Die Pandemie hat ein "alternatives Szenario" möglich und erlebbar gemacht. Nämlich, wie es ist, wenn nicht so viele Flüge zustande kommen, wenn Branchen zur Ruhe kommen, Konsum sich verlangsamt. Lange hieß es, "das sei nicht durchsetzbar", meint Konsumforscher Dirk Hohnsträter. "Plötzlich erleben die Menschen, dass es anders machbar" ist. Auch, wenn diese Verhältnisse durch die Pandemie erzwungen wurden, hätten die Menschen eine "andere Erfahrung gemacht".
Trends haben sich verstärkt
Hohnsträter gibt zu bedenken, das Eine seien "kurzfristige Veränderungen, wie wir sie bei Lieferengpässen erleben". Streamingdienste etwa boomen. "Das sind konjunkturelle Schwankungen." Bestehende Trends haben sich verstärkt. Dazu zählen die Digitalisierung, dass Menschen im Internet vermehrt einkaufen. Andererseits gebe es die Regionalisierung, vermehrt lokale Produkte zu kaufen. Diese Trends würden verstärkt.
Krise als "Weltanschauungsverstärker"
Auf die Frage, ob die Pandemie ein veränderters Sozialverhalten auf Dauer zur Folge habe und was sich in der Kultur tiefgreifend geändert habe, antwortet Hohnsträter: "Ich habe eher sogar den Eindruck, dass die Krise so eine Art Weltanschauungsverstärker ist. Also, dass die Menschen ihre Position, die sie zum Konsum haben, jetzt durch die Krise noch mal bestätigt kriegen. Also diejenigen, die schon immer sagten, das muss weniger werden, wir müssen entschleunigen und so weiter, die sagen, jetzt ist die Gelegenheit. Während andere, die sagen, na ja, jetzt sieht man mal, was passiert, wenn wir das Ganze zum Halten bringen." Diese Positionen seien durch die Krise katalysiert worden.
Nachdenken über das eigene Verhalten
Verändert Corona das Konsumverhalten, werden nachhaltige Spuren bleiben? Dazu Hohnsträter: "Ich denke schon, dass viele Menschen die Gelegenheit des Lockdowns nutzen, um nachzudenken, über ihr Verhalten." In der Konsumtheorie würde zwischen Bedürfnissen und Begehrnissen unterschieden. Bedürfnisse kämen nach Befriedigung zur Ruhe. Begehrnisse steigern sich, selbst wenn sie erfüllt werden. "Diese Art von Konsum war sehr prägend in den letzten Jahrzehnten in der Wohlstandsgesellschaft", sagt Hohnsträter. Die "Erlebnistiefe" spiele aber zunehmend eine größere Rolle als die Quantität.