Machtkampf beim VfB Stuttgart
Journalist Holbein: "Es gibt keinen Gewinner"

Trotz der erfolgreichen Saison gibt es Ärger beim VfB Stuttgart. Grund ist ein Machtkampf um Mitspracherecht im Verein. Die Fans fürchten den Verlust von Einfluss und fordern den Rücktritt des Präsidiums, sagte Journalist Johannes Holbein im Dlf.

Johannes Holbein im Gespräch mit Christian von Stülpnagel |
Die Fanszene des VfB Stuttgart zeigen im Spiel gegen den 1. FC Heidenheim ein Banner mit der Aufschrift: "Die einzige Stellungnahme, die uns interessiert, lautet: "Rücktritt des Präsidiums".
Die organisierten Fans des VfB Stuttgart forderten im Spiel gegen den 1. FC Heidenheim den Rücktritt des Präsidiums. (IMAGO / Pressefoto Baumann / IMAGO / Hansjürgen Britsch)
Sportlich spielt der VfB Stuttgart eine herausragende Saison und steht als Tabellendritter der Fußball-Bundesliga vor dem Einzug in die Champions League. Trotzdem herscht Ärger bei den Fans. Grund ist ein Machtkampf um das Mitspracherecht im Verein.
"Es geht um die Frage, wer hat eigentlich das Sagen beim VfB Stuttgart und konkret darum, wie viel Einfluss der eingetragene Verein auf die Aktiengesellschaft hat, die sich um den Profifußball kümmert", erklärte der Journalist Johannes Holbein im Deutschlandfunk.

Aufsichtsratsvorsitzender Vogt plötzlich abberufen

2017 hat der VfB Stuttgart die Profi-Abteilung in eine AG ausgegliedert, um Anteile verkaufen zu können. Die große Mehrheit der Mitglieder hat damals für diese Ausgliederung gestimmt. Dabei gab es ein Versprechen vom Verein: Der Aufsichtsratsvorsitzende der AG solle immer der aktuelle Präsident des Vereins sein, und nicht von den externen Investoren gestellt werden. Bis vor Kurzem war das auch so, doch Mitte März sprach der Aufsichtsrat auf einer außerordentlichen Versammlung Claus Vogt mehrheitlich das Misstrauen aus und berief ihn ab. Seitdem führt Tanja Gönner den Aufsichtsrat und damit erstmals seit 2017 eine nicht von den Mitgliedern gewählte Person. "Und da haben natürlich die Mitglieder das Gefühl: Ok, wir verlieren immer weiter an Einfluss und deshalb kocht die Situation gerade hoch", sagte Holbein.
Laut Holbein fordern die organisierten Fans des VfB in der "Cannstatter Kurve" nun den Rücktritt des Präsidiums. "Das Vertrauen ist verloren gegangen, aber sie sind auch sehr kritisch mit den Investoren und dem gesamten Aufsichtsrat. Ich glaube, das große Problem ist, dass der VfB Stuttgart es nicht schafft, mit einer Stimme zu sprechen und es nicht schafft, glaubhaft zu machen, dass er wirklich 50+1 lebt. Aber man muss sagen, dass die Mitglieder am ehesten Einfluss auf das Präsidium haben, weil das wählen sie direkt. Und deswegen richtet sich die konkrete Kritik auch an das Präsidium."

"Die Glaubwürdigkeit ist verloren gegangen"

Dabei hatte gerade Präsident Vogt vor dem steigenden Einfluss der Investoren gewarnt und sich für die Einflussnahme der Fans ausgesprochen. "Aber die Glaubwürdigkeit ist verloren gegangen", sagte Holbein. "Das liegt daran, dass sich beim VfB Stuttgart ganz unterschiedliche Menschen zu Wort melden. Claus Vogt ist isoliert und separiert und das ist genau das, was die Fans nicht wollen. Sie wollen ein starkes Präsidium. Ein Präsidium, das sich für die Mitglieder einsetzt und nicht, dass der eine das sagt und der andere macht jenes. Es wirkt ein wenig so, als würde Claus Vogt das sagen, was die Fans hören wollen, aber als würde er das nicht wirklich leben."
Einen Gewinner gebe es aus Sicht der Fans nicht, sagte Holbein: "Was das Präsidium angeht, was den Aufsichtsrat angeht, was den Vorstand angeht ist mein Eindruck, dass die Fans einfach misstrauen. Aussagen die getroffen werden, sind vielleicht schon zwei Wochen später nicht mehr gültig."

Rücktritt vom Präsidium könnte im Chaos enden

Die Vizepräsidenten Rainer Adrion und Präsidiumsmitglied Christian Riethmüller wollen nun auf der nächsten ordentlichen Mitgliederversammlung die Vertrauensfrage stellen. Darauf wollen die Fans jedoch nicht warten, sagte Holbein. "Die wollen auch keine Vertrauensfrage. Die wollen den Rücktritt."

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Einen Ausweg zu finden sei schwierig, sagte Holbein. "Ich habe mit verschiedenen Juristen gesprochen und die sagen mir, ein Rücktritt vom kompletten Präsidium ist in der Satzung gar nicht vorgesehen und könnte im Chaos enden. Dann hat der Vereinsbeirat, wieder so ein Gremium, größere Macht. Wenn jetzt alle drei wirklich zurücktreten würden, könnte das ganz schön chaotisch werden."
Deshalb sei die Mitgliederversammlung im Juli ein Ausweg, sagte Holbein. "Dann abzuwarten, was bei der Vertrauensfrage herauskommt und dann im Zweifel eben Abwahlanträge zu stellen und das Präsidium abzuwählen, ist das, was ich als Lösung sehe. Aber ich habe nicht das Gefühl, dass die Cannstatter Kurve damit jetzt zufrieden zu stelllen ist. Was wirklich wichtig ist in Zukunft beim VfB Stuttgart ist, dass es wieder gelingt mit einer Stimme zu sprechen, transparent zu sein und die Mitglieder wirklich ernsthaft und ehrlich einzubinden."