Riedbahn
Vollsperrung der Bahnstrecke zwischen Frankfurt und Mannheim - worauf sich Fahrgäste einstellen müssen

Die Deutsche Bahn beginnt am Montag mit der Sanierung einer ihrer wichtigsten Strecken, der sogenannten Riedbahn zwischen Frankfurt am Main und Mannheim. Das Projekt hat massive Auswirkungen auf den bundesweiten Bahnverkehr, denn die Strecke wird fünf Monate lang komplett gesperrt. Wir erklären, was auf Fahrgäste zukommt.

13.07.2024
    Das Foto zeigt Bauarbeiten auf dem Gleiskörper der Bahnstrecke in Biblis.
    Die Riedbahn-Strecke wird komplett saniert. (Arne Dedert/dpa)

    Was ist die Riedbahn und warum ist sie so wichtig?

    Die Strecke zwischen Frankfurt und Mannheim ist eine zweigleisige, elektrifizierte Verbindung von zentraler Bedeutung für Fern-, Nah- und Güterverkehr. Jeder siebte Fernzug nutzt diese Gleise. Jeden Tag sind mehr als 15.000 Berufspendler und Reisende im Nahverkehr unterwegs. Auch für den Güterverkehr hat die Strecke laut Bahn eine hohe Bedeutung, weil drei von elf transeuropäischen Güterverkehrskorridoren mit ihr verbunden sind. Insgesamt fahren dort täglich 300 Züge.
    Spätestens seit den 80er-Jahren gilt die Trasse, die auch Riedbahn genannt wird, als überlastet. Zuletzt gab es auf der Strecke täglich mindestens eine Störung mit Einschränkungen für den Zugverkehr. Probleme auf diesem Abschnitt wirken sich oft auf den bundesweiten Fernverkehr aus und können auch in Hamburg oder Stuttgart zu Verspätungen führen.

    Was wird ab dem 15.7. gemacht?

    Laut der Bahn wird der Abschnitt generalsaniert. Das heißt konkret: 140 Kilometer Oberleitungen, 150 Weichen, 265.000 Schwellen und 120 Kilometer Gleise werden verbaut.
    Außerdem wird neue Signal- und Stellwerkstechnik installiert. Entlang der Strecke sollen 20 Bahnhöfe modernisiert und 15 Kilometer Lärmschutzwände gebaut oder erneuert werden. Die Bahn geht aktuell von Kosten in Höhe von 1,3 Milliarden Euro aus. Ursprünglich war von 500 Millionen Euro die Rede.

    Welche Folgen hat die Sperrung für den Fernverkehr?

    ICE- und IC-Züge werden während der Sperrung umgeleitet. Sie fahren über Mainz und Worms beziehungsweise über Darmstadt und Heidelberg. Die Fahrzeit verlängert sich um rund 30 Minuten. Ein Drittel der Fernzüge wird gestrichen, weil die Ausweichstrecken nicht den gesamten Verkehr übernehmen können.
    Das hat Auswirkungen weit über die Region hinaus, denn selbst Verbindungen nach Paris laufen über die Trasse. Der Fernbahnhof am Frankfurter Flughafen kann aus Richtung Mannheim nicht mehr direkt angefahren werden. Reisebusse sollen dafür ab Mannheim Deutschlands wichtigsten Flughafen ansteuern.

    Welche Folgen gibt es für den Nahverkehr?

    Der Nahverkehr auf der Strecke wird im Zeitraum der Sanierung eingestellt. Auch Nebenstrecken der Riedbahn sind betroffen. Die Bahn plant einen Schienenersatzverkehr mit Bussen. Der Konzern hat 150 Gelenk- und Überlandbusse gekauft, die mit WLAN, USB-Anschlüssen und Gepäckflächen ausgestattet sind. 400 Fahrerinnen und Fahrer eingestellt. Sie kommen teilweise aus dem Ausland, sodass Wohnungen und Deutschkurse für sie organisiert wurden.
    Der Bahn zufolge gibt es 13 Buslinien, von denen jede im 30-Minuten-Takt fährt. Weil sich die Linien überschneiden, fährt auf allen Abschnitten mindestens alle 15 Minuten ein Bus, auf einzelnen Abschnitten alle fünf Minuten.
    Bei einer Generalprobe Anfang des Jahres lief einiges noch nicht rund. Die Bahn hat an dieser Stelle Verbesserungen versprochen, etwa bei der Schulung der Busfahrer. Die Bahn informiert Anwohner und Pendler unter anderem mit einem Whatsapp-Kanal. Außerdem gibt es einen Ticker mit aktuellen Informationen.

    Welche Auswirkungen hat die Sperrung auf den Güterverkehr?

    Der Güterverkehr wird großräumig über verschiedene Strecken umgeleitet. Die Bahn betont, diese seien vor der Sperrung instandgesetzt worden.

    Welche Strecken will die Bahn noch sanieren?

    Die Sanierung der Riedbahn ist nur der Auftakt von zahlreichen Generalsanierungen in den nächsten Jahren. 40 Strecken sollen bis 2030 umfassend modernisiert werden und die Zuverlässigkeit der unpünktlichen Bahn langfristig wieder verbessern. 
    Als Nächstes ist ab August 2025 der Abschnitt zwischen Hamburg und Berlin dran. Die zunächst angekündigte Sperrzeit von rund einem halben Jahr pro Generalsanierung kann dort nicht eingehalten werden. Die Strecke wird nach jetzigem Stand bis April 2026 gesperrt, also neun Monate lang. 
    Die Bauindustrie äußerte Zweifel, ob alle Strecken in den nächsten Jahren wirklich modernisiert werden können. Die Unternehmen können bis heute noch keine realistische Kapazitätsplanung machen, da Politik und DB sich nicht einig seien, sagte der Hauptgeschäftsführer des Hauptverbands der Deutschen Bauindustrie, Müller, der "Welt am Sonntag".

    Warum sind so aufwendige Generalsanierungen mit Vollsperrungen nötig?

    Die Bahn-Infrastruktur wurde jahrzehntelang vernachlässigt und ist an vielen Stellen überaltert und überlastet. Bund und Bahn haben deshalb im vergangenen Jahr den Plan gefasst, mit Milliardensummen das Netz zu ertüchtigen. Dabei sollen die Hauptstrecken nicht wie sonst bei laufendem Betrieb, sondern während monatelanger Vollsperrungen komplett saniert werden.
    Manche Bauarbeiten können allerdings auch nicht aufgeschoben werden, bis eine Generalsanierung auf dem entsprechenden Abschnitt ansteht. Das betrifft auch die Strecke Hamburg - Berlin. Bereits dieses Jahr wird dort mit erheblichen Einschränkungen für die Fahrgäste monatelang gebaut.
    Bahnvorstand Huber räumte zuletzt ein, dass sich die Eisenbahn-Infrastruktur in Deutschland deutlich an ihrer Belastbarkeitsgrenze befindet. Die strukturellen Probleme im Schienenverkehr mit unpünktlichen oder ganz ausfallenden Zügen während der Fußball-Europameisterschaft hätten noch einmal offengelegt, dass das Bahnnetz übervoll und in die Jahre gekommen sei, sagte Huber im Deutschlandfunk. Kritik an der Leistung der Bahn während der Fußball-EM sei berechtigt.
    (Mit Material von Reuters und dpa)
    Diese Nachricht wurde am 13.07.2024 im Programm Deutschlandfunk gesendet.