Archiv

Vogel des Jahres
Zahl der Feldlerchen in Deutschland sinkt weiter

Die Feldlerche ist der "Vogel des Jahres" - zum zweiten Mal bereits. Noch zählt sie zu den häufigsten Vogelarten in Deutschland, doch die Bestände sinken kontinuierlich. Eine andere Agrarpolitik könnte das ändern.

Von Dieter Nürnberger |
    Feldlerche (Alauda arvensis), sitzt in einem Weizenfeld und wacht am Nest
    Weil ihre Lebensräume schwinden, wird die Nahrungssuche für die Feldlerche immer schwieriger (imago / blickwinkel)
    1998 war die Feldlerche schon einmal Vogel des Jahres. Dieser Titel wird seit 1971 vergeben - und bislang war es eher die Ausnahme, dass einer Vogelart zweimal diese "Ehre" zugetragen wird. Die erneute Wahl der Feldlerche ist deshalb auch ein Alarmsignal, sagt Lars Lachmann, Vogelschutzexperte des Naturschutzbundes Deutschland, kurz Nabu, der zusammen mit dem Landesbund für Vogelschutz in Bayern die jährliche Auswahl trifft:
    "Die Bestände der Feldlerche sind seit 1998 um ein weiteres Viertel eingebrochen. Die Probleme der Feldlerche kann man unter dem Begriff einer Intensivierung der Landwirtschaft recht einfach zusammenfassen."
    Lebensräume der Lerche nehmen ab
    Zwar gehört die Feldlerche immer noch zu einer der häufigsten Vogelarten in Deutschland. Doch die Bestände befinden sich seit Längerem in einem stetigen Sinkflug. Weshalb die beiden Verbände mit der Auswahl der Feldlerche die Forderung nach einer grundlegenden Änderung der Agrarpolitik verbinden. Der Grund: Durch den Anbau von überwiegend Monokulturen auf den Feldern geht auch der Lebensraum der Feldlerche signifikant zurück. Nabu-Vogelschutzexperte Lars Lachmann:
    "Wir hatten früher überwiegend kleinere Felder. Bauer A baute Sommergetreide an, Bauer B Wintergetreide und Bauer C ließ eine Fläche auch einmal brachliegen. Dann hatte die Feldlerche zu jeder Zeit im Frühjahr irgendwo einen Platz, wo sie niedrige und schüttere Vegetation zum Brüten und zur Nahrungssuche gefunden hat."
    Nahrungssuche wird schwieriger
    Heutzutage werde großflächig meist nur noch eine Sorte angebaut. Auf einem Feld steht dann Mais oder Wintergetreide, auf dem daneben Raps. Verbunden mit einem intensiven Pestizideinsatz. Für die Feldlerche erschwert dies die Nahrungssuche und die Fortpflanzung. Denn Insekten, Regenwürmer und andere Kleintiere werden immer weniger:
    "Dann kann die Feldlerche brüten, solange das Wintergetreide noch nicht so hoch gewachsen ist. Ab Mitte Mai aber steht das Wintergetreide so hoch, dass die Feldlerche dort nicht einmal mehr landen, geschweige denn dort nach Nahrung suchen kann. Deswegen bringen Feldlerchen heutzutage meistens nur noch eine Jahresbrut durch."
    Einige Höfe zeigen, wie es anders geht
    Die Feldlerche ist ein eher kleiner Vogel: bis zu 18 Zentimeter Körperlänge. Das Gefieder ist beige bis rötlich-braun, dadurch ist sie in Stoppelfeldern auch bestens getarnt. Auffällig sind kleine schwarz-braune Längstreifen im Gefieder und eine kleine Federhaube.
    Damit sich die Lebensräume der Feldlerche besser erhalten lassen, hat der Nabu zusammen mit dem Deutschen Bauernverband und der Michael-Otto-Stiftung ein Feldlerchen-Projekt ins Leben gerufen. Es begann vor ein paar Jahren. Lars Lachmann:
    "Es gibt zehn Beispielbetriebe in ganz Deutschland. Mit diesen Betrieben wird gemeinsam erarbeitet, welche Naturschutzmaßnahmen auf den Höfen und Äckern durchgeführt werden können. Wenn das Projekt Schule macht, dann kann man aufzeigen, wie ein Landwirt, ohne Bankrott zu gehen, trotzdem Naturschutz betreiben kann."
    Forderung nach neuer Agrarpolitik
    Das Feldlerchenprojekt ist ein Anfang, mehr nicht. Denn nur eine naturverträgliche Landwirtschaft könne Arten wie die Feldlerche langfristig erhalten. Statt der überwiegend pauschal gezahlten Flächenprämien in der EU-Agrarpolitik müsste mehr in Grün- und Naturschutzflächen investiert werden.
    Durch die zunehmend milderen Winter gibt es inzwischen auch hierzulande einzelne Regionen, wo die Feldlerche ganzjährig anzutreffen ist. Doch der Großteil macht sich in diesen Tagen auf - Richtung Südeuropa:
    "Sie kommen dann als erste Frühlingsboten im Februar oder März schon wieder zurück. Und fangen auch sofort mit dem Singen an. Die Feldlerche ist der Soundtrack der Agrarlandschaft. Wobei es leider heutzutage so ist, dass es schon Gegenden gibt, wo man nur noch selten Feldlerchen hört. Wir müssen wirklich befürchten, dass der Himmel über unseren Feldern inzwischen verstummt."