"Ich bin ein Niemand und ich lebe kein gutes Leben", sagte Goijman in einem Interview vor einigen Monaten der WDR-Sendung sport inside. Bis 2002 war er Präsident des argentinischen Volleyballverbandes und im Vorstand des Weltverbandes FIVB, war Teil der Glamourwelt des Sports.
Heute lebt er als gebrochener Mann in einem Vorort von Buenos Aires.Seine Familie sagte sich von ihm los, er ist finanziell ruiniert und psychisch angeschlagen.
"Ich habe meine Autos, meine Freunde verloren. Ich habe mein Haus verloren. Ich wohne jetzt hier, nachdem ich an einem schönen Ort gewohnt habe. Ich war ja ein reicher Unternehmer. Jetzt bin ich arm, weil ich für Transparenz und Ehrlichkeit gekämpft habe. Es ist eine traurige Geschichte."
Zehn Prozent für die Ehrenämtler
Die Geschichte: Goijman brachte einen der spektakulärsten Korruptionsfälle der olympischen Geschichte ans Licht. Den größten Skandal des Volleyballs. Deren Weltverband FIVB einer der vermögendsten der Welt. Und - einer der korruptesten. Lange Jahre geführt vom Mexikaner Ruben Acosta. IOC-Mitglied, bis er selbst dort gehen musste. Mit seinem diktatorischen Führungsstil machte er sich die eigenen Taschen voll.
Goijmans Kampf begann, als die persönliche Bereicherung besonders dreist wurde: Vor Jahren beschloss der Vorstand, dass von jedem TV- und Sponsoringvertrag zehn Prozent der millionenschweren Summen in die Tasche desjenigen fließen, der für die FIVB unterschreibt. Goijman erinnert sich gut an die Sitzung.
"Ich fragte, doch nicht für die Vorstandsmitglieder, die sollen doch keinen Bonus erhalten – das ist doch ein Ehrenamt. Zum Beispiel darf der Präsident doch keine zehn Prozent Kommission erhalten. Sofort hat Präsident Acosta die Sitzung für eine Kaffeepause unterbrochen. Er fragte mich, Mario bis du verrückt? Was sagst du da? Ab dem Moment nahm mich Acosta als Bedrohung für seine 24-jährige Präsidentschaft wahr."
Die Schulden bleiben bis heute
Die Schulden bleiben bis heute
Acosta regierte den Verband bis 2008. Neben der Zehn-Prozent Regel gab es noch diese: Verträge durfte nur der Präsident unterzeichnen. Also Acosta persönlich. Goijman kritisierte Acosta öffentlich, wies auf Bilanzfälschungen und auf verschwundene acht Millionen Dollar hin. Das wurde ihm zum Verhängnis: Denn seine Kritik äußerte er kurz vor der Volleyball-WM in Argentinien 2002. Zum Zeitpunkt der schlimmsten Wirtschaftskrise des Landes. Goijman haftete bei der WM mit eigenem Geld. Die FIVB fuhr satte Gewinne ein, sagte zu Verluste des Ausrichters auszugleichen. Doch Goijman blieb auf den Miesen sitzen. Bis heute.
"Stand heute ist der Betrag 1,35 Millionen US-Dollar, die dem argentinischem Verband zustehen. Davon gehören 90 Prozent mir."
Nach der WM wurden Goijman, sein Verband und die, die ihn anfänglich unterstützen, sogar suspendiert. Er wurde zu einem Geächteten in der Sportwelt. Er prozessierte gegen den Weltverband und seinen Präsidenten. Acosta kam ungeschoren davon. Goijman kostete der Kampf alles. Er musste sein Haus räumen, sein Besitz wurde zwangsversteigert.
Von ganz oben nach ganz unten
Von ganz oben nach ganz unten
"Ich habe es nicht verdient alles zu verlieren. Von ganz oben nach ganz unten zu fallen ist schlimm. Ich leide sehr darunter. In diesem Moment leide ich."
Ruben Acosta steckte mindestens 33 Millionen Dollar Verbandsgelder in die eigene Tasche - noch mehr als Goijman aufdeckte. Das gab die FIVB später sogar zu. Zurückzahlen musste Acosta nie. Ehrenpräsident ist er bis heute.
Mario Goijman wurde vom Weltverband nie rehabilitiert.
Für sein Schicksal interessiert sich niemand mehr im organisierten Sport. Whistleblower - vor allem aus der Funktionärsriege - werden in der Sportfamilie nicht geduldet und schnell geächtet. Mario Goijman hat nie Unterstützung aus der Olympischen Glamourwelt erfahren. Vielleicht weil sein Schicksal vielen als mahnendes Beispiel ganz gut gefällt.