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Enttäuschung, Wut, Verleugnung
Wie die Verschwörungsszene auf Xavier Naidoos Video reagiert

Nachdem der Sänger Xavier Naidoo die Corona-Pandemie lange geleugnet hatte und mit sogenannten Reichsbürgern aufgetreten war, hat er sich nun öffentlich von Verschwörungserzählungen distanziert. Die Mehrheit seiner Unterstützerszene vermutet dahinter wiederum eine Verschwörung.

Text: Pia Behme | Josef Holnburger im Gespräch mit Stefan Fries | 21.04.2022
Xavier Naidoo schaut links an der Kamera vorbei.
Der Sänger Xavier Naidoo hat sich in einem Video von Nationalismus, Rassismus, Homophobie und Antisemitismus distanziert - wird dabei aber kaum konkret. (picture alliance / Peter Kneffel/dpa )
Er sei von Verschwörungserzählungen geblendet gewesen, sagt Xavier Naidoo in einem Video, das er am Mittwoch auf seinem Youtube-Kanal veröffentlicht hat. "Ich habe mich Theorien, Sichtweisen und teilweise auch Gruppierungen geöffnet, von denen ich mich ohne Wenn und Aber distanziere und lossage." Konkret wird er in den 3:15 Minuten an vielen Stellen allerdings nicht.

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Die Mehrheit der Verschwörungsszene glaube, dass sich Naidoo nicht wirklich von ihnen losgesagt habe, zeigt eine Auswertung des Centers für Monitoring, Analyse und Strategie (CeMAS). "Die Begründung dabei ist meist, dass dieses Statement von Xavier Naidoo in vielen Teilen vage gehalten ist", sagt Josef Holnburger, Politikwissenschaftler und Geschäftsführer von CeMAS, im Dlf.

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"Naidoo sagt zum Beispiel, dass er sich 'in Teilen' von diesen Gruppierungen distanziert, und erwähnt nicht, welche das wären. Er sagt auch, dass er sich von einer Sichtweise distanzieren würde und betont dann nicht, welche Sichtweise das wäre." Auch äußere er sich in dem Video nicht zur Corona-Pandemie, die er zuvor geleugnet hatte, oder zu Verschwörungserzählungen wie "The Great Reset", denen er sich nah zeigte. 

Verräter oder Verschwörung?

"Eine Verschwörungsideologie ist ein geschlossenes Weltbild. Wenn man sich da einmal ganz tief hineinbegeben hat, dann wird plötzlich alles zu Verschwörung", so Holnburger. "Und so meinen jetzt einige entdeckt zu haben, dass Naidoo vielleicht zu dem Statement gezwungen worden wäre. Eben durch die vermeintlichen Verschwörer." Andere in der Szene sehen laut Holnburger in Xavier Naidoo einen Verräter und sind von ihm enttäuscht. 

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Während prominente Vertreter der Szene sich in Livestreams und Videos zu Naidoo äußern, lasse sich die Stimmung unbekannterer Anhängerinnen und Anhänger in Kommentaren beobachten. "Dort ist es aber oft auch nur ein Spiegel von diesen Prominenten", sagt Josef Holnburger. "Enttäuschung, Wut, Verleugnung - da ist alles mit dabei."

Holnburger: "Das Video reicht nicht"

In dem Video sieht Holnburger nur eine halbgare Distanzierung. „Man kann in diese Aussagen von Xavier Naidoo einiges hineininterpretieren, eben weil er so vage geblieben ist. Deswegen reichen diese dreieinhalb Minuten, die er abgeliefert hat, auch nicht." Wenn Naidoo es ernst meine, müsse eine Distanzierung von Personen oder Sichtweisen genannt werden.
So könne sie auch eine stärkere Wirkung auf die Verschwörungsszene haben. "Dann würden einige die Widersprüche in der verschwörungsideologischen Szene stärker sehen", sagt der Politikwissenschaftler.
Ein Beispiel, bei dem sich Widersprüche auftun: der Krieg in der Ukraine. Da sei die Szene nun doch nicht so einheitlich, obwohl man insgesamt immer betont habe, gegen Krieg zu sein. "Und plötzlich gibt es einen russischen Angriffskrieg. Sowas sind Spaltungspunkte. Wenn die offengelegt werden, dann macht das auch, was mit der Szene. Dann kann das dazu führen, dass Leute stärker Abschied nehmen."