Stöhr sagte im Deutschlandfunk, die Lage sei vergleichbar mit einem Vulkanausbruch: "Es gibt eine geringe Wahrscheinlichkeit für eine Pandemie. Aber wenn es passiert, dann wird es schlimm." Deshalb müsse die Politik jetzt handeln, um für einen möglichen Ausbruch gut gewappnet zu sein. Wichtigste Maßnahme sei, einen Impfstoff für den Menschen vorzubereiten, der im Ernstfall schnell zum Einsatz kommen könne.
Beschaffung von Impftstoffen essenziell
Vor allem müsse es jetzt darum gehen, sogenannte präpandemische Impfstoffe zur Zulassung zu bringen, forderte Stöhr, der auch Tiermediziner ist. Dabei handelt es sich um Impfstoffe, die bereits vor der Ausbreitung einer Pandemie verwendet werden könnten. Derartige Seren habe man bereits vor zwanzig Jahren entwickelt, sie müssten nun aber zügig an die aktuelle Virusvariante angepasst werden, erklärte der ehemalige Leiter des WHO-Influenza-Programms.
Sorge bereite ihm die Tatsache, dass es bereits 1918 eine schwere Pandemie gegeben habe. Damals habe sich ein ganz ähnliches Virus wie das heutige Vogelgrippe-Virus plötzlich von Mensch zu Mensch übertragen und zu einer der schlimmsten Pandemien überhaupt mit etwa 40 bis 60 Millionen Toten geführt. Dabei habe das Virus nicht nur ältere, sondern vor allem Menschen zwischen 25 und 35 Jahren getroffen. Deshalb sei die Angst groß, dass sich so etwas noch einmal wiederholen könnte, sagte Stöhr.
Noch sei das Infektionsgeschehen aber gut beherrschbar, auch in den USA, wo sich inzwischen auch Kühe infiziert haben. Eine akute Gefahr bestehe für den Menschen dadurch nicht, da die Milch der Tiere vor dem Gebrauch pasteurisiert werde. Grundsätzlich habe er die Hoffung, dass die Politik aus der Coronakrise gelernt habe und sich jetzt strukturiert und effizient auf eine mögliche Vogelgrippe-Pandemie vorbereite, so Stöhr.
Auch Drosten hält neue Pandemie für möglich
Auch Christian Drosten, Direktor des Instituts für Virologie an der Berliner Charité, sprach angesichts der Entwicklungen in den USA von einem "möglichen Auslöser für eine kommende Pandemie". Der Erreger sei dort bereits in Milchprodukten im Handel aufgetaucht, sagte Drosten dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. So etwas habe es vorher noch nicht gegeben, alle Fachleute seien besorgt.
Die Ausbreitung der Vogelgrippe unter Säugetieren könne aber auch glimpflich ablaufen, das Virus brauche mehrere Schritte zur Anpassung, und möglicherweise sei es vorher schon unter Kontrolle, erklärte Drosten weiter.
Diese Nachricht wurde am 03.07.2024 im Programm Deutschlandfunk gesendet.