"Mein Name ist Vali Meier und das ist Whoopy, Lawinenhündin..."
Auf den ersten Blick ist dies eine TV-Reportage vom Schweizer Fernsehen über einen Lawinensuchhund. Auf den zweiten Blick ist das Bild aber anders ausgerichtet als sonst. Es ist hochkant - zum Anschauen auf dem Smartphone, gefilmt von Marcel Anderwert.
"Der Gedanke dahinter ist, dass man das auf dem Smartphone besser schauen kann, wenn man das Smartphone in einer Hand hochkant hält. Und da gibt es tatsächlich bei uns im Haus sonst niemanden, der das so macht. Kameraleute filmen nicht so, die Broadcast-Fernsehsendungen brauchen das auch nicht, und darum habe ich dieses spezielle Projekt gestartet", sagt Anderwert.
Hochkant-Format für neue Zielgruppen
Der Journalist filmt schon lange einen Teil seiner Bilder für die Schweizer Tagesschau im SRF mit dem Smartphone. Aber bisher hat er es immer quer gehalten, damit die Videos auch im Fernsehen gezeigt werden können. Das neue Format soll sich nun an neue Zuschauer im Internet richten.
"Wir verlieren jedes Jahr ein paar Prozent unserer Fernsehzuschauer und Radiohörer. Von der jungen Seite her kommen keine neuen nach. Ich bin der Meinung, "Service Public" ist bei uns das Stichwort, der Dienst an der Bevölkerung, dass der natürlich beinhaltet, dass man versucht, unsere Inhalte auch an ein jüngeres Publikum zwischen 20 und 45 Jahren zu bringen.
Komplett-Umstieg auf das neue Format
Tagesschau-Reporter Anderwert produziert seit letztem Monat nur noch Hochkant-Videos. Statt sie aus dem üblichen Fernsehbild heraus zu schneiden, filmt er sie nun konsequent auch so.
"Wenn man dann einen Ausschnitt rausnimmt und den hochkant vergrößert sozusagen, dann wird die Bildqualität schlechter und man filmt auch ganz anders. Beim Hochkantformat steht der Mensch im Zentrum, man kann eigentlich sehr gut um Menschen filmen, die am meisten vertikal unterwegs sind."
Schweizer Rundfunk als Pionier
Europaweit sei das Schweizer Fernsehen damit Vorreiter bei den öffentlich-rechtlichen Sendern, sagt Anderwert. "Dass der voll aufs Handy setzt, auf Smartphone setzt, als Journalist dieses Werkzeug nutzt, um da wirklich ernsthafte Geschichten zu machen, das ist glaube ich schon noch relativ neu im Moment.
In Norwegen beim NRK und in England bei der BBC gibt es auch einzelne Projekte mit vertikalen Videos. Aber zunächst steht bei der Produktion immer das klassische Fernsehbild im Vordergrund.
In Irland sei das genau so, erklärt Philip Bromwell von der Nachrichtenredaktion des irischen Senders RTE. "Weil wir für einen Fernsehsender arbeiten, sind wir noch nicht so weit, alles vertikal zu drehen und zu schneiden. Es muss auch immer fürs Fernsehen geeignet sein."
Neues Format mit neuen Herausforderungen
In einzelnen Fällen habe er zwar auch direkt hochkant gefilmt, aber das sei immer auch eine besondere Herausforderung, weil man sich in die Technologie, die künstlerische Gestaltung und die Wahrnehmung auf dem Smartphone neu eindenken muß, so Bromwell.
Auch in Deutschland produziert die Tagesschau regelmäßig Hochkant-Videos für ihre App. Aber die Bilder werden mit einer eigens entwickelten Software immer aus den TV-Bildern herausgeschnitten.
Hochkant-Experimente auch in Bayern
Beim Bayerischen Rundfunk in Nürnberg setzt man dagegen künftig auf vertikale Smartphonevideos, die über den Dienst Instagram veröffentlicht werden, erklärt Heike Stiegler. "Das ist der Plan, täglich eine Story zu machen. Das ist im Augenblick noch nicht ganz möglich, weil wir die Ressourcen noch nicht haben. Also das heißt, es muss erst Personal dazu ausgebildet werden, es müssen Kollegen lernen, wie Instagram überhaupt funktioniert. Die Bildsprache ist halt doch anders als beim klassischen TV-Format."
Deshalb sollen auch in Franken künftig nicht mehr einfach Fernsehbilder umgearbeitet, sondern von Anfang an hochkant auf dem Smartphone gedreht werden. "Sinnvoll ist es immer, das Ganze im Hochkantformat direkt zu drehen, weil es einfach doch ein bisschen eine andere Bildsprache ist", meint Stiegler.