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Vom Fisch zum Landei

Als vor etwa 360 Millionen Jahren viele Wirbeltiere den Sprung vom Wasser aufs Land vollzogen, schienen sie dabei nahezu keine Spuren hinterlassen zu haben. Doch jetzt haben zwei britische Paläontologen in Südschottland doch Fossilien gefunden, die genau in diese Lücke fallen.

Von Dagmar Röhrlich |
    Im Lauf der mehr als drei Milliarden Jahre währenden Geschichte des Lebens auf der Erde hat es ein paar entscheidende Entwicklungsschritte gegeben: einer davon war der Landgang der Wirbeltiere. Was genau vor mehr als 360 Millionen Jahren passiert ist, gehört zu den Rätseln der Paläontologie, allerdings zu denen, die anscheinend gelüftet werden. So sind in jüngster Zeit etliche Fische entdeckt worden, die belegen, wann und wie die für den Landgang notwendigen Veränderungen im Körperbau abgelaufen sind. Doch wie es danach an Land weiterging, fehlten bislang jedoch die Fossilien:

    "Da ist diese 20 Millionen Jahre dauernde Überlieferungslücke, aus der wir nur zwei Fossilien von Vierbeinern kennen. Deshalb konnten wir bislang nur ziemlich haltlos darüber spekulieren, was geschehen sein mag",

    erklärt Jennifer Clack von der Universität Cambridge. Diese 20 Millionen Jahre lange Lücke ist nach dem amerikanischen Paläontologen Alfred Sherwood Romer benannt worden - und in ihr muss Entscheidendes passiert sein: Vorher waren die Wirbeltiere noch sehr ans Wasser gebunden, schafften höchstens einen kurzen Aufenthalt auf dem Trockenen. Nach dieser Lücke hatten sie das Festland bereits in großer Vielfalt erobert.

    "Wir wissen, dass es vor dieser Romer Lücke ein Massenaussterben gegeben hat, bei dem mehr als die Hälfte der Wirbeltiergruppen verschwanden. Wir wollen nun herausfinden, was damals passiert ist, was dieses Massenaussterben ausgelöst hat, wie sich die Natur danach wieder erholte und wie es während der Romer Lücke weiterging."
    In dieser Zeitspanne zwischen 360 und 345 Millionen Jahren vor heute müssen sehr schnell sehr viele Entwicklungen abgelaufen sein, erklärt Jennifer Clack. Und in diese rätselhafte Periode bringen die mehr als 100 Fossilien, die ihre Kollegen Tim Smithson und Stan Wood im Süden Schottlands entdeckt haben, erstmals Licht:

    "Wir haben eine Mischung aus großen und kleinen Tieren gefunden. Sie waren Raubtiere. Die haben sich gegenseitig gejagt, andere haben Fisch gefressen und wieder andere Hundert- und Tausendfüßer oder Skorpione. Pflanzenfresser gab es damals noch nicht."

    Diese frühen Landbewohner lebten in einem Gebiet, das damals knapp nördlich des Äquators lag. Es war wahrscheinlich heiß und feucht, und es gab dort Seen, Flüsse und Lagunen.

    "Das war wirklich eine einzigartige Umgebung. Und es ist ein einzigartiger Fund, weil wir endlich anhand von Fossilien sehen, was in dieser kritischen Periode passiert ist. Schließlich bilden die Vierbeiner, deren Ahnen das Massenaussterben überlebten und sich während Romers Lücke ausbreiten konnten, die Basis für unsere Welt heute."

    Damals fiel auch die endgültige Entscheidung zugunsten der Füße und Hände mit fünf Zehen oder Fingern - wahrscheinlich, weil das von der Statik und Beweglichkeit her die optimale Lösung für ein Leben an Land ist. Nun wollen die Paläontologen die Fundstellen in der schottisch-englischen Grenzregion eingehender untersuchen. Die Chancen stehen also gut, dass die Romer-Lücke bald geschlossen sein wird.