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Via Dolorosa
Der Kreuzverleiher von Jerusalem

Mazen Kanaan verleiht Kreuze an Pilger, die den Kreuzweg Jesu in Jerusalem gehen. Die anhaltenden Konflikte im Nahen Osten machen ihm das Geschäft schwer. Der Muslim hofft auf ruhigere Zeiten, damit wieder mehr Christen die Reise in das Heilige Land antreten.

Von Christian Wagner |
    Christen pilgern am Karfreitag mit Kreuzen auf der Via Dolorosa in Jerusalem.
    Christen pilgern am Karfreitag mit Kreuzen auf der Via Dolorosa in Jerusalem. (Imago / EPD)
    "Ich verleihe Kreuze an die Pilger", sagt Mazen Kanaan, "damit sie den Kreuzweg gehen können". Er sagt das mit großer Selbstverständlichkeit und behält im Gedränge der Jerusalem-Besucher den Überblick. Eine Gruppe kommt gerade aus der Franziskaner-Kapelle heraus. Erst wollen sie kein Kreuz, dann werden sie sich doch einig. 200 Shekel, knapp 50 Euro bekommt Mazen vom Reiseleiter der Gruppe in die Hand gedrückt. Feste Preise für die Pilger-Kreuze habe es aber noch nie gegeben:
    "Das Geschäft haben wir in der Familie weitergegeben. Mein Großvater hat schon Kreuze verliehen, dann mein Vater und mein Onkel."
    Viele Kreuze bleiben ungenutzt
    Insgesamt hat Mazen 50 solcher mannshohen Kreuze, mit denen christliche Pilger auf dem Leidensweg Christi in dessen Rolle schlüpfen können. Das älteste ist schon über 100 Jahre alt. Wenn die Via Dolorosa voll ist mit Menschen, fällt so ein Kreuz schon mal herunter. Die notwendigen Ausbesserungen erledigen die Kanaans selbst. Jetzt stehen die Kreuze bereit, aber sie sind längst nicht alle im Einsatz:
    "Es sind nicht viele Touristen in diesem Jahr. Viel weniger als all die Jahre zuvor. Wegen der politischen Situation hier in Nahost. Es läuft schlecht. 1999, 2000, das waren die guten Jahre. Da hat man hier noch über Frieden geredet. Da hat sich noch was entwickelt."
    Aber gerade nach dem Gaza-Krieg im vergangenen Sommer und einer Reihe von Anschlägen in Jerusalem haben viele Pilgergruppen ihre Reise abgesagt. Die, die trotzdem kommen, sind aus Lateinamerika, aus Italien, Frankreich wie aus Deutschland. Aber auch arabische Christen kommen zu Mazen und nehmen eines seiner Kreuze. Er als Moslem ist im Pilgerstrom der verschiedenen christlichen Konfessionen so etwas wie die neutrale Kraft.
    "Noch zur Zeit des Osmanischen Reichs gab es mal Streit zwischen Katholiken und Orthodoxen, wer denn die Kreuze verleihen dürfte. Sie haben sich dann darauf geeinigt, dass eine muslimische Familie die Kreuze verleihen soll, und so ist es geblieben."
    Vier bis fünf Kreuze auf einmal
    Zu Mazens Aufgabe gehört es auch, die Holzkreuze von der letzten Station des Kreuzwegs in der Grabeskirche wieder zurückzubringen. Vier oder fünf schafft er auf einmal, sagt er, kein Problem, auch im dichten Gedränge des Karfreitags.
    Eine Woche später ist dann noch einmal Ostern, wenn die Orthodoxen die Auferstehung Christi feiern. Da hofft Mazen noch einmal auf mehr Nachfrage. "Aber nur, wenn sich die Lage in Nahost insgesamt beruhigt, wird es wieder mehr Touristen, mehr Pilger geben", darauf hofft Mazen, der Kreuzverleiher in der Via Dolorosa.