"Der Rudolph-Dirks-Award geht an: 'Gung Ho'" / "Fast alle für 'Gung Ho'" / "'Gung Ho' heute Abend der große Abräumer."
So viele Preise für eine einzige Comicserie hat es - in der zugegebenermaßen kurzen Geschichte des Rudolph-Dirks-Awards - noch nie gegeben: "Gung Ho" wurde als beste "Alternative Geschichte" ausgezeichnet, als beste Actionserie - und die beiden Münchner Macher Benjamin von Eckartsberg und Thomas von Kummant als beste Zeichner geehrt.
"Ich würde mal sagen, wir wollen Euch hier nicht auf den Sack gehen, sorry, dass wir hier so oft…"
Wohlfühlen in der Bedrohung
Tatsächlich hat der Comic alle Auszeichnungen verdient - allein die Optik ist atemberaubend, denn Zeichner Thomas von Kummant hat auf die sonst üblichen Rahmenlinien um Figuren und Gegenstände verzichtet - und so eine lichtdurchflutete Szenerie für eine ausgesprochen bedrohliche Geschichte geschaffen.
"So eine ruhige, melancholische Note, mit gleißendem Sonnenlicht und Kornfeldern und dann aber die Bedrohung - dass der Leser sich da schon wohlfühlt. Auch wenn dann Dinge passieren, wo man sich dann nicht mehr so wohlfühlt. Aber man will die Welt ja öfter besuchen, wenn man so eine Serie liest, und da müssen wir ihm ja einen Grund für geben."
"Gung Ho" ist ein Endzeitszenario um eine befestigte Siedlung, die immer wieder von Bestien angegriffen wird - und in der aufsässige Jugendliche wohnen. Und ganz nebenbei werden Fragen diskutiert wie: Wie viel Renitenz kann sich eine Gesellschaft leisten, die ums Überleben kämpft? Oder: Welche Missstände müssen toleriert werden, wenn man aufeinander angewiesen ist? Dabei wirken die Bilder so rasant wie in einem Actionfilm. Vor gut drei Jahren kam Band eins dieser ungewöhnlichen Serie auf den Markt und wurde bislang noch nie ausgezeichnet. Das liegt wohl auch daran, weil es in Deutschland für so eine Serie noch keinen Preis gab, meint Filipe Tavares, der den Rudolph-Dirks-Award ins Leben gerufen hat.
"Man hat entweder Kritikerpreise, die literarische Werke nur auszeichnen und wo der Mainstream dann zu kurz kommt. Auf der anderen Seite haben wir, wenn es dann Publikumspreise gibt, das andere Extrem, dass dann nur Batman und Spiderman und die Sachen, die im Kino laufen, dort gewinnen und dann die Graphic Novels gar nicht mehr auftauchen. Und das wollten wir verhindern mit dem Rudolph-Dirks-Award."
Motorräder, Autos und Waffen
Tatsächlich sind in den insgesamt 30 Kategorien einige Graphic Novels ausgezeichnet worden - "Die Leichtigkeit" etwa, in der die "Charlie Hebdo"-Autorin Catherine Meurisse den Anschlag auf das französische Satiremagazin verarbeitet. Aber eben auch einige Comic-Perlen, die im vergangenen Jahr wenig Aufmerksamkeit bekommen haben.
Die Fantasy-Persiflage "Nimona" zum Beispiel, um eine Gestaltwandlerin namens "Nimona", die sich in so ziemlich alles von Hai bis Hamster verwandeln kann und so gar keinen Wert darauf legt, ihre herrlich mollige Figur dem Schönheitsideal anzugleichen. Stattdessen wirbelt sie lieber die schwarz-weiß-Vorstellungen von Gut und Böse durcheinander. Die Geschichte von Nimona ist auserzählt. Von "Gung Ho" aber soll es weitere Bände geben - der nächste ist allerdings erst für 2019 geplant, weil Thomas von Kummant durch "Gung Ho" ziemlich viele Jobangebote bekommen hat - gerade hat er zum Beispiel für Pixar gearbeitet.
"Und dann ist es aber auch so, dass die Geschichte jetzt an Fahrt aufnimmt und aufwendiger zu zeichnen ist - die ganzen Motorräder, die zu zeichnen sind, die ganzen Autos, die ganzen Waffen, die ganzen Figuren und so - aber ich versuche, Gas zu geben."
Bis dahin bleibt genug Zeit, die ersten drei Bände zu lesen - für alle diejenigen, die jetzt durch den Rudolph-Dirks-Award auf "Gung Ho" aufmerksam geworden sind.