Archiv

Videonale in Bonn
Künstler als Investigativreporter

Der immer dichtere Informationsdschungel aus Fernsehen, Radio, Zeitung und Internet ist Thema des Kunstfestivals Videonale in Bonn. "Die Vielzahl von Filterblasen führt dazu, dass kein Dialog mehr stattfindet", sagte Kuratorin Tasja Langenbach im Dlf. Prominentes Beispiel: die Nazi-Terrorzelle NSU.

Tasja Langenbach im Corsogespräch mit Susanne Luerweg |
Das Video "The Walker" des taiwanesischen Künstlers Su Hui-Yu zeigt einen Mann, der in einen Müllsack eingewickelt ist und leuchtende Hörner auf dem Kopf trägt
"The Walker": Ein Video des taiwanesischen Künstlers Su Hui-Yu (Videonale Bonn)
Junge Menschen schauen kein klassisches Fernsehen mehr, sie streamen Serien und sie gucken Videos - vorzugsweise auf YouTube. Das Video als Informationsquelle, als politisches und künstlerisches Medium, ist aber gar nicht so jung wie die neuen Plattformen, und so gibt es auch die Bonner Videonale schon seit mehr als 30 Jahren. Das Event versteht sich selbst als "Festival für Video und zeitbasierte Kunstformen" und findet alle zwei Jahre statt. In diesem Jahr unter dem Motto: "Refracted Realities" - frei übersetzt - "gebrochene Wirklichkeiten".
Mit neuer Ästhetik auf Missstände aufmerksam machen
"Es gibt viele Möglichkeiten, sich mit der Realität auseinanderzusetzen", sagte Tasja Langenbach, Kuratorin der Videonale, im Deutschlandfunk. Der Eindruck sei, dass die Flut an Quellen zu einer Polarisierung führe, und die Videonale wolle unter anderem zeigen, was dies mit uns macht.
Die Künstlerinnen und Künstler nutzten die Möglichkeit, neue Fakten zur Sprache zu bringen und mit Hilfe einer anderen Ästhetik auf Missstände aufmerksam zu machen. Sie übernähmen hin und wieder fast die Rolle der Presse - aber sie böten andere Perspektiven an, so Langenbach. Beispielsweise zeige das Video "Tiefenschärfe", das sich mit den NSU-Tatorten und -Tätern auseinandersetzt, gekippte Bilder, rücke die Wahrnehmung in ein anderes Licht und nenne laut und deutlich die Namen der NSU-Opfer in Nürnberg.
Mehr als Youtubevideos und Selfies
Auch wenn das Internet Künstler*innen als Inspirationsquelle diene, entstünden am Ende keine YouTube-Videos; und es würde nicht die Selfiekultur befeuert. Vielmehr setzen sich die Kreativen auf profunde Art mit den Themen unserer Zeit auseinander, sagte Langenbach. Die Videonale könne zeigen, was die Bilder- und Informationsflut auslöse, der vor allem auch Jugendliche sehr stark ausgesetzt seien.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.