Die Ulmer Forschergruppe um Lea Krutzke meldet sich mit einer Studie zu Wort, die als Preprint veröffentlicht wurde, also noch nicht den Begutachtungsprozess eines Fachjournals durchlaufen hat. Krutzke sagte im Dlf, dass man einen relativ großen Anteil an humanen Eiweißen in drei Chargen des Astrazeneca-Vakzins nachweisen konnte - außerdem nicht strukturelle virale Proteine, die ebenfalls nicht im Endprodukt nachweisbar sein sollten. Obwohl nur drei Chargen untersucht wurden, halten die Forscher ihre Studie für repräsentativ. In einer vierten Charge habe man das gleiche Ergebnis beobachtet.
Die humanen Eiweißverbindungen seien bei der Produktion des Vektorvakzins von Astrazeneca in dieses hineingelangt. Vektorimpfstoffe nutzen harmlose Viren als Träger genetischer Informationen des SARS-CoV-2-Virus. Im Fall von Astrazeneca ist das ein ungefährlichen Schimpansen-Schnupfenvirus.
"Diese adenoviralen Vektorpartikel werden mithilfe von humanen Zellen angezüchtet. Sie vermehren sich in diesen humanen Zellen und müssen im Anschluss bei der Aufreinigung von den humanen Bestandteilen wieder abgetrennt werden." Dabei scheint eine unvollständige Aufreinigung stattgefunden zu haben, sodass viele humane Eiweiße in das Endprodukt gelangt sind. Bei den untersuchten Astrazeneca-Chargen seien das außergewöhnliche Mengen gewesen.
Verunreinigungen haben vermutlich keine Langzeiteffekte
Dabei können man bei adenoviralen Vektoren die Vakzine mittlerweile bis zu einem sehr hohen Grad aufreinigen. Wenn man die Prozesse verbessere, sei es definitiv möglich, die Aufreinigung zu verbessern, sagte Krutzke. Zudem müssten die Methoden, mit denen die Qualitätsstandards überprüft werden, angepasst werden. "Es ist möglich, dass aufgrund dieser unzureichenden Methoden die Verunreinigung schlicht nicht nachgewiesen werden konnte." Dafür seien die Regulierungsbehörden als letzte Instanz, die die Zulassung ausspricht, verantwortlich - in diesem Fall wäre das die europäische Zulassungsbehörde EMA.
Welche Wirkung diese Proteine im Körper entfalten können, sei noch nicht abschließend zu beurteilen, erklärte Krutzke. Die Forscher seien sich aber sehr sicher, dass die starken Impfreaktionen, die ein bis zwei Tage nach der Impfung auftreten können, auf die Verunreinigungen zurückzuführen seien - also etwa Kopfschmerzen, Fieber und andere grippeähnlichen Symptome, die in Zusammenhang mit einer Astrazeneca-Impfung sehr häufig auftreten. Langzeiteffekte vermuten die Forscher nicht.
"Das gleiche gilt für die Sinusvenenthrombosen - auch hier vermuten wir Stand jetzt keine direkte Verbindung mit den Verunreinigungen." Man könne dies zwar nicht ausschließen, aber die Sinusvenenthrombosen seien ja auch bei anderen Impfstoffen aufgetreten, wenn auch seltener als bei Astrazeneca. "Wir gehen davon aus, dass diese Verunreinigungen kein direktes Risiko darstellen. Man muss sich jetzt keine massiven Sorgen machen, dass man etwas Schlechtes gespritzt bekommen hat", betonte Krutzke.