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Virus vor dem Sprung

Medizin. - H7N9, die neue Version der Vogelgrippe breitet sich in der Bevölkerung Chinas immer weiter aus. Der Weltgesundheitsorganisation WHO wurden bislang 131 bestätigte Infektionen gemeldet, viele davon entwickelten schwere Symptome, 32 Menschen starben. Die Ärzte sind besorgt, doch wie gefährlich ist dieses Virus wirklich? Forscher aus China und Kanada haben H7N9 im Tiermodell an Frettchen untersucht. Ihre Ergebnisse berichten sie heute im Fachblatt Science.

Von Volkart Wildermuth |
    Dr. David Kelvin erforscht am University Health Network im kanadischen Toronto, wie das Immunsystems auf neuartige Erreger reagiert. Seine Arbeitsgruppe unterhält auch ein Labor in der chinesischen Stadt Shantou, um neue Infektionskrankheiten schnell vor Ort untersuchen zu können. Als klar wurde, mit H7N9 sorgt ein neues Grippevirus für Probleme, begann das chinesisch-kanadische Team in Shantou Frettchen mit dem Virus zu infizieren, denn diese Iltisse entwickeln ganz ähnliche Grippesymptome wie Menschen. So auch in diesem Fall. Die Tiere bekamen Fieber und begannen heftig zu niesen. David Kelvins Kollegen setzten daraufhin gesunde Frettchen zu den kranken Tieren, entweder direkt in den Käfig, oder in den Nachbarkäfig.

    "Es zeigte sich, dass sich alle Frettchen bei direktem Kontakt ansteckten. Es kam auch zu Infektionen in den Nachbarkäfigen, also über die Luft. Aber die waren viel seltener. In parallelen Experimenten breitete sich das Schweinegrippevirus viel effektiver über die Luft aus. Also H7N9 kann sich ausbreiten, aber es fehlen ihm offenbar noch einige Mutationen, bevor es eine Pandemie auslösen kann."

    Das bestätigen auch genetische Analysen. Danach hat H7N9 einige relevante Mutationen. Es kann an die Zellen der menschlichen Atemwege binden und sich dort vermehren, trotz der im Vergleich zu Vögeln niedrigeren Körpertemperatur. Aber damit hat das Virus nur den ersten Schritt getan. Erst wenn es sich auch effektiv verbreitet, kann es zum Problem werden. Das ist aber wohl nur eine Frage der Zeit. Die Experimente in Shanzou belegen auch, das H7N9 Schweine infizieren kann, und Schweine waren auch schon früher wichtige Zwischenwirte bei der Entwicklung gefährlicher Grippeviren. Da ist ein anderer Befund beruhigend. David Kelvin.

    "In 'Science' beschreiben wir auch, dass die Symptome der infizierten Frettchen vergleichsweise mild waren. Viel weniger schlimm, als etwa bei dem pandemischen Schweinegrippevirus. Es könnte also sein, dass es schon viele, viele infizierte Menschen gibt, aber dass die kaum Symptome entwickeln und es niemandem auffällt. Wahrscheinlich ist das Virus keine Gefahr für die breite Bevölkerung. Das Problem ist, dass es vor allem für ältere Menschen trotzdem sehr gefährlich ist."

    Vorerst gibt es also keinen Grund zur Panik. Weder breitet sich H7N9 effektiv durch die Luft aus, noch ist es ein besonders aggressives Grippevirus. Nach Ansicht von David Kelvin ist zu früh, die Produktion eines Impfstoffs anzustoßen, oder vorsorglich massenhaft Geflügel zu töten. Das Virus hat sich unter den Hühnern und Schweinen Chinas wohl schon verbreitet, weitere Infektionen von Menschen sind zu erwarten, deshalb sollte man H7N9 auch genau im Auge behalten.

    "Ich denke, die richtige Strategie ist, das Virus sowohl in Vögeln als auch in Menschen zu überwachen. Und nur wenn es aggressiver wird einen passenden Impfstoff herzustellen."