"Eish!", so heißt es im Song "Jerusalema" von Master KG - so, wie die Südafrikaner sagen, wenn sie überrascht oder schockiert sind. Und das Wort beschreibt auch den Gefühlszustand von Master KG ganz gut, denn mit einem solchen Welterfolg hatte niemand gerechnet. Er habe zwar ein gutes Gefühl gehabt, als er den Beat kreiert habe, sagt der Musiker, aber diese Resonanz sprenge jede Vorstellungskraft: "Es kam total unerwartet. Ich hätte nie gedacht, dass der Song auf der ganzen Welt gehört werden würde!"
Dabei ist Master KG, der mit bürgerlichem Namen Kgaogelo Moagi heißt, mit seinen 24 Jahren durchaus erfolgsverwöhnt. Mit 17 kaufte er seinen ersten Computer, um Musik zu produzieren. Seine Debütsingle "Skeleton Move" wurde afrikaweit zu einem Hit, und 2018 wurde er bei den "All African Music Awards" als bester Elektro-Musiker ausgezeichnet.
"Meine House-Musik ist von der Kultur meiner Heimat geprägt, der ländlichen Provinz Limpopo, der Volksgruppe der Bolobedu. Ich nenne den Stil deshalb "Bolobedu House". Der Bezug zu unserer Kultur wird entweder durch den Gesang, die Beats, Snares, Shakers oder andere Instrumente hergestellt. Elemente, die sich auch in unserer traditionellen Musik finden und meinen Stolz darauf ausdrücken."
"Und: Boom - 'Jerusalema' war geboren"
Wer mit diesem Sound vertraut ist, erkennt ihn in "Jerusalema" wieder. Auch wenn Master KG keine Sängerin aus einer Heimatregion featured: Nomcebo Zikode, die Frau mit der tiefen Gospel-Stimme, stammt aus Kwazulu-Natal, wo sie überwiegend als Background-Sängerin und mit anderen DJs gearbeitet hat.
"Der Song 'Emazulwini', den ich mit DJ Ganyani aufgenommen habe, war hier in Südafrika ziemlich erfolgreich. Direkt danach hat mich Master KG angerufen. Er habe einen wunderbaren Beat, auf den meine Stimme gut passen würde. Also haben wir uns im Studio getroffen und: Boom - 'Jerusalema' war geboren."
Den Text hat sie in ihrer Muttersprache isiZulu geschrieben, er drückt ihre eigene Sehnsucht aus, ihre Bitte an Gott:
"Ich singe: 'Lass mich nicht hier, dies ist nicht mein Zuhause. Bring mich nach Jerusalema, wo ich Frieden und Glück finden kann'. Dabei geht es auch um meine Hoffnung, trotz begrenzter Möglichkeiten als Musikerin endlich durchzustarten. Mit 'Jerusalema' ist ein spiritueller Ort gemeint, an dem man Frieden findet, es keine Sorgen, sondern nur Glück und fröhliche Menschen gibt."
Der Wunsch der 26-Jährigen scheint in Erfüllung gegangen zu sein - der künstlerische Durchbruch gelungen. Jetzt arbeitet sie an ihrem Debüt-Album, einer Mischung aus Gospel und House. Generell sei es für südafrikanische Musiker jedoch schwer, sich auf internationalen Bühnen zu etablieren, sagt Master KG.
"Wir machen hier in Südafrika gute Musik, aber wir sind weltweit nicht so stark vertreten wie beispielsweise Nigeria, mit Musikern wie Burna Boy, Davido oder Whizkid. Aber vielleicht ändert sich das mit 'Jerusalema'. Der Song könnte Interesse an Musik aus Südafrika wecken und dazu führen, dass sich die Welt in unseren Sound verliebt."
Kulturbotschafter im Lockdown
Das hofft auch Südafrikas Kultusminister Nathi Mthethwa, der sich bei einer virtuellen Pressekonferenz mit den Musikern als Fan outete. Er will sie unterstützen, sieht sie sogar als Kulturbotschafter Südafrikas. Doch noch stecken die beiden in ihrer Heimat fest, die Landesgrenzen sind geschlossen, Reisen zu Auftritten ins Ausland unmöglich. Das sei natürlich frustrierend, sagt die Sängerin.
"Es schmerzt, dass wir einen solchen Hit geschrieben haben, aber es keine Gigs gibt. Statt durch die Welt zu touren und damit auch etwas zu Geld zu verdienen, sitzen wir nun mit diesem großen Song zu Hause."
Dafür würden sie auf andere Weise entschädigt, fügt Master KG hinzu. "Der Lockdown bedeutet natürlich Stress, Leute verlieren ihre Jobs und so weiter. Aber ausgerechnet in dieser Zeit zu erleben, dass sie zu unserem Song tanzen und für einen Moment ihre Sorgen vergessen ist wunderbar. Es macht mich glücklich und noch kreativer."
Sein "Jerusalema"-Album ist bereits auf dem Markt, jetzt arbeitet Master KG an Remix-Versionen. Um dann, hoffentlich bald, auf Tour zu gehen und all die Orte kennenzulernen, die er nur aus den viralen "Jerusalema"-Tanzvideos kennt.