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Verzweifelte Suche nach Wegen aus der Krise

Um "Paid Content", also bezahlte Online-Inhalte, geht es derzeit in vielen Medienhäusern Amerikas. Vor allem die Zeitungs- und Magazinverlage suchen nach neuen Geschäftsmodellen. Das neue Unternehmen Journalism Online weist hier den Weg.

Von Gerti Schön |
    Das Modell von Journalism Online funktioniert so: Man muss für generellen Content, also die Nachrichten vom Tage weiterhin nichts bezahlen, die bekommt man ja von 1000 anderen Quellen. Wenn es aber an Fachinformationen geht, soll das anders werden. Schon jetzt legen Abonnenten von Finanzzeitungen wie der "Financial Times" und dem "Wall Street Journal" satte Monatsgebühren hin.

    Das könnte genauso mit lokalen Infos, Verbrauchertests, Insiderberichten aus der Hauptstadt Washington, speziellen Videoclips für Heimwerker oder Meldungen für Hardcore-Sportfans gehen. Die bisherige Haltung, dass alles im Internet kostenlos sein muss, soll nach Meinung von Gordon Crovitz, früherer Verleger des Wall Street Journals sehr bald ein Ende haben.

    Crovitz: "Die Zukunft des Internets wird davon bestimmt sein, dass man für Inhalte wieder bezahlen muss. Nachdem die meisten Verlage vor Jahren einen Weg gewählt haben, der ihnen nur kümmerliche Umsätze bescherte, scheint dies außer Frage zu stehen. Zeitungen, Magazine und andere Publikationen können sich nicht ausschließlich auf Anzeigen verlassen.

    Wir brauchen zusätzliche Unterstützung von den Lesern. Und wir glauben, dass auch die Werbekunden schon bald kostenpflichtigen Content bevorzugen werden, weil zahlende Leser von den Anzeigenkunden in der Regel höher geschätzt werden."

    Publikationen wie die New York Times oder Newsweek planen schon jetzt, für einen Teil ihrer Inhalte wieder Geld zu verlangen. Die Times will den Content für Mobiltelefone kostenpflichtig machen. Den meisten schwebt dabei eine Mischform vor. Die Financial Times etwa bietet ihren Lesern zehn Artikel im Monat kostenlos an. Wer darüber hinaus an mehr Content interessiert ist, muss zahlen. Chris Anderson, der in seinem Buch "Free" über die rasante Ausbreitung kostenloser Waren schreibt, erklärt wie dieses sogenannte "Freemium"-Modell in der Verlagsbranche aussehen könnte.

    Anderson: "Freemium ist die Kombination von Free und Premium, also man vergibt 90 Prozent seiner Inhalte umsonst und verlangt für 10 Prozent besonders attraktiven Contents Geld. So machen es zum Beispiel das ‚Wall Street Journal’ oder die ‚Financial Times’.

    Jene, die die Zeitung mehr nutzen, müssen bezahlen. Auf eine gewisse Weise bestrafen sie damit ihre besten Kunden, was ihnen jedoch nichts ausmacht, weil sie diese Infos unbedingt haben wollen. Am Ende haben diese loyalen Nutzer ihre Zeit und ihre Aufmerksamkeit vergeben, und Zeit ist heutzutage das Wertvollste was man hat. Geld wird damit fast irrelevant."

    Journalism Online bietet diesen Freemium Content in gebündelter Form an. Die Plattform hat schon jetzt über 1200 Publikationen aus der ganzen Welt an Bord, deren Inhalte ab Dezember über die Webseite Journalism Online.com verfügbar gemacht werden. Das Angebot reicht von überregionalen und lokalen Zeitungen bis hin zu Special Interest Magazinen. Obwohl auch andere Internetorganisationen wie Google demnächst gleichartige Services anbieten werden, kann sich Journalism Online über schrumpfendes Interesse seitens der Verleger nicht beklagen. Unternehmens-Mitbegründer Gordon Crovitz.

    Crovitz: "Die Überzeugungsarbeit für das Modell wird immer leichter, weil die Diskussion um bezahlten Content heute weitaus intensiver ist als noch vor sechs Monaten. Es geht nicht mehr um das ‚Ob’, sondern um das ‚Wie’. Indem die Verleger unser 'Freemium'-Modell nutzen können sie mehr Umsatz machen ohne Leser oder Werbeeinnahmen zu verlieren.

    Indem sie das kostenfreie Onlinemodell abschaffen, werden außerdem die Printausgaben der Zeitungen wieder aufgewertet. Im Moment sorgt die gegenwärtige Praxis, die gleichen Inhalten online anzubieten, die in der Printausgabe kostenpflichtig sind dafür, dass viele Leser ihr Abonnement kündigen, weil sie den Wert darin nicht sehen."

    Die Leser von Journalism Online können von sich aus einer Reihe verschiedener Abo-Optionen aussuchen, für wessen Content sie bezahlen möchten. Die Chancen auf einen Erfolg des Modells sind jedoch fraglich: Laut einer Umfrage der Boston Consulting Group ist knapp die Hälfte der Amerikaner bereit, für Internetcontent zu bezahlen. Allerdings nur drei Dollar pro Monat. Dafür bekommt man vielleicht zehn Zeitungsartikel und zwei Fachberichte. Aber eben auch schon fast ein ganzes Buch.