Bei Volkswagen wollen sie Transparenz wagen - doch die Medien sollen von der Atmosphäre nicht mehr einfangen, als die sorgsam inszenierten Reden. Vorn die Führungsriege unter dem blau-weißen Logo, hinten abertausende Beschäftigte auf ihren Klappstühlen. Erst spielt die Blaskapelle auf, dann spendet der Sänger Peter Maffay Trost. Einen kleinen Hinweis auf seine Stimmungslage gibt dieser Adler. Er sagt auf die Frage, ob er noch Vertrauen in das Management habe: "Ich habe gar keine andere Wahl! Ich mache meinen Job - bloß, wenn das hier alles untergeht, dann war's das!"
Die Staatsanwaltschaft Braunschweig teilt mit, die Zahl der Beschuldigten im Ermittlungsverfahren zur Abgas-Affäre sei von sechs auf 17 gestiegen. Nach wie vor stehe kein Vorstandsmitglied unter Verdacht. Kein Wort dazu von Matthias Müller - auf der Betriebsversammlung spricht der Konzernchef von "Zuspitzungen", die die Beschäftigten nicht verdient hätten.
"Falls Sie in den letzten Tagen auch gelesen, gesehen oder gehört haben, dass bei uns angeblich etwas verschleiert, vertuscht oder verschleppt worden ist, kann ich mit bestem Wissen und Gewissen sagen: Das ist nicht der Fall!"
Gemeint sind Medienberichte, dass der Vorstand offenbar schon wesentlich früher von den Dieselmanipulationen wusste als bislang dargestellt. Auch die Rolle des früheren Finanzvorstands und jetzigen Aufsichtsratsvorsitzenden Hans Dieter Pötsch bei der Entstehung der Diesel-Affäre ist ungeklärt. In Wolfsburg demonstrativer Schulterschluss: Betriebsratschef Osterloh und Ministerpräsident Weil loben Pötsch unisono als unermüdlichen Aufklärer. Weitere unangenehme Enthüllungen sind nicht ausgeschlossen, so die Botschaft, das ganze Bild werde erst der Bericht der internen Untersuchung durch die Anwaltskanzlei Jones Day liefern, der im April kommen soll.
Konzernchef Müller vermeidet Aussagen, ob die Arbeitsplätze von Stammbelegschaft und Leiharbeitern in Zukunft noch sicher sind. Das hängt nicht zuletzt von den drohenden Strafen der US-Behörden ab, bemerkt Betriebsrat Osterloh:
"Sollte die Zukunftsfähigkeit von Volkswagen durch eine Strafzahlung in bislang einmaliger Höhe nachhaltig gefährden, wird dieses auch dramatische soziale Folgen haben - nicht nur an unseren US-amerikanischen Standorten, sondern auch in Europa und anderswo. Wir hoffen sehr, dass die US-Behörden auch diese soziale und beschäftigungspolitische Dimension letztlich im Blick haben!"
Die Sorgen in der Belegschaft sind groß: In Zwickau, Emden und Hannover müssen 1.000 Leiharbeiter gehen, weil ihre Verträge nicht verlängert werden.