" Musikbeispiel: Johann Paul von Westhoff - Allegro aus: Sonate Nr.4 d-moll "
Manchmal bildet ein Jubiläum den Anlass, einen vergessenen oder wenig bekannten Komponisten wieder ins Bewusstsein zu rücken und sich seiner Werke anzunehmen. So mag es auch im Falle von Johann Paul von Westhoff gewesen sein, der vor 300 Jahren verstarb. Nachdem im vorigen Jahr bei Capriccio die beachtliche Aufnahme der Solo-Suiten von Westhoff mit dem "modernen" Geiger Kolja Lessing herauskam, veröffentlichte das französische Label Zig Zag Territoires jetzt die Sonaten für Violine und Basso continuo mit David Plantier und dem Ensemble Les plaisirs du Parnasse, Künstler, die aus dem Umkreis der Schola Cantorum Basiliensis stammen und sich der historischen Aufführungspraxis verschrieben haben. Um es gleich vorweg zu sagen, diese Einspielung ist ein absolutes Muss für alle Freunde barocker Violinmusik: es ist eine sehr beeindruckende , stilsichere und detailfreudige Interpretation dieser virtuosen Musik mit einem abwechselungsreich gestalteten Continuo in einer vorbildlichen Klangqualität.
Johann Paul von Westhoff gehörte mit Biber und Walther zu den herausragenden Violinvirtuosen des 17.Jahrhunderts und auch wenn er nicht wirklich vergessen wurde, so dauerte es doch seit der neuen Ausgabe seiner Violinwerke fast 30 Jahre, bis sich heutige Geiger ihrer annahmen. Das Oeuvre, das sich von Westhoff erhalten hat, ist sehr klein und umfasst ausschließlich Violinmusik: 6 Solo-Suiten, die erst 1971 wieder entdeckt wurden und allgemein als Vorläufer von Bach Solo-Suiten und Partiten gelten, eine einzelne Suite und Sonate sowie 6 Sonaten mit Continuo, die hier auch erstmals eingespielt wurden. Diese Sonaten sind vom Niveau her am besten mit denen von Biber und Walther zu vergleichen, dokumentieren aber einen ganz individuellen Stil, der nicht ohne Einfluss auf die Zeitgenossen geblieben ist.
Es sind 5-6sätzige, kleinformatige Werke im manierierten stylus phantasticus ausschließlich in Moll-Tonarten, hinter deren zumeist allgemein gehaltenen Satzbezeichnungen stilisierte Tänze verborgen sind. Darüber hinaus gibt es auch entzückende lautmalerische Stücke wie eine Sturm- und eine Lauten-Imitation oder wie hier eine Imitatione delle Campane, in der sich die Glockenschläge im Continuo mit den Violin-Arpeggi bis in die höchsten Töne vermischen.
Dieser Satz wurde später zum Beispiel auch von Vivaldi in seinem ebenfalls in d-moll stehenden Violinkonzert Ryomverzeichnis 237 aufgenommen, was zeigt, dass Westhoffs Sonaten wohl unter den Violin-Virtuosen seiner und der folgenden Generation weithin bekannt gewesen sein müssen.
" Musikbeispiel: Johann Paul von Westhoff - Imitatione delle Campane aus: Sonate Nr. 3 d-moll "
Neben solchen kleinen Tongemälden finden sich in den Violinsonaten von Johann Paul von Westhoff auch eine ganze Reihe von überaus poetischen, auch mehrstimmigen Stücken, die an vokale Formen erinnern. Westhoff erweist sich als sehr innovativer Komponist, der ganz verschiedene Stilformen und Techniken aufgreift, wobei es ihm in erster Linie um einen sinnvollen Einsatz der rhetorischen Mittel geht.
" Musikbeispiel: Johann Paul von Westhoff - Allegro/Adagio aus: Sonate Nr.1 g-moll "
Über Einzelheiten der Biographie von Johann Paul von Westhoff ist nicht viel bekannt, doch er muss ein bewegtes Leben geführt haben. Er wurde 1656 in Dresden geboren, kämpfte als Soldat im Feldzug gegen die Türken in Ungarn, wurde als Violinvirtuose in Versailles vom "Sonnenkönig" und in Wien vom Kaiser empfangen, unternahm eine Vielzahl von Reisen, wirkte am Dresdner Hof , hatte eine Professur für Fremdsprachen in Wittenberg inne und war schließlich am Hof des Großherzogs in Weimar als Sekretär und Musiker angestellt.
Es ist also anzunehmen, dass Westhoff mit allen europäischen Musikstilen vertraut war und sein Interesse an der Sprache und Kultur anderer Länder spiegelt sich auch in seinen Violinwerken wider. Seine Solo-Suiten in ihrer polyphonen Anlage sind die ersten in ihrer Art und dokumentieren eine hohe Kunstfertigkeit. David Plantier, der mit zur Oberliga der international bedeutenden Geiger der Alten-Musik-Szene gehört, beweist mit seiner Aufnahme der Violinsonaten mit Basso continuo einmal mehr eine einfühlsame Kenntnis der Musik dieser Zeit und bewältigt alle technischen Schwierigkeiten mit makelloser Bravour, wenn auch vielleicht ein wenig Sinnlichkeit in der Tongebung zuweilen den Genus noch versüßen würde. Ihm zur Seite steht ein versiertes Continuo Ensemble mit Maya Amrein - Violoncello, Andrea Marchiol - Cembalo und Shizuko Noiri - Erzlaute.
Bei der Einspielung haben sich die Musiker, im Bemühen um größtmögliche Authentizität, streng an die Original-Ausgabe, die in der Sächsischen Landesbibliothek liegt, gehalten. Wenn auch, so Plantier, die Versuchung groß war, vermeintliche "Fehler" in der Partitur zu "korrigieren", die jedoch offensichtlich so gewollt waren und zum originellen Stil Westhoffs gehören.
Hier zum Abschluss noch eine Folge von Sätzen aus der 2. g-moll Sonate mit der Imitatione del liuto.
" Musikbeispiel: Johann Paul von Westhoff - 2., 3., 4. und 5. Satz aus: Sonate Nr.2 g-moll "
Die Neue Platte im Deutschlandfunk. Heute mit Violinsonaten von Johann Paul von Westhoff, gespielt von David Plantier und dem Ensemble Les plaisirs du Parnasse, erschienen beim Label Zig Zag Territoires im Vertrieb von Harmonia Mundi.
Manchmal bildet ein Jubiläum den Anlass, einen vergessenen oder wenig bekannten Komponisten wieder ins Bewusstsein zu rücken und sich seiner Werke anzunehmen. So mag es auch im Falle von Johann Paul von Westhoff gewesen sein, der vor 300 Jahren verstarb. Nachdem im vorigen Jahr bei Capriccio die beachtliche Aufnahme der Solo-Suiten von Westhoff mit dem "modernen" Geiger Kolja Lessing herauskam, veröffentlichte das französische Label Zig Zag Territoires jetzt die Sonaten für Violine und Basso continuo mit David Plantier und dem Ensemble Les plaisirs du Parnasse, Künstler, die aus dem Umkreis der Schola Cantorum Basiliensis stammen und sich der historischen Aufführungspraxis verschrieben haben. Um es gleich vorweg zu sagen, diese Einspielung ist ein absolutes Muss für alle Freunde barocker Violinmusik: es ist eine sehr beeindruckende , stilsichere und detailfreudige Interpretation dieser virtuosen Musik mit einem abwechselungsreich gestalteten Continuo in einer vorbildlichen Klangqualität.
Johann Paul von Westhoff gehörte mit Biber und Walther zu den herausragenden Violinvirtuosen des 17.Jahrhunderts und auch wenn er nicht wirklich vergessen wurde, so dauerte es doch seit der neuen Ausgabe seiner Violinwerke fast 30 Jahre, bis sich heutige Geiger ihrer annahmen. Das Oeuvre, das sich von Westhoff erhalten hat, ist sehr klein und umfasst ausschließlich Violinmusik: 6 Solo-Suiten, die erst 1971 wieder entdeckt wurden und allgemein als Vorläufer von Bach Solo-Suiten und Partiten gelten, eine einzelne Suite und Sonate sowie 6 Sonaten mit Continuo, die hier auch erstmals eingespielt wurden. Diese Sonaten sind vom Niveau her am besten mit denen von Biber und Walther zu vergleichen, dokumentieren aber einen ganz individuellen Stil, der nicht ohne Einfluss auf die Zeitgenossen geblieben ist.
Es sind 5-6sätzige, kleinformatige Werke im manierierten stylus phantasticus ausschließlich in Moll-Tonarten, hinter deren zumeist allgemein gehaltenen Satzbezeichnungen stilisierte Tänze verborgen sind. Darüber hinaus gibt es auch entzückende lautmalerische Stücke wie eine Sturm- und eine Lauten-Imitation oder wie hier eine Imitatione delle Campane, in der sich die Glockenschläge im Continuo mit den Violin-Arpeggi bis in die höchsten Töne vermischen.
Dieser Satz wurde später zum Beispiel auch von Vivaldi in seinem ebenfalls in d-moll stehenden Violinkonzert Ryomverzeichnis 237 aufgenommen, was zeigt, dass Westhoffs Sonaten wohl unter den Violin-Virtuosen seiner und der folgenden Generation weithin bekannt gewesen sein müssen.
" Musikbeispiel: Johann Paul von Westhoff - Imitatione delle Campane aus: Sonate Nr. 3 d-moll "
Neben solchen kleinen Tongemälden finden sich in den Violinsonaten von Johann Paul von Westhoff auch eine ganze Reihe von überaus poetischen, auch mehrstimmigen Stücken, die an vokale Formen erinnern. Westhoff erweist sich als sehr innovativer Komponist, der ganz verschiedene Stilformen und Techniken aufgreift, wobei es ihm in erster Linie um einen sinnvollen Einsatz der rhetorischen Mittel geht.
" Musikbeispiel: Johann Paul von Westhoff - Allegro/Adagio aus: Sonate Nr.1 g-moll "
Über Einzelheiten der Biographie von Johann Paul von Westhoff ist nicht viel bekannt, doch er muss ein bewegtes Leben geführt haben. Er wurde 1656 in Dresden geboren, kämpfte als Soldat im Feldzug gegen die Türken in Ungarn, wurde als Violinvirtuose in Versailles vom "Sonnenkönig" und in Wien vom Kaiser empfangen, unternahm eine Vielzahl von Reisen, wirkte am Dresdner Hof , hatte eine Professur für Fremdsprachen in Wittenberg inne und war schließlich am Hof des Großherzogs in Weimar als Sekretär und Musiker angestellt.
Es ist also anzunehmen, dass Westhoff mit allen europäischen Musikstilen vertraut war und sein Interesse an der Sprache und Kultur anderer Länder spiegelt sich auch in seinen Violinwerken wider. Seine Solo-Suiten in ihrer polyphonen Anlage sind die ersten in ihrer Art und dokumentieren eine hohe Kunstfertigkeit. David Plantier, der mit zur Oberliga der international bedeutenden Geiger der Alten-Musik-Szene gehört, beweist mit seiner Aufnahme der Violinsonaten mit Basso continuo einmal mehr eine einfühlsame Kenntnis der Musik dieser Zeit und bewältigt alle technischen Schwierigkeiten mit makelloser Bravour, wenn auch vielleicht ein wenig Sinnlichkeit in der Tongebung zuweilen den Genus noch versüßen würde. Ihm zur Seite steht ein versiertes Continuo Ensemble mit Maya Amrein - Violoncello, Andrea Marchiol - Cembalo und Shizuko Noiri - Erzlaute.
Bei der Einspielung haben sich die Musiker, im Bemühen um größtmögliche Authentizität, streng an die Original-Ausgabe, die in der Sächsischen Landesbibliothek liegt, gehalten. Wenn auch, so Plantier, die Versuchung groß war, vermeintliche "Fehler" in der Partitur zu "korrigieren", die jedoch offensichtlich so gewollt waren und zum originellen Stil Westhoffs gehören.
Hier zum Abschluss noch eine Folge von Sätzen aus der 2. g-moll Sonate mit der Imitatione del liuto.
" Musikbeispiel: Johann Paul von Westhoff - 2., 3., 4. und 5. Satz aus: Sonate Nr.2 g-moll "
Die Neue Platte im Deutschlandfunk. Heute mit Violinsonaten von Johann Paul von Westhoff, gespielt von David Plantier und dem Ensemble Les plaisirs du Parnasse, erschienen beim Label Zig Zag Territoires im Vertrieb von Harmonia Mundi.
Diskographische Angaben
Titel: Johann Paul von Westhoff - Sonates pour Violon et Bass continue
Solisten: David Plantier, Violine
Les plaisirs du Parnasse
Label: Zig Zag Territoires (im Vertrieb von Harmonia Mundi)
Bestell-Nr.: ZZT 050201