In der Inneren Mongolei in Nordchina werden Abwässer aus einer Eisenerzmine abgeleitet. Die graue Brühe schießt aus einem Rohr, bildet auf dem Grasland einen See, versickert im trockenen Untergrund. Das geht nun schon seit Jahren so. Den Hirten, die hinter den Abraumhalden ihre Schafe weiden, haben die Abwässer die Lebensgrundlage zerstört, erzählt der 61-jährige Yao Jincai.
"Die Zähne der Schafe wurden schwarz, als sie das verseuchte Wasser tranken. Ein Zahn ist dann meist größer und länger geworden als alle anderen. Die Tiere konnten nicht mehr richtig fressen, sind abgemagert und dann verendet. Auch das Dorf ist schwer betroffen. Viele Tiere sind krank geworden. Früher gab es das nicht."
Rund um Yaos einfaches Lehmhaus ist zugleich zu sehen, wie Chinas grüne Zukunft aussehen könnte: Tausende von Windrädern drehen sich auf der endlosen mongolischen Steppe – sie sind Teil von Chinas Plänen, den Anteil der erneuerbaren Energien in den nächsten Jahren auf elf Prozent zu steigern. Doch der Hirte hat für die Windräder keinen Blick.
"Wir wissen, dass auch das Wasser aus unseren Brunnen verseucht ist, aber wir trinken es trotzdem. Wo sollen wir denn sonst Wasser her nehmen. Das saubere Wasser aus den Kanistern, die man in den Geschäften kaufen kann, können wir uns doch gar nicht leisten."
So wie in Baiyun geht es in vielen Regionen des Landes zu. Chinas Flüsse sind verschmutzt, vielerorts ist mittlerweile auch das Grundwasser betroffen. 400 Millionen Menschen in China haben kein sauberes Trinkwasser. Ein Zehntel aller Ackerflächen sind mit Schwermetallen verseucht. Bleivergiftungen nehmen zu, sagen Umweltgruppen. Zwar erlässt die Regierung immer neue Umweltgesetze, nur mit der Umsetzung hapert es. Vor drei Jahren wurde die Umweltschutzbehörde in Peking zwar zu einem Ministerium aufgewertet. Doch es sei ein zahnloser Tiger, sagt Feng Yongfeng, Gründer der Umweltgruppe Dar'wen.
"Das Umweltministerium stützt sich zwar auf die Gesetze, kann sie aber nicht umsetzen. Man kann sich auf das Ministerium nicht verlassen. Seine Rechte, Umweltsünder zu bestrafen, Fabriken zu schließen oder zu verklagen sind sehr schwach."
Welche Kosten die Umweltzerstörung verursacht, kann niemand wirklich beziffern. Experten schätzen, dass sie allein im Jahr 2008 China drei Prozent Wachstum gekostet hat. Zwar sind die Ausgaben für den Umweltschutz in den letzten Jahren deutlich gestiegen, aber die Schäden durch das ungebremste Wachstum können sie nicht wettmachen, sagt Feng.
"Zum einen sind viele Ökosysteme kollabiert, zum anderen zahlen die Menschen mit ihrer Gesundheit. Außerdem ist das Vertrauen in die Regierung verloren gegangen, was zu mehr Unzufriedenheit und sozialer Instabilität führt."
Die Pekinger Regierung verspricht jedes Jahr, mehr für den Umweltschutz zu tun. Auch in diesem Jahr versicherte Premierminister Wen Jiabao beim Nationalen Volkskongress, man werde die Probleme im neuen Fünf-Jahres-Plan angehen.
"Wir müssen den Umbau der Wirtschaftsentwicklung beschleunigen, Innovation fördern, Ressourcen schonen, die Umwelt schützen."
Doch Umweltgruppen waren enttäuscht. Die grünen Ziele des neuen Fünfjahresplans blieben weit hinter ihren Erwartungen zurück, etwa was die erneuerbaren Energien betrifft. Li Yan ist die Klimaschutzexpertin von Greenpeace China.
"70 Prozent der Energie kommt aus der Kohle, China muss die Abhängigkeit von der Kohle verringern, dass weiß auch die Führung. Aber weil das Land das schnelle Wachstum braucht, weil es abhängig ist von Exporten, weil die Energieeffizienz so gering ist, traut sich niemand wirklich an dieses Thema ran."
Gerade in den Provinzen zählt immer noch das schnelle Wachstum. An den Wachstumszahlen werden die örtlichen Parteikader gemessen. Auch die Korruption verhindert oft einen wirksamen Schutz der Umwelt.
"Die örtlichen Regierungen stimmen der Zentralregierung nicht zu. Außerdem ist der lokale Protektionismus ein Riesenproblem."
Wu Lihong hat am eigenen Leib erfahren, was es heißt, sich in China für die Umwelt einzusetzen. Jahrelang hat der bekannte Umweltschützer versucht, auf die katastrophale Verschmutzung des Tai-Sees im ostchinesischen Jiangsu aufmerksam zu machen. Dutzende von Fabriken leiteten ihre Abwässer so gut wie ungeklärt in den drittgrößten Süßwassersee Chinas. Doch sein Engagement brachte ihn in Konflikt mit mächtigen örtlichen Interessen. Unter dubiosen Umständen wurde Wu verhaftet und verbüßte eine dreijährige Gefängnisstrafe. Seit seiner Entlassung vor einem Jahr kämpft er weiter für den Tai-See und die Umwelt.
"Es geht nicht nur um den Tai-See, diese Probleme gibt es an vielen anderen Orten auch. Beamte und Geschäftsleute stecken unter einer Decke und haben gemeinsame Interessen. Die Zentralregierung ist dagegen so gut wie machtlos."
Und trotzdem gibt es sie – Beispiele für ein Umdenken in China. In dieser Fabrikhalle am Rande der ostchinesischen Stadt Dezhou werden solare Warmwasserbereiter hergestellt, die bereits Millionen von Haushalten in China mit heißem Wasser versorgen – und damit die Abhängigkeit vom Kohlestrom ein kleines bisschen verringern. Firmenchef Huang Ming ist für sein Umweltengagement gerade in Stockholm mit dem alternativen Nobelpreis geehrt worden.
"Diese Solarwasserbereiter haben bereits 20 oder 30 Millionen Tonnen Kohle eingespart, das ist ein großer Beitrag."
Zwar rauchen auch am Stadtrand von Dezhou die Fabrikschlote. Trotzdem hat es Huang Ming geschafft, die Stadtväter auf seine Seite zu ziehen. Seit ein paar Jahren setzt Dezhou auf nachhaltige Entwicklung, fast 90 Prozent aller Gebäude haben mittlerweile integrierte Solaranlagen zur Warmwasserbereitung auf dem Dach. Huang, ein ehemaliger Erdölingenieur, will seine Heimatstadt zum Vorbild für ganz China machen und träumt von weißen Wolken und blauem Himmel über Dezhou und China. Aber er weiß auch, bis dahin ist es noch ein langer Weg.
"Die Zähne der Schafe wurden schwarz, als sie das verseuchte Wasser tranken. Ein Zahn ist dann meist größer und länger geworden als alle anderen. Die Tiere konnten nicht mehr richtig fressen, sind abgemagert und dann verendet. Auch das Dorf ist schwer betroffen. Viele Tiere sind krank geworden. Früher gab es das nicht."
Rund um Yaos einfaches Lehmhaus ist zugleich zu sehen, wie Chinas grüne Zukunft aussehen könnte: Tausende von Windrädern drehen sich auf der endlosen mongolischen Steppe – sie sind Teil von Chinas Plänen, den Anteil der erneuerbaren Energien in den nächsten Jahren auf elf Prozent zu steigern. Doch der Hirte hat für die Windräder keinen Blick.
"Wir wissen, dass auch das Wasser aus unseren Brunnen verseucht ist, aber wir trinken es trotzdem. Wo sollen wir denn sonst Wasser her nehmen. Das saubere Wasser aus den Kanistern, die man in den Geschäften kaufen kann, können wir uns doch gar nicht leisten."
So wie in Baiyun geht es in vielen Regionen des Landes zu. Chinas Flüsse sind verschmutzt, vielerorts ist mittlerweile auch das Grundwasser betroffen. 400 Millionen Menschen in China haben kein sauberes Trinkwasser. Ein Zehntel aller Ackerflächen sind mit Schwermetallen verseucht. Bleivergiftungen nehmen zu, sagen Umweltgruppen. Zwar erlässt die Regierung immer neue Umweltgesetze, nur mit der Umsetzung hapert es. Vor drei Jahren wurde die Umweltschutzbehörde in Peking zwar zu einem Ministerium aufgewertet. Doch es sei ein zahnloser Tiger, sagt Feng Yongfeng, Gründer der Umweltgruppe Dar'wen.
"Das Umweltministerium stützt sich zwar auf die Gesetze, kann sie aber nicht umsetzen. Man kann sich auf das Ministerium nicht verlassen. Seine Rechte, Umweltsünder zu bestrafen, Fabriken zu schließen oder zu verklagen sind sehr schwach."
Welche Kosten die Umweltzerstörung verursacht, kann niemand wirklich beziffern. Experten schätzen, dass sie allein im Jahr 2008 China drei Prozent Wachstum gekostet hat. Zwar sind die Ausgaben für den Umweltschutz in den letzten Jahren deutlich gestiegen, aber die Schäden durch das ungebremste Wachstum können sie nicht wettmachen, sagt Feng.
"Zum einen sind viele Ökosysteme kollabiert, zum anderen zahlen die Menschen mit ihrer Gesundheit. Außerdem ist das Vertrauen in die Regierung verloren gegangen, was zu mehr Unzufriedenheit und sozialer Instabilität führt."
Die Pekinger Regierung verspricht jedes Jahr, mehr für den Umweltschutz zu tun. Auch in diesem Jahr versicherte Premierminister Wen Jiabao beim Nationalen Volkskongress, man werde die Probleme im neuen Fünf-Jahres-Plan angehen.
"Wir müssen den Umbau der Wirtschaftsentwicklung beschleunigen, Innovation fördern, Ressourcen schonen, die Umwelt schützen."
Doch Umweltgruppen waren enttäuscht. Die grünen Ziele des neuen Fünfjahresplans blieben weit hinter ihren Erwartungen zurück, etwa was die erneuerbaren Energien betrifft. Li Yan ist die Klimaschutzexpertin von Greenpeace China.
"70 Prozent der Energie kommt aus der Kohle, China muss die Abhängigkeit von der Kohle verringern, dass weiß auch die Führung. Aber weil das Land das schnelle Wachstum braucht, weil es abhängig ist von Exporten, weil die Energieeffizienz so gering ist, traut sich niemand wirklich an dieses Thema ran."
Gerade in den Provinzen zählt immer noch das schnelle Wachstum. An den Wachstumszahlen werden die örtlichen Parteikader gemessen. Auch die Korruption verhindert oft einen wirksamen Schutz der Umwelt.
"Die örtlichen Regierungen stimmen der Zentralregierung nicht zu. Außerdem ist der lokale Protektionismus ein Riesenproblem."
Wu Lihong hat am eigenen Leib erfahren, was es heißt, sich in China für die Umwelt einzusetzen. Jahrelang hat der bekannte Umweltschützer versucht, auf die katastrophale Verschmutzung des Tai-Sees im ostchinesischen Jiangsu aufmerksam zu machen. Dutzende von Fabriken leiteten ihre Abwässer so gut wie ungeklärt in den drittgrößten Süßwassersee Chinas. Doch sein Engagement brachte ihn in Konflikt mit mächtigen örtlichen Interessen. Unter dubiosen Umständen wurde Wu verhaftet und verbüßte eine dreijährige Gefängnisstrafe. Seit seiner Entlassung vor einem Jahr kämpft er weiter für den Tai-See und die Umwelt.
"Es geht nicht nur um den Tai-See, diese Probleme gibt es an vielen anderen Orten auch. Beamte und Geschäftsleute stecken unter einer Decke und haben gemeinsame Interessen. Die Zentralregierung ist dagegen so gut wie machtlos."
Und trotzdem gibt es sie – Beispiele für ein Umdenken in China. In dieser Fabrikhalle am Rande der ostchinesischen Stadt Dezhou werden solare Warmwasserbereiter hergestellt, die bereits Millionen von Haushalten in China mit heißem Wasser versorgen – und damit die Abhängigkeit vom Kohlestrom ein kleines bisschen verringern. Firmenchef Huang Ming ist für sein Umweltengagement gerade in Stockholm mit dem alternativen Nobelpreis geehrt worden.
"Diese Solarwasserbereiter haben bereits 20 oder 30 Millionen Tonnen Kohle eingespart, das ist ein großer Beitrag."
Zwar rauchen auch am Stadtrand von Dezhou die Fabrikschlote. Trotzdem hat es Huang Ming geschafft, die Stadtväter auf seine Seite zu ziehen. Seit ein paar Jahren setzt Dezhou auf nachhaltige Entwicklung, fast 90 Prozent aller Gebäude haben mittlerweile integrierte Solaranlagen zur Warmwasserbereitung auf dem Dach. Huang, ein ehemaliger Erdölingenieur, will seine Heimatstadt zum Vorbild für ganz China machen und träumt von weißen Wolken und blauem Himmel über Dezhou und China. Aber er weiß auch, bis dahin ist es noch ein langer Weg.