"Natürlich ist das ein bissl ein merkwürdiges Gefühl"
Der Skispringer Karl Geiger fliegt gerne unter Beobachtung. Doch das ist schwierig in der Pandemie. Schon bei der Deutschen Meisterschaft Ende Oktober mussten die Deutschen Adler auf Publikum verzichten.
"Also heute war einfach gar kein Mensch da. Da waren ein paar Ordner, ein paar Securitys. Auch der Trainer-Betreuerstab musste schon ein bisschen reduziert werden. Das ist schon eine kuriose Situation."
Karl Geiger ist Oberstdorfer und hätte beim Auftakt der Vierschanzentournee einen Heimvorteil. Normalerweise. Mit 25.000 Fans am Fuß der Schattenbergschanze fliegt es sich einfach besser. Doch daraus wird nichts. Die Vierschanzentournee findet ohne Zuschauer*innen statt. Dabei hatte man in Oberstdorf noch lange darauf gesetzt, immerhin ein bisschen Publikum zuzulassen.
"Gigantische mediale Wirkung" trotz leerer Ränge
Da Oberstdorf in diesem Winter auch noch die Weltmeisterschaft ausrichtet, rüstete man dort das Stadion mit 2500 Sitzplätzen aus – mit genügend Abstand. Diese 2500 Karten seien dann auch innerhalb einer Stunde ausverkauft gewesen. Doch auch daraus wird jetzt nichts. Auch hier lassen es die Bestimmungen nicht zu. Zwar zahlt den finanziellen Ausfall eine Versicherung, aber still wird es trotzdem zugehen. Peter Kruijer, Vorsitzender des Skiclubs Oberstdorf.
"Es ist natürlich ewig schade für die Stimmung im Stadion. Es ist schon toll, wenn da 25.000 Leute jubeln und die Athleten anfeuern."
Auch Bayerns Wirtschafts- und Tourismusminister Hubert Aiwanger bedauert, dass die Skispringer auf ihre Fans vor Ort verzichten müssen. Aber: "Wir wollen da jetzt keine falschen Signale setzen. Der Normalbürger sagt, ich darf nicht mal Ski fahren. Und wenn man anderer Stelle mit Zuschauern, tausenden Leuten das zuließe – das würde nicht für Akzeptanz sorgen. Also – wir müssen jetzt damit leben, dass es dieses Mal ohne Zuschauer abläuft."
Doch macht so eine Vierschanzentournee in aller Stille überhaupt Sinn? Klar, finden alle Beteiligten. Denn im Fernsehen werden die Sprünge ja zu sehen sein. "Es ist eine gigantische mediale Wirkung. Es sind tolle Aufnahmen, die um die ganze Welt gehen – es ist ein Großereignis."
Die Hoteliers bluten
Daniel Schimmer ist Hotelier in Garmisch-Partenkirchen – und ist sicher: Der Werbeeffekt bei Millionen Menschen am Fernsehen bleibt auch in diesem Jahr. Auch hier, beim Neujahrsspringen, bleibt das Stadion leer. Das sei zwar traurig, aber bei weitem nicht alles, was den Gastronomen plagt.
"Ich möchte mich gar nicht groß dazu äußern, ob das richtig oder falsch ist. Wir sind von einer viel größeren Geschichte momentan betroffen, dass überhaupt kein Wintersport aktiv betrieben werden kann, beziehungsweise, dass unsere Hotellerie – eine Branche, die nicht aktiv verantwortlich ist für das Infektionsgeschehen – dass sie total gestraft ist und alles geschlossen. Ich glaube, das steht gerade definitiv im Vordergrund."
Unter normalen Bedingungen wäre hier jetzt längst Saison.
"Ich schaue jetzt gerade aus meinem Fenster und ich sehe einen strahlend blauen Himmel und ich sehe weiße Berge. Ich könnte mir jetzt gerade sehr gut vorstellen, dass die Zugspitze voll wäre mit Skigästen, mit Wintersportlern, die jetzt ihrer Leidenschaft nachgehen würden."
Für die Tourismusbranche sei der Zuschauer-Ausfall an der Skisprungschanze nur ein Nebeneffekt, so der Hotelier. Der Skiflieger Karl Geiger dagegen ist froh, dass er überhaupt springen darf – und findet es richtig, jetzt auf Publikum zu verzichten.
"Es ist momentan einfach auch eine schwierige Situation. Man sieht's jetzt auch wieder: Die Fallzahlen steigen. Man muss aufpassen. Und ich glaube, dass man das auch nicht ins Blaue hineinsagen kann: Ja, da passiert nix. Da muss man reagieren und ich glaube, dass wir da auf einem guten Weg sind."