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Vögel, Schweine, Mutationen

Virologie. - Die Grippeviren sind eine vielgestaltige Sippe, von denen viele für Menschen ungefährlich sind. Einige aber haben es in sich: der Erreger der Spanischen Grippe von 1918 etwa, das Vogelgrippe-Virus H5N1 oder jetzt der Erreger der Schweinegrippe. Unterschieden werden die einzelnen Subtypen aufgrund ihrer Hülle.

Von Michael Lange | 03.05.2009
    Fachleute teilen Influenzaviren in drei Gruppen ein: Influenza A, B und C. Die wichtigsten und gefährlichsten sind die Influenza A Viren. Eigentlich sind es Vogelviren. Nur wenige Influenza-A-Viren verändern sich und können dann auch andere Wirte infizieren, wie Schweine oder Menschen. Hans-Dieter Klenk ist Influenza-Spezialist, langjähriger Leiter, jetzt Emeritus am Institut für Virologie der Universität Marburg.

    "In ganz seltenen Fällen kann sich dieses Virus, nachdem es die Spezies-Barriere, also die Wirtsgrenze übersprungen hat, an den neuen Wirt anpassen. Das heißt, es kommt zu Veränderungen in der genetischen Substanz dieser Viren. Es kommt zu Mutationen oder auch zum Genaustausch. Aufgrund dieser Mutationen und genetischen Veränderungen entsteht dann aus einem Vogelvirus, ein menschliches Virus oder ein Schweinevirus oder ein Pferdevirus."

    Der Weg vom Vogel kann direkt zum Menschen führen, aber auch über andere Wirte. Sehr häufig ist das das Schwein. In Schweinezellen können zum Beispiel Vogelviren und menschliche Viren einander begegnen. Dort tauschen die Viren Erbmaterial aus. Im Schwein entsteht ein Virus, das ursprünglich ein Vogelvirus war, und nun von Mensch zu Mensch übertragbar ist. Von außen – durch Untersuchung der Viren - lassen sich diese veränderten Eigenschaften nicht erkennen. Für den Menschen harmlose Viren und Pandemie-Kandidaten zeigen keinerlei Unterschiede, weder im Antikörpertest, noch unter dem Elektronenmikroskop. Hans-Dieter Klenk:

    "Die Influenza-A-Viren sind im Elektronenmikroskop gut erkennbar. Das sind sphärische Partikel, teilweise auch fadenförmig, die im Elektronenmikroskop teilweise auch dadurch auffallen, dass sie besetzt sind mit einer Schicht aus Stacheln. Das sind die so genannten Spikes. Und diese Stachelschicht besteht aus zwei Glykoproteinen, also kohlehydrathaltigen Proteinen, von denen das eine das Hämaglutinin ist, und das andere ist die Neuraminidase."

    Nach diesen beiden Glykoproteinen auf der Virusoberfläche werden die Influenzaviren in Subtypen eingeteilt. H steht dabei für Hämaglutinin und N für Neuraminidase. H1N1, H2N1 und so weiter. Insgesamt wurden bisher fünfzehn Hämaglutinin-Subtypen entdeckt und neun Neuraminidase-Subtypen. Das Virus braucht diese "Spikes", um in Zellen eindringen zu können. Im Zellinneren angelangt, nutzt das Virus den Vermehrungsapparat der Zelle, um neues Virusmaterial herzustellen. Zunächst vermehren sich Influenza-Viren in den Schleimhautzellen ihres Wirtes. Von dort gelangen sie dann in andere Teile des Körpers und vermehren sich weiter. Der infizierte Organismus zieht dann alle Register des Immunsystems. Dazu gehören auch Entzündungsprozesse. Die Folge: Fieber, Gelenkschmerzen, Kopfschmerzen, Husten, Atemprobleme, Mattigkeit. Grippe eben.