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Vize-Außenminister Szynkowski vel Sęk
Ein Deutschland-Kenner in der PiS-Regierung

Ob Ostseepipeline, Reparationen oder Flüchtlingspolitik: In vielen Dossiers stehen deutsche und polnische Regierung in unterschiedlichen Lagern. Trotzdem haben sich die Beziehungen beider Staaten zuletzt verbessert. Mitverantwortlich dafür: Vize-Außenminister Szymon Szynkowski vel Sęk.

Von Florian Kellermann |
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    Polens Vize-Außenminister Szymon Szynkowski vel Sęk (Deutschlandradio/ Florian Kellermann)
    Szymon Szynkowski vel Sęk reagiert auch mal emotional, wenn er etwas ungerecht findet. Jüngstes Beispiel: Ein deutscher Fernsehsender gab Bildern von Feuerautos in Schweden den Titel: "Hilfe aus Deutschland". Zu sehen aber waren Fahrzeuge der polnischen Feuerwehr, die am schnellsten und umfangreichsten half, die Waldbrände in Schweden zu bekämpfen. "Gar nicht schön, Schande!", schrieb der Politiker auf Twitter und erklärt seine Haltung noch mal auf Deutsch:
    "Das ist auch die Aufgabe für die deutsche Politiker und die deutschen Medien, nicht eine Spirale zu machen von negativen Emotionen gegen Polen. Sondern als Partner alle Fakten zu besprechen. Ich kann das auch gut verstehen, dass unsere Regierung nicht jedem in Deutschland gefallen muss. Aber es ist wichtig, dass wir als Gesellschaften und als Partner in gutem Kontakt bleiben, denn das braucht sowohl Deutschland als auch Polen."
    Studium in Osnabrück
    Szynkowski vel Sęk selbst ist der Beweis dafür, dass die polnische Regierung bereit ist, trotz immer wieder auftauchender Differenzen auf gute Beziehungen zu Berlin zu setzen. Der 35-Jährige ist als ausgewiesener Deutschland-Kenner ins Amt des Vize-Außenministers berufen worden.
    "Ich habe in Deutschland studiert ein halbes Jahr, das war an der Universität Osnabrück. Meine weite Familie kommt aus Deutschland, aus Stuttgart, als Kind bin ich ab und zu dorthin gefahren. Ein paar Mal im Jahr war ich immer in Deutschland."
    Generell sind die Töne der Regierung in Warschau gegenüber Deutschland versöhnlicher geworden, schon seit Beginn des Jahres. Da wurde Jacek Czaputowicz Außenmister. Er bezeichnete den Nachbarn im Westen als den wichtigsten europäischen Partner Polens. Sein Vorgänger hatte an erster Stelle noch Großbritannien genannt.
    Dahinter steht auch Kalkül. Denn Deutschland kann helfen, europäische Entscheidungen zu beeinflussen - auch im Sinne Polens. Vor allem fürchtet Warschau, dass sich der französische Präsident Emmanuel Macron mit seiner Zukunftsvision der EU durchsetzt. Er will etwa, dass die Euro-Länder - Polen gehört nicht dazu - enger zusammenrücken, sogar mit einem eigenen Haushalt.
    Szynkowski vel Sęk: "Das macht uns einige Sorgen, denn wir sind gegen eine EU der vielen Geschwindigkeiten. Es ist eine schlechte Idee, die Zukunft der EU so zu bauen, dass kleinere Klubs entstehen."
    Soll Deutschland Reparationen zahlen?
    Trotzdem gibt es weiterhin viele Kontroversen zwischen Warschau und Berlin, die zum Teil erst mit der Regierungsübernahme der rechtskonservativen Partei PiS entstanden sind. Ein Beispiel: Führende PiS-Politiker fordern Kriegsreparationen von Deutschland. Szynkowski vel Sęk liegt hier voll auf Parteilinie:
    "Das ist eine wichtige Diskussion, weil Polen das größte Opfer des Zweiten Weltkriegs war. Die Fakten sind so, dass wir weniger als ein Prozent von allen ausgezahlten Reparationen bekommen haben."
    Szynkowski vel Sęk war zwei Jahre lang Co-Vorsitzender der deutsch-polnischen Parlamentariergruppe. Er habe dabei viele deutsche Abgeordnete kennengelernt, erzählt er. Wenn er einen deutschen Politiker lobt, dann ist es ausgerechnet ein Politiker der Grünen - Manuel Sarrazin, der Vorsitzende der Parlamentariergruppe im Bundestag. Manuel Sarrazin verstehe etwa die polnischen Bedenken gegen die geplante russische Gaspipeline Nordstream II.
    In der Migrationspolitik sieht Szynkowski vel Sek dagegen andere Verbündete:
    "Unsere Vision geht in die gleiche Richtung wie die von Horst Seehofer, wenn es um die Migrationspolitik geht. Ich freue mich, dass auch in Deutschland unsere Argumente mehr gehört werden."
    Das klingt selbstbewusst. Dennoch wird Deutschland die Zeichen aus Warschau und die Dialogangebote sicher nicht ignorieren.