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Viel Wind um Nichts

Hoher Schuldenstand, Rückgänge bei Gewinn und Umsatz: E.on-Chef Johannes Theyssen hat für das dritte Quartal schlechte Zahlen vorzuweisen. Trotzdem gibt er sich stolz und selbstbewusst. Die Windflotte gehöre zu den ertragsstärksten im Markt. Die Börse reagiert positiv.

Von Jörg Marksteiner |
    Konzerne haben große Erfahrung darin, auch schlechte Nachrichten gut klingen zu lassen: Und so teilte Deutschlands größter Energieversorger heute mit, das Geschäft laufe im Rahmen der Erwartungen. Heißt übersetzt: so schlecht wie erwartet.

    Von den Gewinnen früherer Jahre ist E.on meilenweit entfernt. Nach neun Monaten steht zwar, wenn man Bewertungseffekte rausrechnet, immerhin noch ein Nettogewinn von knapp zwei Milliarden Euro in den Büchern - doch das ist nur noch halb so viel wie im Vorjahr. Auch der Umsatz ist zurückgegangen.

    E.on ringt mit den Folgen der Energiewende. Und dabei zeigt sich immer deutlicher: Es geht längst nicht nur um das Abschalten der lukrativen Atomkraftwerke. Noch stärker trifft E.on wie alle Großversorger, dass auch die Gas- und Kohlekraftwerke immer seltener laufen - und wenn sie laufen, verdienen sie sehr viel weniger Geld als früher: An der Börse ist der Strompreis seit 2009 von um die 80 Euro auf jetzt unter 40 Euro eingebrochen:

    "Und jeder Rückgang um einen einzigen Euro kostet sie und uns 100 Millionen Euro","

    warnte E.on-Chef Johannes Teyssen schon im Frühjahr seine Aktionäre.

    In der Stromerzeugung ist der Gewinn bei E.on jetzt über 40 Prozent eingebrochen - ähnlich wie bei den Konkurrenten RWE und EnBW. Der Grund: Wegen der Wirtschaftsflaute in vielen Ländern Europas brauchen Firmen weniger Strom. Dazu boomt hierzulande Wind- und Sonnenenergie. Das drückt die Großhandelspreise und macht, so E.on, vor allem die relativ sauberen und effizienten Gaskraftwerke unrentabel:

    ""Für uns ist daher klar: Wenn die Wirtschaftlichkeit dieser Kraftwerke nicht wieder hergestellt wird, werden und müssen wir sie außer Betrieb nehmen."

    Mit Spannung schauen E.on, RWE und Co. deshalb auf die Koalitionsverhandlungen - in der Hoffnung, dass künftig Vergütungen gezahlt werden, allein für das Vorhalten dieser Kraftwerke - quasi als Versicherung für Zeiten ohne ausreichend Wind- und Sonnenstrom.

    Doch das allein wird den 64.000-Mitarbeiter-Konzern ebenso wenig auf das Gewinnniveau früherer Jahre zurück katapultieren wie aktuell gestiegene Gewinne in der Gas- und Ölförderung. Der Düsseldorfer Energiemulti, das zeigen die Quartalszahlen, steckt mitten im Umbau, der Abbau von 11.000 Stellen läuft, dazu wurden innerhalb von drei Jahren Firmenteile im Wert von sage und schreibe 19 Milliarden Euro verkauft.

    Auch das hatte Teyssen schon vor Monaten als unvermeidlich angekündigt:

    "Die Umbrüche im europäischen Stromerzeugungsgeschäft sind strukturell und nachhaltig und werden nicht wieder weggehen. Die sind da und bleiben. Und wer da einfach sagt: Ich bleibe in der Heimat und warte auf die besseren Zeiten - der wird lange warten."

    E.on setzt seine Hoffnungen ins Ausland, investiert in Kraftwerke in Russland, der Türkei und Brasilien. Und auch ins mühsame Geschäft mit der dezentralen Energieerzeugung und Energiemanagement. Eine Milliarde Euro Umsatz werde damit hierzulande schon erwirtschaftet. Insgesamt sei die Ökostromsparte, die bei E.on weltweit für 16 Prozent des Stroms sorgt, eine - wenn auch noch kleine - Stütze des Gewinns.

    Doch noch können diese neuen Bereichen die wegbrechenden Gewinne aus dem Großkraftwerksgeschäft längst nicht ausgleichen: Am Ende des Jahres, prognostizierte der E.on-Chef, werde sich der für die Dividende entscheidende, sogenannte nachhaltige Nettogewinn im Vergleich zum Vorjahr womöglich fast halbieren: Von 4,2 auf bis zu 2,2 Milliarden Euro.