"Ich will nicht sagen, die Medien sind rassistisch, aber sie verwenden oftmals eine rassistische Bildsprache", sagt Tina Adomako vom Verein "Neue Deutsche Medienmacher". Ihrer Ansicht nach sind beispielsweise Berichte über den Islam häufig mit einer bedrohlichen Bildsprache kombiniert; muslimische Frauen würden sehr oft verhüllt, also stereotyp, abgebildet.
Auch die Berichterstattung über die Kölner Silvesternacht regt Tina Adomako nach drei Jahren noch auf. Am Tag nach den Übergriffen zeigte die "Süddeutsche Zeitung" in einer Grafik eine weiße Frau, die im Genitalbereich von einer schwarzen Hand berührt wird. Auf einem "Focus"-Titelbild war eine weiße, nackte Frau zu sehen, deren Haut von großen schwarzen Handabdrücken übersäht war.
Eine rassistische Bildsprache, findet Tina Adomako: "Diese Bilder perpetuieren so dieses Bild des schwarzen ungezügelten Mannes, der weiße Frauen vergewaltigen möchte. Da ist schon ein Subtext. Solche Bilder sind nicht harmlos."
Es fehlt die Selbstverständlichkeit
Ihre Kollegin Prasanna Oommen, ebenfalls Mitglied bei den "Neuen Deutschen Medienmachern", meint, dass bisher eine Selbstverständlichkeit fehle, mit unterschiedlichen Gesichtern, Farben und Körpern in Kultur und Medien umzugehen. Ein Schritt in die richtige Richtung sei das Debüt von Florence Kasumba als erste schwarze Tatort-Kommissarin in der vor kurzem ausgestrahlten Folge "Das verschwundene Kind".
Prasanna Oommen begrüßt die Rollenbesetzung, sieht die Medienreaktionen darauf aber kritisch. "Die Entscheidung war gut, aber sie hat gezeigt, dass wir noch lange nicht an einem Punkt der Selbstverständlichkeit sind, weil sich vor allem die weiß domminierten Medien gegenseitig auf die Schulter klopfen dafür und nicht abwarten, ob die Freude in der diversen Gesellschaft genauso groß ist, weil man auch denkt: Jetzt gibt es da eine, jetzt kann man rechtfertigen, wie viele andere es nicht sein dürfen.
"Komme in diesen Magazinen nicht vor"
Auch Geschichten, die in den Medien nicht erzählt werden, tragen dazu bei, Meinungen in der Gesellschaft zu formen und zu festigen. Tina Adomako findet, dass Frauen wie sie – mit krausem Haar und dunkler Haut – in den meisten Frauenmagazinen keine Rolle spielen: "Ich komme in diesen Magazinen nicht vor. Ich sehe mich da nicht wieder, aber ich lebe seit 40 Jahren in diesem Land. Und es gibt viele, die so aussehen wie ich, und von Frauenmagazinen unsichtbar gemacht werden, würde ich sagen."
Diese Art der Ausgrenzung sei nicht nur verletzend für die über neun Millionen Frauen mit Migrationshintergrund, die mittlerweile in Deutschland leben, sondern auch eine Gefahr für die gesamte Gesellschaft.
"Wenn ich das Gefühl habe, ich finde hier nicht statt, ich bin unsichtbar, dann ziehe ich mich eher zurück, weil ich mich nicht als Teil des Ganzen fühle. Das kann nicht das sein, was die Gesellschaft möchte. Wir wollen ja eigentlich zusammenwachsen. Da müssen die Medien die Gesellschaft, so wie sie tatsächlich ist, mehr widerspiegeln. Ich finde, da sind wir noch nicht."
Medienschaffende mit Migrationshintergrund
In Deutschland hat knapp jeder vierte Einwohner einen Migrationshintergrund. In den Redaktionen schätzungsweise nur jeder Fünfzigste. Es gibt Versuche, dieses Ungleichgewicht aufzuheben: Beispielsweise veranstaltet der WDR alle zwei Jahre eine Talentwerkstatt für Medienschaffende mit Migrationshintergrund. Die Medienanstalt Berlin Brandenburg organisiert Integrationsvolontariate für geflüchtete Journalisten. Stationen sind unter anderem die "Bild, der "Tagesspiegel" und Deutschlandfunk Kultur.
Das Integrationsvolontariat sei eine Chance für alle Beteiligten, so die Personalchefin des Deutschlandradios, Kerstin Hinrichs: "Wir sind öffentlich-rechtlich und sehen uns da besonders in der Verantwortung zu hinterfragen, ob wir auch die Gesellschaft nach innen hin hinreichend abbilden, ob es sogenannte unbewusste Stereotypen gibt, auch zum Beispiel bei der Personalauswahl. Es ist sicher häufig so, dass journalistische Beiträge einen persönlichen Hintergrund haben. Und wenn dieser fehlt, dann kann man sich vorstellen, dass auch ein Teil des Abbilds der Gesellschaft um einen herum fehlen könnte."