Robert Badinter goss den wütenden Text Victor Hugos in ein konzises, fein gewürztes Libretto mit scharf geschnittenen Einzelszenen. Claudes Beziehung zu Albin ist hier keineswegs nur platonisch – ein gefundenes Fressen für Olivier Py, der sich von seinem Lieblingsbühnenbildner Pierre-André Weitz eine multipel bespielbare Stahlskulptur bauen ließ. Bühnenarbeiter in Häftlingskleidung halten das Teil ständig in Bewegung, auch durch immer neue Lichtstimmungen entsteht eine Vielzahl von Räumen.
Olivier Pys sehr körperliche Regie vermeidet sämtliche Plattitüden und zeigt auch die körperlichen Annäherungen der beiden Männer entspannt und kitschfrei. Sehr schön ist der Einsatz von halbtransparenten Tüchern, hinter denen sich der Gefängnisalltag abspielt. Am Ende sitzt Claude bei seiner Henkersmahlzeit, einem Stück Brot, während ein sterbender Ballettschwan von einer rasenden Menschenmasse niedergedrückt wird, um dann doch wieder aufzustehen und mühsame Flügelschläge zu wagen.
Die Musik des 1965 geborenen Thierry Escaich ist an dieser Stelle ausnahmsweise einmal ruhig und sanft, ansonsten lässt der vor allem als Organist bekannte Franzose das üppig besetzte Orchester dröhnen und aufschreien. Escaich schrieb eine hektisch flirrende Partitur, die von schnellen, quasi halbsolistischen Klavierläufen und schrillen Orgelinterventionen etwas strukturiert wird. Man hört kunstvoll eingesetzte, 'böse' Flöten, schmutzige Jahrmarktsklänge und einen zweigeteilten Chor.
Die Inhaftierten klagen grob und schwermütig, ein gemischter Damen- und Herrenchor agiert differenzierter und vertritt die Stimme Victor Hugos. Jean-Sébastien Bou singt die Titelpartie kraftvoll und prägnant, Claudes Freund Albin mit einem Countertenor zu besetzen (etwas farblos: Rodrigo Ferreira) wirkt freilich arg klischeehaft. Brillant waren die Chöre sowie das von Jérémie Rhorer geleitete Orchester.
Auch in den anderen Premieren des vom Lyoner Intendanten Serge Dorny klug konzipierten Festivals ging es um äußere und auch innere Gefängnisse. Die katalanische Theatertruppe La Fura dels Baus verknüpfte Luigi Dallapiccolas "Il prigioniero" mit Arnold Schönbergs "Erwartung". In Dallapiccolas 1949 uraufgeführtem Einakter irrt ein Gefangener durch reale und imaginäre Albträume und akzeptiert letztlich den Tod als einzigen Ausweg in die Freiheit. Auf der mit Türen und Doppelgängern gespickten Drehbühne hetzt sich der exzellente Sängerdarsteller Lauri Vasar zu Tode.
Bei Schönbergs "Erwartung" findet eine im Wald umherirrende Frau ihren toten Geliebten, die Regie zeigt das Geschehen mittels Videoprojektionen vielleicht etwas zu plakativ. Chefdirigent Kazushi Ono machte deutlich, wie ähnlich sich die Partituren sind, in beiden Fällen entsteht expressive Klangopulenz durch freie Tonalität.
Zwischen "Claude" und dem doppeltem Einakter gab es noch eine weitere Premiere, dem Programmheft zufolge handelte es sich dabei um "Fidelio". Doch was der amerikanische Videokünstler Gary Hill aus Beethovens Freiheitsoper gemacht hat, atmet buchstäblich Luft von anderen Planeten. Hill verlegt die Handlung in eine ferne Zukunft, in eine ferne Galaxie. Abstrus kostümierte Wesen fahren auf Segways herum, während Sterne, Stacheldrahtspiralen oder nervöse Oktaeder auf Gazewänden flimmern.
Wirklich absurd sind die mal auf Deutsch, mal auf Französisch gesprochenen Texte. Hill holte sich Inspiration bei einer schwedischen Science-Fiction Erzählung, und so reden die Protagonisten gern parallel über dunkle Kerker und stellare Zustände. Vor allem der zweite Akt ist ebenso kosmisch wie unfreiwillig komisch.
Olivier Pys sehr körperliche Regie vermeidet sämtliche Plattitüden und zeigt auch die körperlichen Annäherungen der beiden Männer entspannt und kitschfrei. Sehr schön ist der Einsatz von halbtransparenten Tüchern, hinter denen sich der Gefängnisalltag abspielt. Am Ende sitzt Claude bei seiner Henkersmahlzeit, einem Stück Brot, während ein sterbender Ballettschwan von einer rasenden Menschenmasse niedergedrückt wird, um dann doch wieder aufzustehen und mühsame Flügelschläge zu wagen.
Die Musik des 1965 geborenen Thierry Escaich ist an dieser Stelle ausnahmsweise einmal ruhig und sanft, ansonsten lässt der vor allem als Organist bekannte Franzose das üppig besetzte Orchester dröhnen und aufschreien. Escaich schrieb eine hektisch flirrende Partitur, die von schnellen, quasi halbsolistischen Klavierläufen und schrillen Orgelinterventionen etwas strukturiert wird. Man hört kunstvoll eingesetzte, 'böse' Flöten, schmutzige Jahrmarktsklänge und einen zweigeteilten Chor.
Die Inhaftierten klagen grob und schwermütig, ein gemischter Damen- und Herrenchor agiert differenzierter und vertritt die Stimme Victor Hugos. Jean-Sébastien Bou singt die Titelpartie kraftvoll und prägnant, Claudes Freund Albin mit einem Countertenor zu besetzen (etwas farblos: Rodrigo Ferreira) wirkt freilich arg klischeehaft. Brillant waren die Chöre sowie das von Jérémie Rhorer geleitete Orchester.
Auch in den anderen Premieren des vom Lyoner Intendanten Serge Dorny klug konzipierten Festivals ging es um äußere und auch innere Gefängnisse. Die katalanische Theatertruppe La Fura dels Baus verknüpfte Luigi Dallapiccolas "Il prigioniero" mit Arnold Schönbergs "Erwartung". In Dallapiccolas 1949 uraufgeführtem Einakter irrt ein Gefangener durch reale und imaginäre Albträume und akzeptiert letztlich den Tod als einzigen Ausweg in die Freiheit. Auf der mit Türen und Doppelgängern gespickten Drehbühne hetzt sich der exzellente Sängerdarsteller Lauri Vasar zu Tode.
Bei Schönbergs "Erwartung" findet eine im Wald umherirrende Frau ihren toten Geliebten, die Regie zeigt das Geschehen mittels Videoprojektionen vielleicht etwas zu plakativ. Chefdirigent Kazushi Ono machte deutlich, wie ähnlich sich die Partituren sind, in beiden Fällen entsteht expressive Klangopulenz durch freie Tonalität.
Zwischen "Claude" und dem doppeltem Einakter gab es noch eine weitere Premiere, dem Programmheft zufolge handelte es sich dabei um "Fidelio". Doch was der amerikanische Videokünstler Gary Hill aus Beethovens Freiheitsoper gemacht hat, atmet buchstäblich Luft von anderen Planeten. Hill verlegt die Handlung in eine ferne Zukunft, in eine ferne Galaxie. Abstrus kostümierte Wesen fahren auf Segways herum, während Sterne, Stacheldrahtspiralen oder nervöse Oktaeder auf Gazewänden flimmern.
Wirklich absurd sind die mal auf Deutsch, mal auf Französisch gesprochenen Texte. Hill holte sich Inspiration bei einer schwedischen Science-Fiction Erzählung, und so reden die Protagonisten gern parallel über dunkle Kerker und stellare Zustände. Vor allem der zweite Akt ist ebenso kosmisch wie unfreiwillig komisch.