Musik: "Mein Herz ist eine Höhle"
Er steht einfach nur da – aufrecht, in sich gekehrt. Dann schaut er das Publikum an.
Es geht um tiefes Gefühl – traurige Liebe, inneres Feuer, heftige Lust – und alles pur, ohne jede Ironie. Darf so viel Pathos sein? Vladimir Korneev würde sich diese Frage nie stellen.
"Das Wort Pathos kenne ich einfach nicht "
"Das Wort Pathos kenne ich einfach nicht. Wenn es gut ist und von Herzen kommt, wenn es ernst gemeint ist, gibt es kein Pathos, sondern einfach nur Ehrlichkeit. Es ist einfach das Bedürfnis, Emotionen zu erleben und mit Menschen zu teilen. Das macht uns doch menschlich, sich nicht hinter einer Fassade zu verstecken, sondern in jedem Moment machen, was man will – sich wohlfühlen auf der Bühne und im besten Fall das Publikum vergessen lassen, dass es Zeit gibt, dass man einfach in dem Moment ist und sich spürt."
Es ist das erste Mal, dass Vladimir Korneev auf der Bühne Georgisch singt. Er berichtet über seine Kindheit – vor allem über das Weihnachtsfest, das in Georgien zu Silvester gefeiert wird - mit sehr viel Essen und noch mehr gutem Wein. Und auch beim Erzählen sucht Korneev einen ehrlichen Ton.
"Ich habe nicht wirklich eine Rolle oder einen Charakter, den ich mir gebaut habe. Ich stehe immer mit meinem Leben auf der Bühne. Die Intimität entsteht durch die Schwingung der Stimme, die ja auch mit der Körperhaltung zu tun hat. Und damit, dass man vom Herzen aus spricht."
Vladimir Korneev spricht nicht nur über seine Kindheit, er erzählt auch, worum es in den Liedern geht. In "Sarkat Velo" zum Beispiel werden die Berge und Wälder Georgiens besungen. Dass Korneevs Eltern das Land 1994 wegen eines Krieges verlassen mussten, in den auch Russland eingriff, erfährt das Publikum nicht.
Alle haben dieselben Gefühle und Sehnsüchte
"Den Konflikt zu thematisieren, wird den Konflikt auch nicht ändern. Es ist viel wichtiger zu thematisieren, dass wir alle im selben Boot sitzen. Durch so einen Abend versteht man auch, dass wir alle dieselben Gefühle und dieselben Sehnsüchte und dieselben Ängste auch haben, egal aus welcher Kultur wir sind."
Musik: "Fragile"
Während Vladimir Korneev bisher stets allein am Flügel auftrat, hat er diesmal eine Band. Neben dem Klavier gibt es auch ein Cello, eine Gitarre, einen Kontrabass und eine Cajón.
"Es zieht mich schon in die modernere Richtung, auch ins Englische. Deswegen wollte ich einen richtig geilen E-Gitarren-Sound haben für manche Lieder. Also ich probiere mich gerade aus. Das sind die ersten Schritte in diese Richtung."
Vielseitiges Programm in fünf Sprachen
Der Reiz des Abends ist seine Vielseitigkeit – von Pop bis Folklore ist alles dabei, in fünf verschiedenen Sprachen.
"Wenn ich Spanisch singe, empfinde ich, dass das Spanisch so aus dem Beckenboden kommt. Das Russische, da geht der Kehlkopf wie eine Blume einfach auf. Im Französischen ist es so, als würde ich jemanden die ganze Zeit küssen. Es ist sehr in den Lippen. Also ich spüre es körperlich."
Musik: "Padam, Padam…"
Korneev schaut kurz bei Edith Piaf vorbei, borgt Melodien bei Sting und bei DJ Avicii, um im nächsten Augenblick russische Winterlieder zu singen. Die Mischung ist schräg, aber durch die sehr eigene und emotionale Vortragsweise passt doch alles zusammen. Es geht um Wärme und Herzlichkeit – völlig direkt, ohne ironische Brechung.