Susanne Kuhlmann: In Niedersachsen werden 16.000 Puten notgeschlachtet und Katzen müssen an die Leine. Die Vogelgrippe besorgt nicht nur die kommerziellen Geflügelhalter. In vielen Teilen Deutschlands grassiert unter den Wildvögeln der besonders ansteckende Influenza-Typ H5N8. Die Geflügelwirtschaft verlangte gestern eine bundesweite Stallpflicht, denn Bestände in Freilandhaltung sind besonders gefährdet, ein großes wirtschaftliches Problem also auch. Aber was sollen eigentlich Leute tun, die als Hobby ein paar Hühner oder auch anderes Geflügel halten?
- Die Frage geht an Professor Theo Mantel, Ehrenpräsident der Bundes-Tierärztekammer. Guten Tag.
Theo Mantel: Guten Tag.
Kuhlmann: Was sollen Hobby-Geflügelhalter tun?
Mantel: Ich fühle mich da direkt betroffen, weil ich selbst Hobby-Geflügelhalter bin. Und bin seit letztem Freitag auch mit der Stallpflicht überzogen worden. Und es ist bei den Hobby-Geflügelhaltern nicht anders als bei den gewerblichen Haltern. Wenn die Landesregierung eine Aufstallungspflicht beschließt, dann ist die zu vollziehen. Seit letzten Freitag haben wir in Bayern die Aufstallungspflicht und viele andere Bundesländer sind ja auch schon so weit. Und dann müssen die Tiere im Stall bleiben. Hier muss man entsprechende Möglichkeiten schaffen, dass man auch nicht mit dem Tierschutz in Konflikte kommt. Aber das ist in jedem Einzelfall zu vollziehen. Und aus gutem Grund, denn wir haben hier jederzeit die Möglichkeit des Viruseintrags auch in kleine Bestände. Das Virus macht ja nicht vor Kleinbeständen Halt, sondern die sind aus mikrobiologischer Sicht genauso zu beurteilen wie die Großbestände.
Kuhlmann: Wie erfahren die Hobby-Geflügelhalter denn überhaupt von diesen Vorschriften und wo können sie sich informieren?
Veterinäramt informiert
Mantel: Sie können sich informieren bei ihrem zuständigen Veterinäramt. Jeder Landkreis und jede kreisfreie Stadt hat ein Veterinäramt. Da genügt ein Anruf. Im Übrigen ist es in den regionalen Tageszeitungen veröffentlicht, in den Medien veröffentlicht. Informationsmöglichkeiten gibt es hier reichlich. Und wer wissen will, was er hier zu tun hat, ein Anruf beim Veterinäramt genügt.
Kuhlmann: Was ist das konkret, was genau passiert, wenn die Tiere draußen sind und mit infizierten Wildvögeln in Kontakt kommen? Wie stecken die sich genau an?
Auch tote Wildvögel stellen ein Risiko dar
Mantel: Wir müssen bei wie bei jeder anderen Viruserkrankung auch unterscheiden zwischen lebenden und leblosen Vektoren. Und der klassische Fall bei der Übertragung durch lebende Vektoren wäre die Übertragung des Virus durch Wildvögel, durch Wassergeflügel, durch Schwäne, Enten oder durch anderes Wildgeflügel direkt von Tier zu Tier innerhalb des Geflügelbereichs. Aber wir müssen auch die Übertragung durch sogenannte leblose Vektoren in Betracht ziehen, das heißt, durch Futtermittel, durch Kot, der hier verbreitet wird. Und deshalb ist ja auch in manchen Gebietskörperschaften schon die Festlegungspflicht für Hunde gegeben und die Einsperrpflicht für Katzen, weil die auch in der Lage sind, ohne selbst zu erkranken das Virus zu übertragen, wenn sie Kontakt mit infizierten Kadavern von Wildvögeln hatten.
Kuhlmann: Ganz kurz noch zum Schluss. Wie lange muss man sich wohl diesen Schutzmaßnahmen unterwerfen?
Mantel: Das ist eine gute Frage. Das Seuchengeschehen wird hier permanent beobachtet. Und ich persönlich gehe davon aus, dass es mit größter Wahrscheinlichkeit über den Winter gehen wird. Und wenn wir dann im Frühjahr eine andere Witterungssituation haben mit intensiverer Sonneneinstrahlung, dann gehe ich davon aus und hoffe, dass wir dann wieder die Maßnahmen lockern können.
Kuhlmann: Wie sollen sich Hobby-Geflügelhalter angesichts der Vogelgrippe verhalten? - Das war Professor Theo Mantel, Ehrenpräsident der Bundes-Tierärztekammer. Ihnen danke nach Berlin.
Mantel: Danke schön! Auf Wiederhören.
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