245 Millionen Jahre ist das Fossil namens Teleocrater rhadinus alt. Es lebte also in der frühen Trias, kurz nach dem größten Massenaussterben aller Zeiten. Und es ist eines der seltsamsten, das Sterling Nesbitt bislang untergekommen ist:
"Das Tier war etwa zwei bis drei Meter lang, und aus der Ferne betrachtet glich es wohl am ehesten einem Komodowaran, weil sein Hals ungewöhnlich lang war. Doch die recht stämmigen Beine saßen nicht seitlich, sondern unter dem Körper, so wie bei einem Vogel oder einem Dinosaurier. Allerdings lief Teleocrater noch auf vier Beinen. Sein Schwanz war wahrscheinlich recht lang, der Kopf hingegen eher kurz."
Die Zähne waren nach hinten gebogen - Zähne, wie sie typisch sind für fleischfressende Reptilien, erklärt Sterling Nesbitt, der am Virginia Institute of Technology forscht. Als er 2015 drei Teleocrater-Fossilien im südlichen Tansania ausgrub, erinnerten sie ihn sofort an ein anderes, das er im Naturhistorischen Museum von London gesehen hatte:
"Dieses Skelett war 1933 in der Gegend entdeckt worden und ist schon seit rund 60 Jahren in der Sammlung. Wissenschaftlich beschrieben wurde es nie: Der Paläontologe, der in den 1950er Jahren seine Doktorarbeit über dieses Fossil schreiben wollte, starb, bevor er seine Arbeit abschließen konnte."
Jetzt kann man diese alten Knochen durch die Funde von Sterling Nesbitt einordnen, erzählt Paul Barrett vom Naturhistorischen Museum. Vor rund 250 Millionen Jahren waren die Archosaurier aufgetaucht: die gemeinsamen Ahnen aller Krokodile, Dinosaurier, Flugsaurier und Vögel. Bald darauf teilten sich die Archosaurier in zwei Linien auf: eben in die, die zu den Krokodilen führte und in die andere, auf der Dinosaurier und Vögel sitzen:
"Der klassischen Sicht zufolge waren die ersten Dinosaurier relativ kleine, zweibeinige Fleisch- oder Allesfresser. Doch diese dynamischen Tiere müssen ja aus den untersetzten, vierbeinigen Archosauriern entstanden sein. Doch aus der Anfangszeit gab es bisher kaum Fossilien, wir kannten nur die spezialisierten Tiere der späten Trias. Teleocrater füllt jetzt genau diese Lücke."
In gewisser Weise war dieser Onkel der Dinosaurier zusammengesetzt wie ein Puzzle: So waren seine Beine noch in etwa gleich lang, und die Knöchel waren aufgebaut wie bei Krokodilen. Das heißt, er konnte sie - anders als Dinosaurier oder Vögel - nicht nur auf und ab, sondern auch noch seitlich bewegen, beschreibt Sterling Nesbitt:
"Doch zeigen beispielsweise die Muskelansätze an den Oberschenkelknochen bereits Merkmale, die wir später dann von den auf zwei Beinen laufenden Dinosauriern und Vögeln kennen. Obwohl Teleocrater noch unerwartet viele primitive Merkmale von den gemeinsamen Vorfahren aller Archosaurier behalten hat, ist er insgesamt näher mit den Dinosauriern verwandt als mit jeder anderen Gruppe von Reptilien."
Teleocrater verrät, dass die frühe Entwicklung der Dinosaurier komplexer verlief als gedacht - und dass sich krokodilähnliche Merkmale länger gehalten haben, als angenommen:
"Weil wir durch Teleocrater auch etliche andere Fossilien einordnen konnten, beweist er außerdem, dass die frühen Verwandten der Dinosaurier wirklich erfolgreich waren. Wir sehen, dass sie überall gelebt haben. Mit dem Ende der Trias verschwanden diese Onkel der Dinosaurier zwar, aber zu ihrer Zeit waren sie wichtige Mitspieler in vielen Ökosystemen rund um die Welt."
Die Vorfahren von Krokodilen und Dinosauriern entwickelten sich also nebeneinander weiter und zeigten zunehmend unterschiedliche Lösungen, um mit den Herausforderungen ihrer Zeit zurechtzukommen.