Nach Angaben des Friedrich-Loeffler-Instituts wurde der hochansteckende Erreger H5N8 inzwischen bei Wildvögeln in elf Bundesländern nachgewiesen – in Mecklenburg Vorpommern und Schleswig-Holstein sind auch Nutzgeflügelbestände betroffen. Per Eilverordnung werden nun Schutzvorkehrungen ausgewietet.
Auch kleinere Betriebe müssen strenge Sicherheitsbestimmungen einhalten; demnach dürfen keine Unbefugten mehr in die Ställe, die Tierhalter müssen Schutzkleidung tragen und vor dem Betreten ihre Hände und ihre Stiefel desinfizieren. Im Interview mit dem NDR spricht der stellvertretende Leiter des Friedlich-Loeffler-Instituts Franz Conraths von ebenso aufwendigen wie unverzichtbaren Auflagen:
"Wir haben ein ähnliches Geschehen ja auch schon einmal vor zwei Jahren gehabt, wo ich einfach noch einmal ein Beispiel nennen kann: In einer Stalleinheit, in der 4.000 Puten gehalten wurden, sind innerhalb von wenigen Tagen 3.700 gestorben, also weit über 90 Prozent – schneller, als man diese Tiere dann töten konnte!"
Möglichkeit einer bundesweiten Stallpflicht
Bislang gilt die Stallpflicht für das Federvieh je nach Risikolage. Das könnte sich bald ändern. Der gemeinsame Krisenstab von Bund, Ländern und Gemeinden, dem auch Tierärzte und weitere Experten angehören, will noch einmal über die Möglichkeit einer bundesweiten Stallpflicht beraten.
Auch in Dänemark ist nach mehreren Fällen bei Wildvögeln inzwischen ein Geflügelbestand betroffen. Unterdessen müssen in Deutschland immer neue Bestände getötet werden – im schleswig-holsteinischen Kreis Dithmarschen sollen Spezialisten fast 9.000 Gänse keulen. Zwar ist noch nicht klar, ob sich die Tiere aus diesem Bestand wirklich mit dem gefährlichen H5N8-Virus angesteckt haben oder einer weniger ansteckenden Virusvariante - aber die Behörden wollen auf Nummer sicher gehen.
Menschen sind nicht gefährdet
Ein Straußenzüchter aus Canzow in Mecklenburg-Vorpommern hat alle seine Tiere zum Schlachten angemeldet, weil man die großen Laufvögel - wie er sagt - nicht guten Gewissens einsperren könne. In Hamburg beobachtet die Wasserschutzpolizei das Elbufer seitdem dort drei tote Wildvögel angeschwemmt wurden. Menschen sind bei Einhaltung gewöhnlicher Hygienevorschriften nicht in Gefahr, betonen Behörden und Verbraucherschutzverbände unisono.
"Was wir aber tun können, ist das Risiko, dass das Virus eingeschleppt wird in die Geflügelhaltung, das so gering wie möglich zu halten. Und da können Geflügelhalter ihren Beitrag zu leisten, genauso aber Hundehalter, Katzenhalter. Es ist zum Beispiel ratsam, dass Hunde derzeit nicht an Wildvögel gehen."
Sagt Nicola Kabel vom schleswig-holsteinischen Umweltministerium. Das Friedlich-Loeffler-Institut als maßgebliche Instanz der Bundesregierung hält es für möglich, dass infizierte Wildvögel das Virus aus Ostasien eingeschleppt haben könnten.
Suche nach der Herkunft des Virus
Lars Lachmann mag an diese sogenannte Wildvogel-Hypothese nicht glauben: Der Vogelexperte der Umweltschutzorganisation NABU betont, dass die Vogelgrippe-Viren ursprünglich in kommerziellen Geflügelbetrieben entstehen:
"Sodass Wildvögel immer wieder neu angesteckt werden durch Quellen aus der Geflügelwirtschaft, wo das Virus nachweislich in Ostasien aber auch in Ägypten all die Jahre in der Geflügelwirtschaft überdauert hat. Wir fordern daher ganz dringend, auch alle anderen möglichen Eintragswege zu untersuchen – und dazu gehört insbesondere der Handel in der internationalen Geflügelwirtschaft und sämtliche Stoffflüsse oder Personenflüsse, die damit zusammenhängen."
Denn noch immer sei unklar, wie das Vogelgrippe-Virus H5N8 überhaupt nach Deutschland gelangt sei – und wer hier eigentlich wen angesteckt habe.