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Versorgung in Heimen
Neuer Pflege-TÜV gestartet

Ob ein Pflegeheim gut ist, war für Betroffene bisher schwer zu erkennen. Ein neuer "Pflege-TÜV" soll das jetzt ändern. Statt einer Gesamtnote erhalten Heime dabei eine Bewertung nach einzelnen Kriterien. Kritiker fordern aber noch mehr Transparenz.

Von Panajotis Gavrilis |
Eine Pflegekraft geht in einem Pflegeheim mit einer älteren Dame über einen Korridor.
Ob Menschen in einem Heim gut versorgt werden, war für Betroffene bisher kaum ersichtlich. (picture alliance / dpa / Christoph Schmidt)
Das neue Qualitätssystem für Pflegeheime soll Pflegebedürftigen und ihren Angehörigen besser helfen, das für sie richtige Heim auszuwählen. Detaillierte Informationen statt Gesamtnoten – so der Grundgedanke. Das neue Konzept löst dabei das bisherige Notensystem ab, bei dem Einrichtungen häufig viel zu positiv bewertet wurden. Der bisherige sogenannte "Pflege-TÜV" war aus Sicht von vielen Kritikern und aus Sicht des Bundesgesundheitsministers Jens Spahn zu bürokratisch und "nutzlos", wie Spahn sagt. Er erhofft sich nun ein transparenteres und aussagekräftigeres Bewertungssystem. Nicht mehr "der richtig gesetzte Haken im Aktenordner" stünde im Mittelpunkt. Entscheidend sei, wie es den Pflegebedürftigen tatsächlich gehe, so Spahn. Was besser werden soll, das hatte Monika Kücking vom GKV – dem Spitzenverband der gesetzlichen Krankenversicherungen – bei der Vorstellung so zusammengefasst:
"Der Blick ist jetzt gerichtet auf die Bedarfe und Bedürfnisse der Pflegebedürftigen."
Eigene Datenerhebungen plus externe Prüfung
Das neue Prüfsystem ist dreigeteilt: Heime müssen halbjährlich Daten über ihre Bewohnerinnen und Bewohner erheben – zum Beispiel: Wie viele Personen leiden an unbeabsichtigtem Gewichtsverlust, an Sturzfolgen oder wie mobil und selbständig sind sie. Anschließend untersucht eine externe Stelle, ob diese Angaben auch Sinn ergeben. Zusätzlich prüft ab heute der "Medizinische Dienst der Krankenversicherung" – kurz MDK – stichprobenartig, ob Anforderungen erfüllt werden, zum Beispiel, ob Körperpflege oder Ernährung angemessen sind. Monika Kücking vom GKV:
"Ich glaube, dass es ein guter Ansatz ist. Weil es einerseits den Einrichtungen die Möglichkeit gibt, ihre Handlungsspielräume auszunutzen, die es ja gibt und die auch dann aktiviert werden, so würde ich es mal nennen. Und gleichzeitig gibt es aber auch die externen Qualitätsprüfungen, die dann auch nochmal den Blick von außen werfen und dadurch ergänzend Informationen beitragen können."
2020 sollen alle Heime nach den neuen Regeln geprüft sein
Bereits ab Januar sollen erste Ergebnisse einsehbar sein. Auf den Websites der Kranken- und Pflegekassen, aber auch auf Aushängen in den Heimen. Doch bis Angehörige auf einen breiten Datensatz zurückgreifen können, wird es wohl noch dauern: Bis Ende 2020 soll jedes Heim erstmals nach den neuen Regeln geprüft worden sein. Das neue System sei grundsätzlich ein Fortschritt, lobt Christiane Rock. Sie ist Referentin für Gesundheits- und Pflegethemen beim "Verbraucherzentrale Bundesverband". Rock befürchtet jedoch: Die Daten-Aufbereitung könnte viele überfordern:
"Pflegebedürftige Verbraucher wie Angehörige stehen vor der schwierigen Entscheidung, für welches Heim entscheide ich mich, und möchten dann eigentlich eine einfache und vor allem transparente Entscheidungsgrundlage haben. Das Problem ist eben einfach, komplexe Prüfsachverhalte für den Verbraucher verständlich zu machen. Und das ist ein Punkt, der definitiv verbesserungswürdig ist."
Keine verpflichtenden Angaben zur Personalsituation
Ein weiterer Kritikpunkt für Rock: Es werde zu wenig auf die Lebensqualität in den Einrichtungen geschaut. Und: Heime seien nicht wirklich dazu verpflichtet, Angaben zur Personalsituation zu machen.
"Da ist es schon enttäuschend zu sehen, dass das zukünftig eine freiwillige Selbstangabe ist der Einrichtungen. Das heißt: Die Einrichtungen ihrerseits können diese Informationen übermitteln, wie es um die Personalsituation bestellt ist in ihrer Einrichtung. Diese Information wird aber nicht extern, zum Beispiel durch den MDK, überprüft, und eine Falsch- oder Fehlangabe wird auch nicht sanktioniert."
Die "Deutsche Stiftung Patientenschutz" bemängelt, dass es keine aussagefähige Gesamtnote und keine K.O.-Kriterien gäbe. Wenn Heime zum Beispiel bei der Wundversorgung oder Medikamentengabe durchfielen, müsse das für Nutzerinnen und Nutzer sofort erkennbar sein. Das neue Prüf-Verfahren betrifft erst einmal die knapp über 800.000 Menschen, die in Heimen gepflegt werden. Die meisten - etwa drei Viertel der pflegebedürftigen Menschen - werden zuhause versorgt, häufig mit der Hilfe eines ambulanten Pflegedienstes. Ein neues Qualitätssystem für ambulante Pflegedienste wird derzeit noch erarbeitet.