gewisse Redundanz, dass sich nicht nur ein Benutzer ein Foto anguckt, sondern mehrere. Und dann schaut man nachher, stimmen die in ihrer Meinung überein."
"Tomnod" speichert alle markierten Stellen in einer Datenbank. Bisher gibt es über zwölf Millionen sogenannter Tags. Ab einer bestimmten Anzahl von Übereinstimmungen erstellt der ClowdRank-Algorithmus ein Cluster, das Analysten untersuchen und Hinweise gegebenenfalls an Hilfskräfte vor Ort weitergeben. Auf der Übersichtskarte von "Tomnod" sind diese Cluster rot markiert. Eines dieser roten Felder liegt südwestlich der australischen Küste.
Nutzen der Aktion ist unklar
Nach drei Wochen konfuser Suche verlegte die australische Seesicherheitsbehörde den Schwerpunkt der Suche genau in dieses Gebiet. Auf welche Hinweise die Ermittler sich dabei stützten, blieb offen. Digital Globe teilte zwar mit, die entsprechenden Satellitenaufnahmen geliefert zu haben, gibt aber auch auf Nachfrage keine Informationen darüber, ob tatsächlich die Hinweise der Crowd hierfür ausschlaggebend waren. Damit bleibt leider auch fraglich, ob diese Crowdsourcing-Aktion mehr ist als ein interessantes Gimmick. Ein Verdacht, der nicht ganz von der Hand zu weisen ist, meint Middendorf.
"Da muss man eben sehr aufpassen bei solchen Crowdsourcing-Initiativen, dass der Nutzer nicht das Gefühl hat, dass er sinnlose Arbeit macht. Und wenn man sich hier die Bilder anschaut, dann sieht man da ist einfach nur blaues Meer und gar nichts oder nur weiße Wolken und gar nichts. Und so was kann man eigentlich mit einfachen Algorithmen rausfiltern. In diesem Fall ging es nun darum, sehr schnell zu helfen, aber sagen wir mal nach einigen Tagen stehen solche Algorithmen und man sollte vermeiden, dass sie eben solche Bilder bekommen und eben das Gefühl kriegen, dass sie wertlose Arbeit am Ende machen. Das heißt, da wäre ein Zusammenspiel intelligenter Algorithmen, mit einer sinnvollen Erkennung, was sind wirklich die wichtigen Aufgaben, die Nutzer machen müssen, sehr wesentlich."