Gleich zwei Gruppen haben sich vor Beginn der Hauptversammlung mit ihren Plakaten aufgestellt. Der Betriebsrat von Daimler fordert: "Keine Zweiklassen-Belegschaft." Leiharbeiter sollten fest angestellt werden. Und die Gruppe der Kritischen Aktionäre spricht sich gegen die Geschäfte von Daimler im Waffensektor aus. Zwar hat der Konzern im vergangenen Jahr seine Beteiligung an dem Rüstungskonzern EADS auf 7,5 Prozent halbiert, aber das genügt Paul Russmann nicht.
"Daimler hält auch noch an der Tognum AG 50 Prozent. Das ist eine Firma, die am Bodensee ist und zum Beispiel Motoren für Kriegsschiffe und für den "Leopard 2"-Panzer produziert, der ja nach Saudi-Arabien geliefert wird."
Die Tür einer neuen E-Klasse innerhalb der Messehallen schlägt zu. Gunter Grossmannn testet gerade das silberglänzende Modell. Der Rentner hält seit Ende der 90er Jahre Daimler-Anteile. Mit dem heutigen Aktienstand von 42 Euro sei er nicht zufrieden.
"Mit der Entwicklung der Aktie nicht. Ich meine, was gut ist, ist die Dividende, die gezahlt wird. Die ist relativ hoch, aber mit dem Aktienkurs, da wäre es schon wünschenswert, wenn der zulegen würde."
Der Aktienkurs von BMW hat sich in den vergangenen zehn Jahren verdoppelt. Bei Volkswagen mit der Marke Audi sogar vervierfacht. Hier sehen sich die Daimler-Aktionäre im Hintertreffen.
"Meine sehr geehrten Damen und Herren. Ich eröffne hiermit die ordentliche Hauptversammlung der Daimler AG und begrüße Sie recht herzlich."
Aufsichtsratsvorsitzender Manfred Bischoff blickt in den gefüllten Saal 1. Daimler will bis 2020 auch wieder auf den ersten Platz: im Pkw-Oberklasse-Segment. Eine Schlüsselrolle hat laut Bischof der weltweit wichtigste Markt: China. Dafür schaffe der Konzern nun einen neuen Vorstandsposten. Im Jahr 2020 werde jedes dritte Auto in China verkauft, sagt auch Dieter Zetsche. Der Vorsitzende des Vorstandes steht in der Kritik. Darauf reagiert er mit Produktinnovationen. 13 völlig neue Pkw-Modelle sollen auf den Markt kommen. Aber auch in die etablierten Segmente setzt er große Hoffnungen.
"Heute in fünf Wochen, am 15. Mai, ist es so weit. Wir stellen die neue S-Klasse vor. Ein Auto, das nicht nur wir seit über 40 Jahren für das beste der Welt halten. Ein Modell, das für Mercedes-Benz wichtiger ist, als jedes andere."
Ein Erfolg ist nötig. Zwar gehe es Daimler im historischen Vergleich gut. Der Konzern hat im vergangenen Jahr so viele PKW verkauft wie noch nie. Auch der Umsatz war persönlicher Rekord. Aber in den Absatzzahlen sind Audi und BMW in den vergangenen Jahren vorbeigezogen. Das wurmt die Stuttgarter:
"Wir sind Daimler. Wir wollen nicht nur besser werden, als wir gestern oder vorgestern waren. Wir wollen die Konkurrenz schlagen. Dauerhaft!"
Vorstandsvorsitzender Zetsche verspricht Besserung – aber erst ab 2020. Das ärgert viele Aktionäre. Sie wollen eine schnellere Entwicklung und Kostensenkungen. Bei der anschließenden Generaldebatte verlangen einige ein Ende des teuren Engagements in der "skandalumwitterten Formel 1". Außerdem sprechen sich viele gegen neue Frauen im Aufsichtsrat aus, die keine ausgewiesene Automobil-Expertise haben. Und Aktionäre bezeichnen die hohen Pensionsverpflichtungen – allein 40 Millionen Euro für Dieter Zetsche – als "tickende Zeitbombe".
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