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Videospiel „A Plague Tale: Innocence“
Kinder an die Macht!

Klein, schwach, hilflos: In „A Plague Tale: Innocence“ irrt man als Kind durch das düstere und pestverseuchte Frankreich des Mittelalters, das vom Hundertjährigen Krieg gezeichnet ist. Eine interessante Umgebung - und dennoch ist die Geschichte eher für Spielerinnen und Spieler mit Frust-Resistenz.

Von Christian Schiffer |
„A Plague Tale: Innocence“
In dem Spiel „A Plague Tale: Innocence“ begibt sich die 14-jährige Amicia mit ihrem Bruder an der Hand durch das düstere Frankreich des Mittelalters. (© 2019 Asobo Studio and Focus Home Interactive)
"Folge mir, Töchterchen!"
"Hey, warte!"
"Ich hoffe, Du hast die Schleuder dabei!"
"Natürlich!"
Frankreich im Jahr 1349: Ein malerischer Mischwald, wunderschöne Schmetterlinge, verträumte Lichtungen, Sonnenstrahlen bahnen sich ihren Weg durch die Baumkronen und tauchen die Szenerie in warmes Licht. Die 14-jährige Amicia geht mit ihrem Vater spazieren - und zwar durch den vielleicht schönsten Wald, den das Medium Computerspiel jemals hervorgebracht hat. Doch natürlich bleibt es in "A Plague Tale: Innocence " nicht lange so idyllisch und friedlich.
"Hugo, komm' mit!"
"Tötet die Schwester! Den Jungen brauchen wir lebend!"
"Soldaten, hier lang!"
"Was ist los, wo ist Mama?"
"Sie kommt später nach. Lauf!"
Historische Reise durch ein morbides Frankreich
Schergen der Inquisition zertrümmern innerhalb kurzer Zeit jegliche Beschaulichkeit und machen Jagd auf Amicia und ihren kleinen Bruder Hugo. Mit Hugo an der Hand beginnt nun eine aufreibende Reise durch ein morbides Frankreich, das vom Hundertjährigen Krieg genauso gezeichnet ist wie von der Pest. Das Ziel: Irgendwie überleben und herausfinden, warum die Inquisition hinter den Kindern her ist. Massenweise wuseln bei "A Plague Tale: Innocence" Ratten über den Bildschirm und verwandeln mancherorts den französischen Mittelalter-Boden in einen pulsierenden, nagenden und – vor allem – tödlichen Untergrund.
Gegen Ratten helfen Feuer und Blitze. Um an ihnen vorbei zu kommen, muss manches Rätsel gelöst werden. Ähnliches gilt für die menschlichen Gegner, die man, insbesondere am Anfang, mit Töpfen und Steinen ablenkt:
"Da drüber sind Töpfe, ich könnte rüber und sie ablenken."
"Alleine?!"
"Ja, dann habt ihr mehr Zeit!"
"Ludonarrative Dissonanz" - so nennt man es, wenn in Computerspielen auf der spielmechanischen Ebene Dinge passieren, die nicht zum Charakter oder zur Handlung passen. Da werden aus eigentlich nachdenklichen und sensiblen Charakteren plötzlich Tötungsmaschinen, weil es eben besser zum Gameplay passt. In diese Falle tappt "A Plague Tale: Innocence" nicht.
Aus kindlicher Perspektive
Wir schlüpfen in die Haut von Kindern, und es fühlt sich dann auch so an: Wir sind schwach, wir sind klein und wir sind ist manchmal auch hilflos. Das kann immer wieder zu einigem Frust führen, dafür ist es dann aber umso befriedigender, wenn wir die gepanzerten Soldaten wieder einmal austricksen.
"Oh nein, sie haben den Weg zum Hof versperrt!"
"Sag' Senieur Nicolas, dass die Straße gesperrt ist. Personen und Fuhrwerke sollen angehalten und durchsucht werden."
"Und wonach suchen wir genau?"
"Nach einem fünfjährigen Jungen; braunes Haar, blaue Augen".
"A Plague Tale: Innocence" ist ein atmosphärisch dichtes, morbides, cleveres Spiel, das aber - trotz des furiosen Beginns - ein wenig schwer in die Gänge kommt. Wer aber gerne schleicht und rätselt und eine gewisse Frust-Resistenz mitbringt, für den lohnt sich der Ausflug in das pestverseuchte Frankreich des 14. Jahrhunderts aber trotzdem.