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Vogelgrippe
Immer neue H5-Viren in Südostasien

Wie H5N8 - eine vergleichsweise junge Virusvariante der Vogelgrippe - aus Asien nach Europa gelangte, ist noch nicht vollständig geklärt. Im Verdacht stehen unter anderem Zugvögel. Was den Forschern aber große Sorgen bereitet: H5N8 ist bei weitem nicht das einzige neue H5-Virus, das in Asien zirkuliert.

Von Marieke Degen |
    Ein Schild informiert am 06.11.2014 über den Ausbruch der Geflügelpest in einem Mastputenbetrieb im Kreis Vorpommern-Greifswald.
    Der Virus-Typ H5N8, der in Geflügelställen in Europa aufgetaucht ist, ist bisher noch nicht beim Menschen festgestellt worden. (picture alliance / dpa - Bernd Wüstneck)
    Vogelgrippe - dieser Begriff war jahrelang fest mit einem Virustyp verbunden: mit H5N1. Seit den 90ern treibt H5N1 sein Unwesen, vor allem auf Geflügelfarmen in Südostasien. Doch in diesem Jahr sind plötzlich ganz neue H5-Viren aufgetaucht. Ein neues H5N2, H5N3 und H5N5-Virus in China. Ebenfalls in China, aber auch in Laos und Vietnam wütet ein H5N6-Virus, das schon zu Tausenden Ausbrüchen geführt hat. Und schließlich H5N8, das in China, Korea und Japan gefunden worden ist – und jetzt auch in Europa. Offenbar hat sich die originäre Vogelgrippe H5N1 mit diversen anderen Grippeviren vermischt und dabei die neuen Subtypen hervorgebracht.
    "Damit es zu einer Reassortierung kommt, muss eine Zelle in einem empfänglichen Wirt – das kann eine Stockente sein, das kann eine Hausgans sein, das kann ein Haushuhn sein – von zwei verschiedenen Influenzaviren infiziert werden", sagt Timm Harder vom Friedrich-Löffler-Institut auf der Insel Riems, Leiter des Nationalen Referenzlabors für Vogelgrippe.
    "Zum Beispiel ist es vorstellbar, dass ein H4N2-Virus und ein H5N1-Virus dieselbe Zelle der Stockente infizieren, sich mischen und neue Nachkommen-Virionen hervorbringen. Und eines oder mehrere davon haben das H5 des einen Elternvirus und das N2 des anderen Elternvirus, sodass also ein H5N2-Virus zustande kommt."
    Bisherige Impfstoffe womöglich wirkungslos
    Damit das überhaupt passieren kann, müssen viele verschiedene Grippeviren zirkulieren – und das ist in Südostasien der Fall, bei Geflügel und bei Wildvögeln. Doch warum ausgerechnet jetzt, auf einen Schlag, so viele neue H5-Reassortanten entstanden sind, das wissen die Grippe-Spezialisten nicht.
    "Das Problematische an diesen Reassortanten ist, dass sie sich möglicherweise weiterentwickeln und andere biologische Eigenschaften erwerben."
    Die neuen Viren sind nicht mehr so leicht nachweisbar mit den herkömmlichen Diagnosemethoden. Und: Die Impfstoffe, die in Asien eingesetzt werden, um die Vögel vor der herkömmlichen Vogelgrippe H5N1 zu schützen – diese Impfstoffe können gegen die anderen H5-Typen möglicherweise nichts ausrichten.
    "Dafür gibt es bereits Hinweise aus den Untersuchungen in China: die H5N2-Reassortante, die dort aufgetreten ist, hat sich also antigenetisch bereits von den dort eingesetzten Vakzinen wegbewegt, sodass die Impfstoffe nachgeführt werden müssen, auf die neuen Reassortanten angepasst werden müssen."
    Es müssten womöglich neue Impfstoffe produziert werden, um die Vögel gegen den neuen H5-Typen zu wappnen. Wenn sich Grippeviren neu zusammenwürfeln, besteht immer auch die Gefahr, dass sie leichter auf den Menschen überspringen könnten. H5-Infektionen beim Menschen sind sehr selten, aber gefährlich. An der Vogelgrippe H5N1 sind in den letzten zehn Jahren um die 650 Menschen erkrankt, mehr als die Hälfte ist gestorben. Auch das neue H5N6 hat schon ein Todesopfer gefordert: im Mai ist ein Geflügelfarmer aus China daran gestorben. Die anderen neuen H5-Typen, auch H5N8, das in Geflügelställen in Europa aufgetaucht ist, sind bisher noch nicht beim Menschen gefunden worden.
    "Man müsste dahingehend weiter untersuchen, wie sich diese Viren weiter verbreiten. Zum einen ist also die Surveillance von großer Bedeutung."
    Und das nicht nur in Asien, sondern auch in Europa. Das Friedrich-Löffler-Institut ist auf die neuen H5-Typen vorbereitet, sagt Timm Harder. Die Diagnostik steht, die Überwachung von Wildvögeln und Geflügelbeständen wird intensiviert. Die neuen H5-Viren machen die Vögel schwer krank – eine Eigenschaft, die sie von der ursprünglichen Vogelgrippe H5N1 behalten haben. Für die Fachleute ist das ein Vorteil: Sie können einen Ausbruch schnell erkennen und eindämmen.