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Vielfalt zulassen mit Gewinn

Gerade in großen internationalen Unternehmen arbeiten sehr unterschiedliche Menschen zusammen. Sie kommen aus verschiedenen Ländern, haben eigenen Wertvorstellungen, Denkweisen und Umgangsformen. Moderne Personalarbeit setzt bewusst auf diese Vielfalt, bezieht gezielt Junge und Alte, Frauen sowie Männer, mit unterschiedlicher Ausbildung ein. Managing Diversity heißt diese Strategie, die ursprünglich aus den USA kommt. Wie viel davon bereits in Deutschland angekommen ist, diskutieren Wissenschaftler und große Wirtschaftsunternehmen auf der Tagung "Management Diversity" an der Freien Universität in Berlin.

Von William Vorsatz |
    Viele Studierende sind eigentlich gekommen, weil sie hier gut Kontakte zu künftigen Arbeitgebern herstellen können. Anne Spindler aber interessiert sich vor allem für die Idee selbst: Vielfalt und Chancengleichheit in Unternehmen und Institutionen:

    Weil die Benachteiligung der Frau oder auch anderer spezifischer Gruppen in unserer Gesellschaft ein ganz großes Thema ist. Zum Beispiel Schwarze, Türken ganz stark in Berlin natürlich und dann noch spezifische Gruppen wie zum Beispiel schwarze Frauen.

    Diversity Management ist eigentlich aus der Not geboren. Schon in den 70er Jahren erkannten Firmen in den USA, dass sie in ihrer Personalpolitik irgendwann umdenken müssen. Damals setzten die Unternehmen vor allen auf weiße Männer als Leistungsträger im Unternehmen. Die Prognosen sagten ihnen allerdings, dass diese Gruppe künftig immer kleiner wird, dass mehr und mehr Ältere, Migranten und Frauen den Arbeitsmart bestimmen werden. Und dann machten global agierende Unternehmen aus der Not eine Tugend. Gertraude Krell, Professorin für Betriebswirtschaftslehre an der FU:

    Die Idee ist, eine Kultur zu schaffen, in der Vielfalt akzeptiert und wertgeschätzt wird, in der Leute, die unterschiedlich und vielfältig sind, nicht als Problem angesehen werden, sondern als wertvolle Ressourcen. Das macht man zum einen, indem man individuelle Ressentiments und Vorurteile abbaut, durch Trainings, insbesondere bei den Führungskräften, indem man alle personalpolitischen Führungselemente, die Auswahl, die Beurteilung, die Beförderung, danach checkt, ob da Diskriminierung eingebaut ist. Das ist nicht immer auf den ersten Blick sichtbar, aber wenn man genauer hinsieht, wird man fündig. Gegenüber Frauen beispielsweise wird man immer fündig, und man kann gleichzeitig in der Beurteilung von Führungskräften ihre Anstrengungen und Erfolge in Sachen Management Diversity berücksichtigen.

    Nach Deutschland kamen die neuen Gedanken erst mit gehöriger Verspätung, zaghaft um die Mitte der Neunzigerjahre. Aber der demografische Wandel ist schon brisant und umdenken tut auch hierzulande Not. Hiesige Töchter von US-Unternehmen setzen schon länger auf Management Diversity. Beate Allner von Motorola aus Taunusstein:

    Es gibt in Deutschland viele Mitarbeiter aus anderen Ländern, die entweder dort aufgewachsen sind oder nach einer gewissen Zeit, die sie dort gelebt haben, wieder zurück kommen ins Land, die auch einen interkulturellen Hintergrund mitbringen. Wir erleben zunehmend, dass wir internationale Teams haben, die auch eine entsprechende Betreuungs- und Integrationsarbeit benötigen, um erfolgreich zusammen arbeiten zu können, damit das Verständnis der Mitarbeiter untereinander dann auch produktiv ist.

    Aber auch deutsche Unternehmen wie die Commerzbank haben mittlerweile ihre Erfahrungen gesammelt. Etwa in der Auseinandersetzung mit Vätern, die ebenfalls Zeit haben wollen, um ihre Kinder zu erziehen. Barbara David ist bei der Commerzbank in Frankfurt für Chancengleichheit und Diversity zuständig. Sie weiß mittlerweile, dass ihr die integrativen Ansätze ihres Unternehmens auch bei der Neuanwerbung von Personal helfen. Und mit der Vielfalt erschließt sich die Bank noch dazu neue Märkte:

    Es gibt Kunden und Kundinnen, die einen gehen lieber zu jüngeren Menschen, die anderen gehen lieber zu älteren Manschen, die einen unterhalten sich gern über das Thema Familie, die einen bevorzugen einen Mann, die anderen eine Frau. Ich denke, es geht auf der einen Seite um die Kundenbeziehung, aber es geht auch um die Entwicklung der Produkte. Wenn wir nicht wissen, was unsere Kunden wollen, weil wir in sehr homogenen Teams bestimmte Produkte entwickeln, dann können wir keine guten Produkte anbieten.

    Diversity Managment wird zwar mittlerweile in Wirtschafswissenschaften und Gender-Studies hierzulande erforscht und an Studierende vermittelt. Aber eines haben die Gastgeber an der Freien Universität klar gestellt; Auch die Hochschulen selbst müssen noch einiges zu tun, bis Management Diversity bei ihnen Alltag wird.