Durch das Rentenpaket II soll festgeschrieben werden, dass das Rentenniveau bis zum Jahr 2039 nicht unter 48 Prozent des Durchschnittslohns fällt. Daher wird mit Beitragserhöhungen gerechnet. Geplant ist zudem, mit dem sogenannten Generationenkapital eine Aktienrente einzuführen. Sie soll ab Mitte der 2030er Jahre durch die Erträge eines überwiegend aus Krediten finanzierten 200-Milliarden-Euro-Fonds die Rentenversicherung entlasten.
Heil (SPD): Beitragssatz wird voraussichtlich noch einige Jahre stabil bleiben
Bundesarbeitsminister Heil (SPD) erklärte, die Koalition setze ein klares Zeichen für Leistungsgerechtigkeit. Fleißige Menschen bekämen auch in Zukunft nach einem Leben voller Arbeit eine stabile Rente, so Heil. Er gehe davon aus, dass der Beitragssatz noch einige Jahre stabil bleiben werde. Ende der 2020er Jahre werde er aber voraussichtlich aufgrund der Altersentwicklung ansteigen.
Ähnlich hätte sich zuvor die SPD-Co-Vorsitzende Esken geäußert und betont, dass das Vorhaben finanziell tragfähig sei. Esken führte im Deutschlandfunk aus, durch eine höhere Zahl von Beitragszahlern könne man die Rente auch in Zukunft stabil halten. Die Bundesregierung erleichtere deshalb die Zuwanderung von Fachkräften. Zudem gelte es, Betreuungsangebote auszubauen, um mehr Frauen die Arbeit in Vollzeit zu ermöglichen.
Der stellvertretende Fraktionsvorsitzender der Grünen, Audretsch, erklärte, mit dem Rentenpaket würden vor allem Frauen geschützt, die besonders stark von Altersarmut bedroht seien. FDP-Fraktionschef Dürr sagte dem Sender RBB, die Finanzierung der Rente werde durch die Einführung eines Generationenkapitals abgesichert. Dies sei eine "Jahrhundertreform". Bundesfinanzminister und FDP-Parteichef Lindner sprach von einem "Meilenstein der Rentenpolitik", stellte jedoch bereits weitere Reformen in Aussicht mit dem Ziel, die Rentenbeiträge für Arbeitnehmer zu begrenzen.
Breite Kritik am Reformvorhaben
Kritiker sehen das Vorhaben als unzureichend und zu teuer an. Der Vorsitzende der Jungen Union, Winkel, sagte im Deutschlandfunk, bisher seien höhere Lasten fair zwischen Beitragszahlern und Rentnern verteilt worden. Nun würden die Rentner aber daraus entlassen. Damit werde der Generationenvertrag aufgekündigt. Der CDU-Rentenexperte Whittaker kritisierte, die Ampel zocke mit der Rente, weil die Aktien auf Pump finanziert würden. "Jeder Paketshop ist solider finanziert als dieses Rentenpaket", so Whittaker. Die ehemalige Linke-Politikerin Wagenknecht sprach von einer "Casino-Rente".
Der Präsident des Bundesverbands der Deutschen Arbeitgeberverbände, Dulger, hatte vor dem Kabinettsbeschluss der "Bild"-Zeitung gesagt, es handele sich um das "teuerste Sozialgesetz des Jahrhunderts". Es sei in den nächsten 20 Jahren mit Mehrkosten in Höhe von rund 500 Milliarden Euro zu rechnen. Die Zeche zahle die jüngere Generation. Er wundere sich, dass junge Menschen nicht massenhaft gegen die Reform protestierten.
Die Vorsitzende des Sachverständigenrats zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, Schnitzer, erklärte in der "Rheinischen Post", das Rentenpaket II sei nicht generationengerecht und schon gar nicht der benötigte große Wurf, um das Rentensystem langfristig zu stabilisieren.
Langer Streit in der Ampelkoalition
Auch innerhalb der Ampelkoalition ist das Projekt umstritten. Dass die Vorlage des Rentenpakets so lange gedauert hat, lag auch an der skeptischen Haltung der Grünen zum Einstieg für die Rente in den Aktienmarkt. Die FDP wiederum fordert stärkere Arbeitsanreize im Alter und ein Ende der abschlagsfreien Rente mit 63 aus Rücksicht auf die jüngeren Generationen, die durch höhere Beiträge einen Kaufkraftverlust hinnehmen müssen.
Nachdem mehrere Ministerien von SPD und Grünen die Finanzvorgaben Lindners zunächst nicht einhielten, verzögerte dieser die Verabschiedung des Rentenpakets. Nach dem Kabinettsbeschluss soll der Gesetzentwurf nun der Bundestag beraten werden.
Diese Nachricht wurde am 29.05.2024 im Programm Deutschlandfunk gesendet.