Die Türkei hat wegen einer österreichischen Parlamentserklärung ihren Botschafter aus Wien zurückgerufen. "Es ist klar, dass die Erklärung des österreichischen Parlaments die türkisch-österreichische Freundschaft dauerhaft beflecken wird", hieß es am Mittwochabend in einer Mitteilung des türkischen Außenministeriums.
Die im österreichischen Parlament vertretenen Fraktionen hatten eine Erklärung unterzeichnet, in der die Verbrechen an den Armeniern während des Ersten Weltkrieges als Völkermord bezeichnet wurden. Danach gedachte das Parlament mit einer Schweigeminute der Opfer. Die Erklärung hat nur einen symbolischen Wert, da sie nicht zur Abstimmung vorgelegt wird. Dennoch stellt sie einen ersten Schritt bei der Anerkennung der Verbrechen an den Armeniern während des Ersten Weltkrieges dar. Nach Schätzungen kamen bis zu 1,5 Millionen Menschen ums Leben, als Armenier im Osmanischen Reich als vermeintliche Kollaborateure systematisch vertrieben und umgebracht wurden. Die Türkei als Nachfolgestaat des Osmanischen Reichs lehnt die Bezeichnung "Völkermord" strikt ab.
Bundestag berät am Freitag
Über eine Armenien-Resolution entscheidet am Freitag der Bundestag. Union und SPD hatten sich auf einen Antrag geeinigt, der die Massaker zum ersten Mal als Völkermord einstuft: "Ihr Schicksal steht beispielhaft für die Geschichte der Massenvernichtungen, der ethnischen Säuberungen, der Vertreibungen, ja der Völkermorde, von denen das 20. Jahrhundert auf so schreckliche Weise gezeichnet ist." Aus Rücksicht auf die diplomatischen Beziehungen zwischen Deutschland und der Türkei hatte die deutsche Regierung den Begriff "Völkermord" bislang vermieden.
Gauck gedenkt der Opfer
In einer ökumenischen Gedenkfeier am Donnerstagabend im Berliner Dom wird sich Bundespräsident Gauck zu dem Thema äußern. Es wird erwartet, dass auch er die Bezeichnung "Völkermord" übernehmen wird. Die christlichen Kirchen bezeichnen die Gräueltaten an den Armeniern ausdrücklich als Völkermord. Papst Franziskus bezeichnete die Armenier als Opfer des "ersten Völkermords im 20. Jahrhundert". Deshalb war bereits der türkische Botschafter beim Vatikan zur Berichterstattung einbestellt.
(sgu/ach)