In einem großen, würfelförmigen Gebäude wachsen Salate auf Regalbrettern in mehreren Ebenen übereinander. Über den Pflanzen hängen Leuchtdioden, die das Sonnenlicht ersetzen. Die Nährstoffe werden direkt auf die Wurzeln der Pflanzen gesprüht, so dass Erde nicht mehr nötig ist. So oder so ähnlich könnte eine sogenannte Vertical Farm aussehen. Alle Faktoren, die das Pflanzenwachstum beeinflussen, könnten dort gesteuert werden, sagt Professor Thomas Hamacher, der an der Technischen Universität München das Konzept der vertikalen Landwirtschaft untersucht.
„Ich weiß genau, wie die Beleuchtung ist. Ich weiß genau, welche Temperatur ich habe. Ich weiß genau, wie viel CO2 ich an die Pflanze heranbringe. Ich habe eine hundertprozentige Kontrolle über die Pflanzenumgebung und Umwelt, und das habe ich natürlich in der Natur nicht.“
„Ich weiß genau, wie die Beleuchtung ist. Ich weiß genau, welche Temperatur ich habe. Ich weiß genau, wie viel CO2 ich an die Pflanze heranbringe. Ich habe eine hundertprozentige Kontrolle über die Pflanzenumgebung und Umwelt, und das habe ich natürlich in der Natur nicht.“
Vor dem Hintergrund zunehmender Klimaschwankungen – also beispielsweise zu wenig Niederschlag im einen Jahr und zu viel im nächsten – mag die Vorstellung beruhigend wirken, dass die Lebensmittelproduktion zu einem gewissen Grad vom Wetter unabhängig werden könnte.
Die Sonne muss ersetzt werden
Doch das Vertical Farming hat ein ganz entscheidendes Problem: Seinen hohen Energieverbrauch. Draußen spendet die Sonne kostenlos Energie für die Pflanzen. Im Schnitt sind es in Deutschland etwa eintausend Kilowattstunden pro Quadratmeter und Jahr. Das ist etwa ein Drittel des jährlichen Stromverbrauchs eines deutschen Durchschnittshaushalts. In einer Indoor-Farm fehlt diese natürliche Strahlung.
„Und sie müssen das jetzt plötzlich ersetzen. Da kommen mehrere Dinge dazu: Sie haben Wirkungsgradverluste bei den Lampen. Sie müssen dann nicht nur die tausend Kilowattstunden, sondern sogar zweitausend Kilowattstunden oder ein bisschen mehr produzieren. Und Sie haben auch noch das Problem, dass dadurch sehr viel Wärme in diesen Anlagen entsteht. Sie müssen das also auch noch wegkühlen.“
„Und sie müssen das jetzt plötzlich ersetzen. Da kommen mehrere Dinge dazu: Sie haben Wirkungsgradverluste bei den Lampen. Sie müssen dann nicht nur die tausend Kilowattstunden, sondern sogar zweitausend Kilowattstunden oder ein bisschen mehr produzieren. Und Sie haben auch noch das Problem, dass dadurch sehr viel Wärme in diesen Anlagen entsteht. Sie müssen das also auch noch wegkühlen.“
Ob der Anbau von Getreide und Gemüse mittels vertikaler Landwirtschaft momentan realistisch und wirtschaftlich rentabel ist, kommt sehr auf die Pflanze an. Salat benötigt vergleichsweise wenig Energie. Er enthält viel Wasser, und fast die gesamte Pflanze kann gegessen werden. Das Endprodukt ist zwar teurer als das Pendant vom Feld, wird aber wegen des besonderen Geschmacks im kleinen Maßstab heute schon verkauft und in Kooperation mit Start-ups auch in einigen deutschen Supermärkten angeboten.
Vertical farms könnten sogar mehr Platz brauchen
Vor allem Pflanzen, die für die Ernährungssicherheit wichtig sind, wie Getreide und Kartoffeln, haben aber einen immensen Energiebedarf. Wollte man den mithilfe von erneuerbaren Energien decken, wäre dafür ein Vielfaches der konventionellen landwirtschaftlichen Fläche nötig. Der Flächenvorteil, der bei Vertical Farms oft betont wird, ist in diesem Fall also nicht vorhanden. Um den Energieverbrauch so weit zu senken, dass vertikale Landwirtschaft in größeren Maßstäben umsetzbar wäre, müssten vielfältige Innovationen her, sagt Thomas Hamacher:
„Das Erste ist, dass man das Licht noch effizienter machen muss. LEDs sind heute schon sehr effizient, aber da gibt es noch Möglichkeiten. Dann muss man das Gesamtsystem optimieren. Und das Ultimative ist wirklich, dass man an den Pflanzen arbeitet und sagt: Vielleicht kann ich die Pflanzen so verändern, dass sie genau in dieser Umgebung noch viel effizienter das Licht und das CO2 aufnehmen können. Hier ist man sicherlich nicht an theoretischen Grenzen angelangt bisher. Da wird man in den nächsten Jahren intensiv dran arbeiten müssen.“
„Das Erste ist, dass man das Licht noch effizienter machen muss. LEDs sind heute schon sehr effizient, aber da gibt es noch Möglichkeiten. Dann muss man das Gesamtsystem optimieren. Und das Ultimative ist wirklich, dass man an den Pflanzen arbeitet und sagt: Vielleicht kann ich die Pflanzen so verändern, dass sie genau in dieser Umgebung noch viel effizienter das Licht und das CO2 aufnehmen können. Hier ist man sicherlich nicht an theoretischen Grenzen angelangt bisher. Da wird man in den nächsten Jahren intensiv dran arbeiten müssen.“
Das Team von Thomas Hamacher beschäftigt sich vor allem mit dem zweiten Punkt, der Optimierung des Gesamtsystems. Wo müssen die Lampen am besten angebracht werden? Wie groß sollten die Abstände zwischen den Etagen sein? Die Beleuchtung erzeugt konstant Wärme - könnte zum Ausgleich stromsparend mit Wasser gekühlt werden? Diese Fragen möchte das Forschungsteam in den kommenden Jahren mithilfe von Computersimulationen beantworten.
Potential der Optimierung ist noch offen
Zunächst werden die Forschenden ihre virtuellen Ergebnisse dann mit den Messungen an einem kühlschrankgroßen Modell abgleichen. Wenn dies erfolgreich ist, geht es an die Optimierung einer großen Vertical Farm. Wie hoch die Einsparungen sind, die durch eine Optimierung des Systems erreicht werden können, ist noch offen. Bis Vertical Farms in großem Maßstab eingesetzt werden, um die Ernährung zu sichern oder Fläche zu sparen, dürfte es also noch lange dauern.